Die Kritiker

«Zorn - Kalter Rauch»

von

Deckel drauf? Die Verfilmung des fünften Buchs wird eventuell die Letzte sein. Weiß Claudius Zorn, gespielt von Stephan Luca, in seinem TV-Finale nochmal zu überzeugen?

Cast & Crew

  • Darsteller: Stephan Luca, Axel Ranisch, Alice Dwyer, Katharina Nesytowa, Devid Striesow, Sylvester Groth u.a.
  • Buch: Stephan Ludwig
  • Regie: Andreas Herzog
  • Musik: Chris Bremus
  • Kamera: Ralf Noack
  • Produktion: filmkombinat Nordost Fernsehfilm
Claudius Zorn und sein Kollege Schröder ermitteln in ihrem nunmehr fünften Fall. In diesem geht es um Fische, die vom Himmel fallen, Häfen ohne Schiffe und Psychopathen, die mal mehr und mal weniger harmlos sind. Kurzum: Alles steht Kopf für den griesgrämigen Ermittler Zorn. Außerdem muss er sich mit seinem Privatleben auseinandersetzen, denn er erwartet bald ein Kind mit seiner Ex-Freundin, und um dem ganzen die Krone aufzusetzen, wird auch noch fleißig gemordet.

Der Auftakt des Krimis zementiert den Grundton von «Zorn – Kalter Rauch». Zuerst fällt ein einzelner Fisch in das Bierglas eines Hafenarbeiters, kurz darauf regnet es Fische in Strömen vom Himmel herab. Das ist keineswegs so abwegig wie es zuerst klingt, denn solch ein Tierregen fand unter anderem schon 2007 in Argentinien, 2010 in Ungarn und 2014 in Sri Lanka statt. Doch am nächsten Morgen wird bei den Aufräumarbeiten dieses seltsamen Phänomens etwas viel seltsameres gefunden. Auf der Statue eines Brunnes liegt ein Hüftgelenk. Dass das nicht von alleine dorthin findet ist klar, und so werden Hauptkommissar Claudius Zorn und sein ehemaliger untergeordneter Schröder (Alex Ranisch), der nun sein Chef ist, gerufen. Auf der Suche nach der Frau zu der das Hüftgelenk gehört, stoßen die beiden auf Gregor Zettel (Devid Striesow), einem ehemaligen Popstar, der inzwischen zurückgezogen lebt und „einen an der Waffel hat“ und Adam Völx (Sylvester Groth), einen Killer/Drogenschmuggler, der weitaus weniger liebenswürdig als Zettel ist, aber nicht weniger durchgeknallt. Dann wäre da noch die Sache mit dem eigentlichen zahmen Elefanten, der plötzlich ohne Vorwarnung seinen Zoowärter niedertrampelt, und damit vor allem Schröder ins Staunen versetzt, denn er spürt, dass diese Vorfälle irgendwie zusammenhängen …



Die rätselhaften Gegebenheiten des Krimis sind mehr effekthascherische Signale als tatsächlich tragende Handlungselemente der Geschichte, denn der Fall an sich liegt spannungstechnisch im unteren Bereich der Fernseh-Krimis. Die Ermittlungen führen recht schnell zu einem Erfolg, wenn denn mal ermittelt wird. Denn «Zorn – Kalter Rauch» beschäftigt sich überwiegend mit seinen Charakteren. Diese sind allerdings überaus gut gelungen. Der Anti-Held Zorn leidet zwar, wie sein Name schon verrät, an cholerischen Ausbrüchen, allerdings sind diese weitestgehend verständlich und menschlich.

Denn im fünften Teil der Reihe hat er nun erkannt, dass sich das Leben besser lebt, wenn man kein Arschloch ist. Er versucht, die Beziehung zu seiner Ex-Freundin und baldigen Mutter seines Kindes wieder aufzubauen, scheitert allerdings daran, eine gute Balance zwischen Arbeit und Privatem zu finden. Als ein erneuter Wutausbruch ihm dann eine verwüstete Wohnung und eine Rüge von Staatsanwältin Borck (Alice Dwyer) einbringt, beschließt er, sein Arbeitsleben in den Griff zu bekommen, woraufhin es auch privat wieder besser klappt. Zorn ist dabei weder eine transparente Projektionsfläche des Autoren, mit dem er ein konkretes Problem thematisieren möchte, noch eine völlig verschlossene Granitwand, die den Zuschauer mit ihrer Mystik einfangen soll. Das Gegenstück dazu bietet Kollege Schröder. Alex Ranisch gibt sich aufrichtig unverstellt, menschlich warm und unschuldig. Als polares Gegenteil zu dem coolen und kaputten Zorn wirkt die Rolle doppelt so effektiv und gerade die Beziehung zwischen den beiden bietet einiges. Es wird einem warm ums Herz, wenn Zorn neben Schröder liegt und ihm gesteht, dass er ihn lieb hat.

Wer regelmäßig Produktionen der ARD konsumiert, wird auch «Zorn – Kalter Rauch» schnell als solche erkennen. Die musikalische Untermalung ist stimmig, ohne dabei aufdringlich zu wirken. Die Kameraarbeit bewegt sich in der gewohnten Spitzenklasse. Ohne große Tricks und Effekte wird hier durch simple Einstellungen, gut getimte Schnitte und den ein oder anderen Zoom ein visuelles Bild geschaffen, das durchgehend ästhetisch ist. Auch die Drehorte und Kostüme sind gewohnt aufwendig und treffend.

Als Fortführung der Zorn-Reihe ist «Kalter Rauch» ein gelungener Film, der nach vier Vorgängern so langsam in Sachen Spannung die Bremse betätigt, um sich anzuschauen, was in den zentralen Figuren vorgeht. Das macht das Ganze zu einem echten Schmankerl für Fans der Reihe, bietet dem Rest der Zuschauer allerdings nur einen lauwarmen Krimi. Dessen Charaktere bemühen sich zwar, Bindung zum Zuschauer herzustellen, allerdings gelingt das nicht vollauf. Es fehlt einfach zu viel an Vorgeschichte, sodass der Zuschauer, der gerade erst eingeschaltet hat, sich nicht wirklich dafür begeistern kann, dass Zorn wieder mit seiner Ex zusammen kommt. Sie ist überwiegend kalt zu Zorn und es wird nicht wirklich ersichtlich warum genau er eine Beziehung mit ihr anstrebt, wenn man das baldige gemeinsame Kind mal außen vorlässt.

«Zorn – Kalter Rauch» ist der fünfte Teil der Reihe und basiert, wie auch die Vorgänger, auf der Romanvorlage von Stephan Ludwig. Es wird spekuliert gab bekannt, dass der sechste und letzte Teil «Wie du mir» aufgrund von unbefriedigenden Quoten nicht verfilmt werden wird - bisher hat der MDR zumindest nicht dementiert. Der ARD Degeto und filmkombinat Nordost Fernsehfilm erscheint am Donnerstag, den 1. Juni.2017, im Ersten - um 20.15 Uhr.


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