Vor Ort

«Die Höhle der Löwen»: Wo Investoren Spaß haben und Cutter durch die Hölle gehen

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Quotenmeter.de war vor Ort in der «Höhle der Löwen» und mutmaßt: Cutter bei der Gründershow zu sein, dürfte zu den härtesten Jobs der Branche zählen.

Löwen, nahezu ohne Dompteur

Wie Quotenmeter.de am Set erfahren hat, halten sich die Redaktion und Regie beim Dreh weitestgehend zurück. Zu den wichtigsten Aufgaben gehört es aber, die neugierigen Löwen davon abzuhalten, einen Blick auf den Drehplan zu erhaschen und so früher als geplant herauszufinden, welche Produkte vorgestellt werden. Außerdem wurden die Löwen vor der ersten Staffel gebeten, während des Pitchs Leerlauf (bzw. peinliche Stille) zu vermeiden, da dies die Gründer verunsichern und so unangenehm berühren könnte. An diese Anweisung halten sich die redseligen und engagierten, hilfsbereiten Löwen aber sehr gerne.
Das Set einer gelungenen Fernsehsendung zu besuchen, kann verschiedene Auswirkungen haben. Solch eine Stippvisite kann Illusionen zerstören. Da entpuppt sich schon Mal die charismatische Komödiennebendarstellerin als Zicke, die das Team ohne Unterlass mit Sonderwünschen belästigt. Oftmals ist so ein Besuch auch einfach nur langweilig. Doch dann gibt es auch solche Fälle, in denen der Setbesuch hochspannend ist und interessante, neue Perspektiven ermöglicht. Ein Tag hinter (und in) den Kulissen von «Die Höhle der Löwen» gehört erfreulicherweise in die letztgenannte Kategorie.

Probe aufs Exempel: Wer sind wohl die bemitleidenswertesten Menschen auf dem Studiogelände der Gründershow? Sind es die Löwen, die mindestens acht Stunden lang hoch konzentriert den durchschnittlich sieben Pitches lauschen müssen, die an einem normalen Drehtag stattfinden? Immerhin haushalten die Löwen mit ihrem eigenen Geld und werden live im Studio erstmals mit den zahlreichen, teils verschachtelten und komplexen, Informationen rund um das vorgestellte Business konfrontiert. Das kann in Stress ausarten.

Oder sind es die Gründer, die hier eine der größten Möglichkeiten in ihrem Geschäftsleben geboten bekommen – und dabei nicht nur einem, sondern gleich fünf erfahrenen Investoren zum Fraß vorgeworfen werden? Dies auch noch im Beisein mehrerer Fernsehkameras, was für die meisten Geschäftsgründer noch immer eine ungewohnte Situation ist. „Die Redaktion gibt den Gründern Ratschläge, welche Requisiten sie im Studio aufbauen können, um ihre Produkte authentisch und gut in Szene zu setzen“, so Malte Bastian von der Produktionsfirma Sony Pictures Television. „Zwei Unternehmensberater machen außerdem zuvor einige wenige Trockenübungen mit den Gründern, denn wir sind nicht hier, um sie ins kalte Wasser zu schubsen und bloßzustellen.“ Diese Trockenübungen bestehen laut Bastian daraus, die Gründer daran zu erinnern, worum es in der Sendung geht und welche Fakten die Löwen eventuell abfragen könnten. Kameratraining, geschweige denn einen Probelauf im Studio, gibt es aber nicht. Das stützt die Authentizität der Sendung und ist dem Zuschauer gegenüber fair, ohne den Gründern gegenüber all zu gemein zu sein. Dennoch: Mitleid kann man mit den Jungunternehmern deswegen durchaus haben.

Und trotzdem sind sie nicht die bemitleidenswertesten Personen auf dem im hintersten Eck von Köln-Ossendorf versteckten Gelände. Die «Höhle der Löwen» dürfte wohl die «Hölle für Cutter» sein. Denn während im Fernsehen bis zu sieben Ideen innerhalb einer Bruttolaufzeit von zwei Stunden gepitcht werden, wurden während des Quotenmeter.de-Setbesuchs innerhalb von rund fünf Stunden drei Geschäftskonzepte vorgestellt. Nun wäre das nicht weiter schlimm, hätten die Gespräche zwischen den Gründern und den Löwen in voller Länge keinerlei Unterhaltungswert. Zum Glück für jeden, der bei einem «Höhle der Löwen»-Dreh dabei sein darf, ist dem aber nicht so: Sony und VOX haben mit ihren Löwen ein wirklich gutes Händchen bewiesen und fünf sich ergänzende, unterschiedliche Charakterköpfe ausgesucht, die mit Engagement und Persönlichkeit bei der Sache sind. Sie ermuntern die Gründer, ihr Geschäft in sämtlichen Facetten darzustellen, bringen dann mit knallharten Nachfragen Ernst in die Angelegenheit, sorgen zugleich aber mit kollegialen Scherzen untereinander für eine sehr lockere, optimistische Atmosphäre.

