Die Kritiker

«Nordlicht» (1x01)

von

Story


Das Skelett einer jungen Frau wird auf einer Waldlichtung nördlich von Kopenhagen gefunden. Für die ehrgeizige und selbstbewusste Katrine Ries Jensen ist es der erste eigene Fall. Mit 27 Jahren wurde sie gerade zur stellvertretenden Leiterin der Mordkommission ernannt. Kaum ist sie am Tatort, da durchsucht ihr Kollege Molbeck auf eigene Faust einen in der Nähe stehenden heruntergekommenen Wohnwagen, aus dem ihm ein bewaffneter Mann entgegen springt. Katrine reagiert und zückt ebenfalls ihre Waffe, die sie, um ihren Kollegen zu schützen, auch benutzen muss. Der im Wohnwagen untergeschlüpfte und gerade aus dem Gefängnis entlassene Drogendealer wird dabei nur leicht verletzt, aber Katrine wird der Fall von ihrem Chef Magnus Bisgaard sogleich wieder entzogen.

Das will sich Katrine nicht einfach gefallen lassen und recherchiert neben der Arbeit weiter. Dabei stößt sie im Archiv auf einen Artikel des Kriminalpsychologen Thomas Schaeffer. Sie besucht ihn an der Universität und bittet ihn um Hilfe.

Bald werden weitere Leichen gefunden, und Katrine und Thomas machen sich gemeinsam auf die Jagd nach dem Serienkiller. Sie müssen unkonventionelle Methoden anwenden, und es gelingt Katrine, Thomas zu überreden, wieder für die Polizei zu arbeiten. Nach einer Fehleinschätzung in seiner Polizei-Vergangenheit wollte er das eigentlich nie wieder tun. Die größte Herausforderung ist es, hinter dem Killer die persönliche Logik eines gestörten Menschen zu erkennen und ihn so zu überführen. Dabei gerät Katrine selbst in den Fokus des Killers und wird von ihm als nächstes Opfer ausgewählt.

Darsteller
Laura Bach («Der Adler – Die Spur des Verbrechens») ist Katrine Ries Jensen
Jacob Cedergren («Kommissarin Lund – Das Verbrechen») ist Thomas Schaeffer
Lars Mikkelsen («Kommissarin Lund – Das Verbrechen») ist Magnus Bisgaard
Carsten Bjørnlund («Kommissarin Lund – Das Verbrechen») ist Adam Krogh
Lærke Winther («Tage des Zorns») ist Mia Vogelsang
Frederik Meldal Nørgaard ist Stig Molbeck
Iben Dorner («Protectors – Auf Leben und Tod») ist Benedicte Schaeffer

Kritik
Dramaturgisch gesehen kann es durchaus sinnvoll sein, dem Zuschauer die Identität des von der Polizei gesuchten Täters recht früh preiszugeben – vor allem, wenn der Stoff für einen „normalen“ Krimi nicht tragfähig genug wäre. Doch das Potential, das sich dann zur genaueren Beleuchtung der psychischen Dispositionen des Mörders bietet, muss auch genutzt werden. Was in der ersten Folge von «Nordlicht» leider nicht geschieht.

Schuld daran ist das Drehbuch von Rikke de Fine Licht, Stefan Jaworski und Siv Rajerdram Eliassen, das jene Figur viel zu klischeehaft anlegt und sich trotz aller ersichtlichen Bemühungen letztlich leider nicht ausreichend tiefgründig mit ihr auseinandersetzt. So bleiben auch nach der Resolution noch viele Fragen offen, unter Anderem auch die nach der genauen Motivation des Täters, da man sich dagegen entschieden hat, die Ursachen seines Wahns zu erklären, geschweige denn überhaupt auf nennenswerte Weise anzusprechen. So ließen sich die Autoren leider die Möglichkeit entgehen, auf recht simple Weise den Tiefengehalt ihrer Figur auszubauen.

Leider ist das Drehbuch auch nicht frei von diversen Plot-Holes, und die Hauptfigur Katrine, bei der es sich immerhin um die stellvertretende Leiterin der Mordkommission handelt, verhält sich häufig unglaublich doof. So passiert es ihr schon einmal, dass sie allein in Begleitung ihres Profiler-Kollegen die Bude betritt, in der der Massenmörder seelenruhig seine Opfer umbringt, ohne ihrem Team für den Fall der Fälle Bescheid zu geben, wo sie denn gerade ist. Immerhin ist sie sowieso gerade via Handy mit der Zentrale verbunden. Man muss kein Hellseher sein, um bereits hier ahnen zu können, dass sie jeden Moment selbst in die Fänge des Durchgedrehten geraten wird. Et voilà.

Doch unsere Katrine macht noch viel mehr. Wenn sie nicht gerade damit beschäftigt ist, sich in Lebensgefahr zu begeben, geht sie auch gerne nachts im Wald spazieren. Allein. Mit einer Taschenlampe und einem iPhone bewaffnet. Was sie da macht? Massengräber suchen natürlich. Und warum? Weil ihr gerade der Fall entzogen wurde, nachdem sie einem Junkie in den Oberarm geschossen hatte (der aber immerhin mit einer Waffe ihren Kollegen bedroht hat), und nun fürs Erste auf eigene Faust ermitteln muss. Doch den Fall kriegt sie schnell wieder. Denn schon nach kurzer Zeit ist die Sache disziplinarisch vom Tisch. So schnell geht das in der dänischen Krimi-Dramaturgie.

Auffallend ist ferner, dass man sich ausschließlich sehr plumper Methoden bedient, um die Backstory der Hauptfigur zu beleuchten, oder den Zuschauer auf die richtige Fährte zu lenken. Ein schneller Close-Up auf die Narben an Katrines Oberarm soll genügen, um den Stoff mit ein wenig Emotionalität zu unterfüttern. Ein pathetischer, ahnungsvoller Score unter das Gesicht von Adam Krogh (selbstverständlich in einer Nahaufnahme) und schon weiß man, dass er der gesuchte Mörder ist. Ein wenig aufgelockert wird das Ganze dann noch mit Kindern. «Nordlicht: Mörder ohne Reue» lässt seine Zuschauer ungern in einer Ambivalenz.

Der Fall mag daher noch so interessant sein und das Schauspielerensemble noch so kompetent – letztlich fehlt es hier an einer ausreichend tiefgründigen Figurenführung und an Glaubwürdigkeit. Das lässt den Auftakt der sechsteiligen Krimi-Reihe aus dem verschneiten Skandinavien leider recht misslungen aussehen.

ZDFneo zeigt die dänische Serie ab Freitag, 14. Oktober 2011, um 23.20 Uhr. Wiederholt werden die Episoden sonntags um 22.00 Uhr im ZDF.

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