Die Kritiker

«Die vermisste Frau»

von   |  2 Kommentare

Corinna Harfouch, Jörg Hartmann und Ulrich Matthes: Mit diesem Ensemble ließe sich so Einiges erzählen. «Die vermisste Frau» scheitert aber leider an narrativer Inkonsequenz.

Cast & Crew

Vor der Kamera:
Corinna Harfouch als Karen
Ulrich Matthes als Bruno
Jörg Hartmann als Georg
Lorna Ishema als Mona
Felix Goeser als Arenz
David Bredin als Hotte
David Scheller als Benny

Hinter der Kamera:
Produktion: Letterbox Filmproduktion GmbH
Drehbuch und Regie: Horst Sczerba
Kamera: Hagen Bogdanski
Produzentin: Sabine Timmermann
Karen (Corinna Harfouch) will eigentlich Schluss machen. Der Abschiedsbrief ist geschrieben, der Revolver liegt gut in der Hand. Ihr geht es nicht so prickelnd, und auch finanziell wäre das Ende eine gute Idee: Ihre kürzlich abgeschlossene Lebensversicherung garantiert ihrem Gatten Georg (Jörg Hartmann) eine Million Euro, wenn ihr etwas zustoßen sollte. Gleiches gilt freilich in die andere Richtung.

Aber sie schafft es nicht. Die Hemmschwelle ist zu groß, der Gedanke an das selbstzugefügte Ende zu grässlich. Frierend und durchnässt wird sie schließlich von Bruno (Ulrich Matthes) aufgelesen, der sie in ein Hotel bringt. Bruno ist ein charmanter Mann, charismatisch, nicht unsympathisch, aber gleichzeitig seltsam verschwiegen, sonderbar abwartend, nicht ganz geheuer. Das hat Gründe, wie wir rasch erfahren: Denn Bruno wurde eigentlich vom schwer verschuldeten Georg angeheuert, um Karen gewaltsam aus dem Weg zu schaffen. Die Million Euro würde einige seiner Probleme lösen – und zudem würde Karens Ableben den Weg zur trauten Zweisamkeit mit seiner neuen Flamme Mona (Lorna Ishema) freimachen.

Aber Bruno führt die Tat nicht aus – ob aus Taktiererei oder aus ehrlicher Zuwendung zu Karen, das bleibt zunächst ziemlich ambivalent. Nun hat allerdings auch Karen ein gutes Motiv, um ihren Mann ein für allemal aus dem Genpool zu entfernen. Das heiter bis tödliche Intrigieren kann beginnen.

«Die vermisste Frau» ist sicherlich einer der bizarrsten Filme, den die Degeto in jüngster Vergangenheit produzieren ließ – mitunter deshalb, weil er zwischen allen Genre-Stühlen steht: Die Geschichte ist so überdreht und mitunter klamaukig inszeniert, dass der Weg ins Komödiantische nie weit ist. Gleichzeitig folgt das Drehbuch mit seinen vielen, oft allzu bemühten Wendungen der Struktur eines Thrillers, während die Atmosphäre mit Motiven des Film noir kokettiert – und sich hier am meisten verhebt. Denn wenn Karen mit einer Knarre vor dem Spiegel steht und Robert DeNiros Are you talking to me aus «Taxi Driver» nachspielt oder Regisseur Horst Sczerba die neo-noire Ästhetik von «Pulp Fiction» nachzubauen versucht, wird die Diskrepanz zwischen (wenn auch halb-ironisch gemeintem) Anspruch und Wirklichkeit dieses Films unangenehm deutlich.

Die prominente Besetzung mit drei von Deutschlands talentiertesten Darstellern – Corinna Harfouch, Jörg Hartmann und Ulrich Matthes – verstärkt diesen Eindruck noch. Alle drei sind sie dafür bekannt, mit filigranem Gespür auch die feinsten Zwischentöne ihrer Figuren auszuloten, alle haben sie ein großes Talent für die Darstellung ethisch wie psychologisch ambivalenter Charaktere. «Die vermisste Frau» dagegen wirft ihnen zu plumpe Versatzstücke hin und kann sich nicht zwischen klamaukiger Auflockerung und ernsthafter Thriller-Erzählung entscheiden. Die Figurenführung bleibt oberflächlich, fahrig, intellektuell für dieses Ensemble deutlich unzureichend. Am Schluss bleibt ein ehrenwerter Versuch, einmal aus den narrativen Konventionen auszubrechen – doch die Beliebigkeit des Ergebnisses wie seine narrative Inkonsequenz ließen ihn leider scheitern.

Das Erste zeigt «Die vermisste Frau» am Freitag, den 2. Februar um 20.15 Uhr.

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Es gibt 2 Kommentare zum Artikel
Sentinel2003
31.01.2018 20:59 Uhr 1
Immer mal wieder gibts ab und zu dann also mal keine "fast Schnulzen Filme" von der Degeto....
Burpie
03.02.2018 10:31 Uhr 2
War in der Tat ein merkwürdiger Film. Als wollte man auf Biegen und Brechen innovativ sein, gleichzeitig aber niemanden verschrecken. Für eine schwarze Komödie über Strecken zu ernst, für einen Krimi zu simpel und zu unlogisch und für einen Psychothriller zu unentschlossen. Gerade bei den ersten beiden Szenen zwischen Harfouch und Hartmann stellt sich Unbehagen ein, denn das passte nirgendwo zusammen. Und das Happy End war enttäuschend...
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