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Butter bei die Fische: Was sind «Durch dick und dünn» und Co. eigentlich für Formate?

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Sind die Sendungen, die übergewichtige Kinder bei ihrer Diät dokumentieren, simpler Trash oder bietet sie einen echten Mehrwert?

Abnehmshows gehören mittlerweile, wie Casting-, Koch- und Datingshows, fest zum Inventar des deutschen Fernsehens. Wie bei den meisten erfolgreichen Projekten kommt es nach einiger Zeit zu Spin-offs. Diese Ableger dienen dazu, mit anderen Protagonisten unterschiedliche Gruppen anzusprechen. So zum Beispiel bei den allgegenwärtigen Castingshows, die eine ist auf der Suche nach der besten Stimme, die nächste legt den Fokus auf die Fotogenität und die Fähigkeit zu modeln und wieder eine andere sucht den besten Koch.

Je nach Zielgruppe des Formats wirken die Shows mehr oder minder trashig auf die Zuschauer. Doch auf jede negative Stimme zu einer Sendung kommt in der Regel auch eine positive. So wird seit Jahren über die Qualität eines Formats wie «Bauer sucht Frau» und die damit verbundene Darstellung der Betroffenen diskutiert. Wo die Einen von niveaulosen Formaten reden, sehen andere Beziehungen, die entstehen und sich vertiefen. So gab es inzwischen mehrere Hochzeiten und sogar Kinder gingen aus der Sendung hervor.

Ein weiteres dieser viel und heiß diskutierten Formate sind die sogenannten Abnehmshows. Kritik gibt es in Bezug auf Sendungen wie «The Biggest Loser» zuhauf. Zumeist schlägt diese in die Kerbe des „Bloßstellens“, doch dass Dutzenden Menschen in der Sendung zu einem vielleicht besseren, aber auf jeden Fall gesünderen, Leben verholfen wurde, fällt dabei meist unter den Tisch. Nach der Ankündigung des Senders RTL II, mit «Durch Dick und Dünn» eine Abnehmshow für Kinder ins Programm zu hieven, bekam die schon vorhandene Kritik neue Nahrung. Rasch entbrannten Diskussionen auf zahlreichen Plattformen im Internet, ob der Grünwalder Sender damit eine Grenze überschreite. Aus Sicht der Kritiker stehen viele Formate des Senders für alles Schlechte und Böse im deutschen Fernsehen.

Eine faire Chance, ein gutes Format abzuliefern, räumen die Meisten RTL II nicht ein. Doch anstatt sich eine Ausgabe wirklich einmal anzusehen und objektiv zu bewerten, wird «Durch dick und dünn – Mein Kind schafft das» bereits vorab als Trash deklariert. Dennoch lockte die erste Folge rund 820.000 Zuschauer vor die Geräte, rund eine halbe Millionen entstammten dabei der Altersgruppe zwischen 14 und 49 Jahren. Der betreffende Marktanteil erreichte am 15. Oktober solide 6,4 Prozent.

Allerdings zeigt sich schnell, dass RTL II die geäußerten Anschuldigungen entkräften kann. Natürlich werden Kinder in ihrem natürlichen Alltag gezeigt. Dazu gehört nun mal auch, Süßigkeiten zu essen und auf der Couch fern zu sehen. Den betroffenen Familien ist vollkommen klar, dass ihr Kind unter Gewichtsproblemen leidet, zum Teil auch unter sehr starken. Die Familien stehen offen und ehrlich zu ihren Problemen. Die Eltern geben zu, dass sie die Kontrolle verloren haben, häufig auch über die eigene Ernährung und die ihres Kindes. Sie schaffen es nicht immer ihr Kind zum Sport zu animieren oder kalorienarme und gesunde Kost vorzusetzen.