Klingt, als hätten wir dieses Lob aus einem VOX-Pressestatement entliehen? Es entspricht aber der Wahrheit: Ein den Drehtag eröffnender, rund 90-minütiger Pitch für den App-basierten Vesper- und Elektroroller-Verleih 'scoo.me' ist packender als die meisten öffentlich-rechtlichen Samstagabendkrimis. Und dank des Geplänkels zwischen den Löwen ist die Businessunterhaltung zugleich spaßiger als die meisten Samstagabendshows, die derzeit die Fernsehlandschaft bevölkern. Wenn etwa Lencke Steiner ihre Kollegen damit überrascht, dass sie in ihrer Zweirad-Affinität sogar Jochen Schweizer Konkurrenz macht, entlockt das den anderen Löwen so manchen freundlich-neckischen Kommentar, was die Familienunternehmerin aber in ihrer losgelösten Wortwahl nur weiter anstachelt – und in der Journalistenlounge kommt man daher aus dem Lachen kaum heraus. So zieht es sich durch den ganzen Drehtag: In der einen Minute rutschen die stillen Betrachter an die Kante des Sofas. Sei es, weil sich eine Einigung ankündigt oder eine gepfefferte Kritik an den Lücken im präsentierten Geschäftsmodell. Und in der nächsten Minute entlädt sich alles in großen Lachern – oft schallt es sogar aus der nahe gelegenen Regie, mitunter begleitet von Szenenapplaus. So eine (nie gekünstelt oder arrogant wirkende) Begeisterung für das eigene Produkt ist selten in der TV-Landschaft, und noch seltener trifft man sie an einem Set an, an dem das Team bereits vor der Mittagspause dem anvisierten Drehplan zwei Stunden hinterherhinkt. Das ist beneidenswert – und dürfte die Cutter vor brutale Hürden stellen. Schneiden wir nun einen der Glanzmomente der Gründer heraus, oder die spannende Wende in der Mitte des Pitchs, oder lieber einige der Löwenspäße ..?

Während andere aufgezeichnete Sendungen viel durch den Schnitt von Regieanweisungen einsparen können, gibt es beim VOX-Format kaum Eingriffe von außen. Innerhalb der rund fünf Stunden, die Quotenmeter.de in der «Höhle der Löwen» zu Gast war, gab es exakt zwei Augenblicke, in denen die Regie einschreitet. Einmal, als Frank Thelen versucht, die 'scoo.me'-App zu testen und zunächst ohne Empfang durchs Studio irrt. Sobald der Unternehmer erst einmal Netz hat, steht er mit dem Rücken zur Kamera, so dass die TV-Zuschauer nicht sehen könnten, was er gerade auf seinem Smartphone erblickt. Dass da die Regie Thelen kurz an einen besseren Standpunkt dirigiert, ist ebenso legitim, wie die einzige andere Regieanweisung, die an diesem Tag durch die «Höhle der Löwen» hallte: Vural Öger möchte den Erfindern eines Business-Unterhemds etwas vorführen und reißt sich dabei nicht bloß sein Sakko, sondern prompt auch sein Mikro vom Leib. Weil Öger aber gerade Dinge von Relevanz sagt, muss kurz sein Mikro gerichtet werden, eh er nochmal von vorne anfangen darf. Kleine Panne, die sofort geklärt wird und den Löwen nicht im Geringsten aus seiner Ruhe bringt: „Naja, sowas passiert.“

Einen Faktor gibt es aber, den der Sender und die Produktionsfirma zumindest im Vornherein beeinflussen konnten: Die Löwen-Konstellation. Und da die Chemie zwischen den Investoren so stimmig ist und «Die Höhle der Löwen» unter den «Dragon's Den»-Ablegern zu den freundlichsten Varianten gehört, haben wir mehrere Redaktionsmitglieder gefragt: War es das Ziel, Deutschland solch eine Fassung des Gründershowkonzepts zu spendieren? All unsere Gesprächspartner beantworten unsere Frage mit einem Nein: Für Staffel eins hatte man sich bei der Suche nach Löwen allein darauf konzentriert, fünf verschiedene Geschäftsbereiche abzudecken. Dass die Löwen so eine freundschaftlich-kollegiale, dennoch sehr professionelle Dynamik entwickelten, sei ebenso wie der in der Presse gelobte konstruktive Tonfall der Show ein Glücksfall gewesen, den man selbst in Staffel zwei noch nicht ganz fassen kann.

Es ist ein Glücksfall, der voraussichtlich noch eine lange Zukunft hat. Müdigkeit ist nämlich selbst an Tag sechs der zweiten Staffel ein Fremdwort in der «Höhle der Löwen». Die Löwen, die nach jedem Pitch den Gründern noch jede Menge Feedback und Ideen auf den Weg geben, sprechen sich Quotenmeter.de gegenüber unisono sogar sehr erfreut über die Entwicklung des Formats aus. Reisemagnat Vural Öger etwa lobt: „Ich finde diese Staffel noch besser als die erste. Wir bekommen bessere Produkte zu sehen, lernen bessere Gründer kennen, und somit macht auch der Dreh noch mehr Spaß.“ Und wenn Öger, der auch in Persona den Eindruck eines sehr strengen, aber gerechten Chefs erweckt, so überzeugend von Spaß spricht, wer wären wir, das anzuzweifeln?

«Die Höhle der Löwen» ist derzeit immer dienstags ab 20.15 Uhr bei VOX zu sehen.

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