Etwas das auch von den Quotenmeter-Lesern erkannt wurde. So äußerte sich Julian B. via E-Mail: „Ich war überrascht von der Sendung. Meine Erwartungen gingen in eine andere Richtung. Ja, ich gebe zu, ein wenig Voyeurismus hat mich zum Einschalten gebracht. Irgendwie war ich enttäuscht, wie das Format ablief, da ich mir mehr Trash erwartet habe. Aber bei genauerer Betrachtung muss ich allerdings zugeben, dass die Sendung gut gemacht ist und den übergewichtigen Kindern vielleicht sogar hilft.“

Hier greift auch «Durch dick und dünn» ein. Die Sendung holt die Familien ab und lässt sie nicht mit ihren Problemen alleine. Die Betreuer sorgen für die nötige Unterstützung, sowohl für die Kinder als auch für die Familien. So treiben die Kinder unter Anleitung Sport, um so zusätzliche Kalorien zu verbrennen. Außerdem ernähren sie sich besser und lernen gleichzeitig einiges über eine ausgewogene Ernährung.

Auf Nachfrage zum Hintergrund des Formats gab ein Sendersprecher von RTL II an: „Übergewichtige Kinder und Jugendliche gab es immer – jedoch nicht in dem Ausmaß, in dem das heute der Fall ist: Jeder fünfte Jugendliche in Deutschland ist übergewichtig, die Anzahl der adipösen Kinder hat sich in den letzten 20 Jahren verdoppelt. Deshalb nehmen wir uns diesem Thema an, um aufzuklären, wie wichtig gesunde und ausgewogene Ernährung ist, welch große Rolle Bewegung spielt und wie wesentlich dabei eine Familie ist, die an einem Strang zieht und die betroffenen Kinder mit vollen Kräften unterstützt.“

Zur Gestaltung der Sendung ergänzte der Sendersprecher: „«Durch dick und dünn! – Mein Kind schafft das!» ist keine klassische Abnehmshow; es geht nicht um einen Wettbewerb, wer in kürzester Zeit möglichst viele Pfunde verliert. Vielmehr möchten wir mit dem Format professionelle und nachhaltige Langzeithilfe leisten und die betroffenen Kinder auf ihrem Weg in ein gesünderes und selbstbewussteres Leben unterstützen. Dabei lernen sie nicht nur wichtige Grundlagen der Ernährung kennen, kochen gemeinsam und treiben zusammen Sport, sondern werden auch während der gesamten Kur psychologisch betreut, da sie in vielen Fällen aufgrund ihres Gewichts mit Mobbing und Ausgrenzung zu kämpfen hatten.“

Sarah M. schrieb via Facebook: „Man merkt, dass die meisten Eltern ihren Kindern viel zu viel haben durchgehen lassen. Das Gewicht der Kinder hat nichts mehr mit Bequemlichkeit oder Faulheit zu tun. In einigen Jahren wären die meisten von ihnen wohl Pflegefälle. Die Arbeit mit Kindern ist meistens schwierig, da man sie ausreichend motivieren muss und gleichzeitig nicht zu streng sein darf. «Durch dick und dünn» bietet den Kindern glücklicherweise das nötige Umfeld. Die Kinder sind unter sich und werden nicht auf den Spielplätzen oder in den Schwimmbädern ausgegrenzt oder angestarrt, sondern motivieren sich gegenseitig in Zukunft ein besseres Leben zu führen.“

Nutzer Maximilian W. bezeichnet das Projekt hingegen als: „Ganz nett, der große Mehrwert ist allerdings nicht gegeben. Die Uhrzeit ist um ehrlich zu sein alles andere als ein Glücksgriff, der Pseudomehrwert den auch der Platzhirsch dieser Formate, «The Biggest Loser», verspricht, kann auch «Durch dick und dünn» nicht erfüllen. Eine Sendung mit diesem Thema sollte vielleicht eher von einem größeren Sender wie dem ZDF produziert und zu einer besseren Zeit ausgestrahlt werden. Die betroffenen Kinder sollten ja eigentlich um diese Uhrzeit schlafen.“

Die Sendung bietet also deutlich mehr als ursprünglich befürchtet. Wie sich das Format innerhalb der ersten Staffel entwickelt und ob den Kindern nachhaltig geholfen wird, wird sich zeigen. Dennoch ist «Durch dick und dünn – Mein Kind schafft das!» eine ernsthafte Sendung, von der die Zuschauer sicherlich noch einiges lernen können. Final gibt die Sendung den Zuschauern möglicherweise auch die nötige Motivation etwas im eigenen Leben oder dem der Kinder zu verbessern. So sehr die Sendung vorab gespalten hat, so positiv war das Echo nach der Premiere.

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