Die Kritiker

«Racheengel – Ein eiskalter Plan»

von
Julian Miller sah einen Thriller, der so einige Schwächen vorzuweisen hat.

Story


Zu Beginn des Wochenendes, das Kriminalkommissarin Tina Camphausen im Kreise ihrer Familie verbringen wollte, wird sie in ein Hotel in Travemünde gerufen. Der Hotelgast Brederstein wurde tot in der Badewanne gefunden. Zunächst deutet alles auf Selbstmord hin. Dass Tina Camphausen den Toten kennt, verschweigt sie ihren Kollegen zunächst. Tina wird von ihrer Vergangenheit eingeholt, als ihre Schwester, Jenny Hansen, zu der sie seit Kindertagen keinen Kontakt mehr hatte, vor ihrer Tür steht.

Die Hinweise verdichten sich. Hat Jenny etwas mit dem Tod des Hotelgastes zu tun? Tina gerät in den größten Gewissenskonflikt ihres Lebens: Deckt sie ihre Schwester und kann endlich etwas von der Schuld abtragen, die sie seit Kindertagen auf ihren Schultern spürt? Oder trägt sie mit ihren Ermittlungen zur Festnahme ihrer Schwester bei? Tina verstrickt sich immer mehr in Ungereimtheiten. Währenddessen spielt sich Jenny in die Herzen der kleinen Tochter und des Ehemannes ihrer Schwester - und in das des jungen Kommissars Chris. Tina fühlt sich immer mehr als Fremde in ihrem eigenen Leben. Es droht ihr alles zu entgleiten, was ihr lieb und teuer ist.

Darsteller
Gesine Cukrowski («Das Wunder von Berlin») ist Tina Campenhausen
Katharina Wackernagel («Bloch») ist Jenny Hansen
Matthias Koeberlin («Das Jesus Video») ist Chris Pensin
Götz Schubert («KDD - Kriminaldauerdienst») ist Gero Campenhausen
Johanna Gastdorf («Die Welle») ist Frau von Brederstein
Michael Mendl («Der Untergang») ist Steffen Ahrends
Alexander Hörbe («Drei») ist Theo Wirth

Kritik
Der neue ZDF-Fernsehfilm der Woche bietet ohne Frage außergewöhnliche Charaktere und spannende Themen. Höchst problematisch ist es jedoch, dass man diese auf Teufel-Komm-Raus in das Korsett eines Thrillers gezwängt hat, das ihnen überhaupt nicht passen mag. So ist die Exposition von «Racheengel – Ein eiskalter Plan» unheimlich lang geraten und erst in der zweiundvierzigsten Minute setzt etwas ein, was man Plot nennen könnte. Zuvor sind zwar bereits reichliche Konflikte vorhanden, jedoch nur in einem durchwegs latenten Zustand, ohne sich in Dialogen oder Handlungen zu manifestieren. Der Dramaturgie hätte es sehr gut getan, wenn man Jenny Hansen früher eindeutig als die Mörderin Schneiders entlarvt hätte, da dieser Spannungsbogen ohnehin recht schnell kollabiert.

Die Themen Rache, Betrug und Kindesmissbrauch werden stets differenziert behandelt, hätten jedoch um einiges prägnanter in Szene gesetzt werden können, wenn man davon abgelassen hätte, sich zu sehr auf die Ermittlungsarbeiten von Tina Campenhausen und ihrem Kollegen Chris Pensin zu versteifen. Das kostet unnötig Zeit und da die Sachlage um den Mord für den Zuschauer recht schnell klar ist, ist es nicht sonderlich clever, hierauf über weite Teile das Augenmerk des Drehbuchs zu legen.

Noch problematischer für die Dramaturgie sind jedoch die Folgen, die sich daraus ergeben. Durch die intelligent konstruierten Charaktere, insbesondere die Figur der Jenny Hansen, entgeht man den meisten Glaubwürdigkeitsmängeln zwar weitgehend; doch wenn sie dann eben doch auftreten, reißt dies einen nur umso mehr aus der Atmosphäre. So ist es etwa vollkommen unrealistisch, dass Tina Campenhausen ihre Verbindung zu dem Mordopfer so lange vor ihren Kollegen geheim halten kann. Und am Schluss des Films kommt es leider zu sehr schweren generellen Defiziten in Punkto Glaubwürdigkeit und Authentizität. Denn die letzten Szenen sind viel zu effekthascherisch, zu schnell und zu billig angelegt. Das beeinträchtigt den ansonsten recht positiven Eindruck des Films leider erheblich.

Bis auf den Schlusspunkt des Films versteht es Katharina Wackernagel stets, ihre komplexe Figur nachvollziehbar und einfühlsam zu inszenieren. Ihr gelingt es hervorragend, diesem ambivalenten Charakter Sympathien abzugewinnen und diese subtil zu unterstreichen. Gesine Cukrowskis Figur stellt dagegen nicht ganz so hohe Ansprüche an ihre Darstellerin, da sie deutlich einseitiger ist. Doch auch Cukrowski gelingt es durchwegs, ihre Rolle lebendig zu machen. «Racheengel – Ein eiskalter Plan» von Regisseur Tim Trageser (Drehbuch von Kathrin Richter und Jürgen Schlagenhof) ist ein spannender Film mit einer interessanten Thematik und hervorragenden Schauspielern, jedoch einigen schweren Mängeln in der dramaturgischen Ausführung.

Das ZDF strahlt «Racheengel – Ein eiskalter Plan» am Montag, den 27. Dezember 2010, um 20.15 Uhr aus.

Kurz-URL: qmde.de/46632
Teile ich auf...
Kontakt
vorheriger ArtikelMärchenfilme in der ARD kommen gut annächster ArtikelForenecho: «Entweder Broder» - zu provokant?

Optionen

Drucken Merken Leserbrief



Heute für Sie im Dienst: Fabian Riedner Veit-Luca Roth

E-Mail:

Quotenletter   Mo-Fr, 10 Uhr

Abendausgabe   Mo-Fr, 16 Uhr

Datenschutz-Info

Letzte Meldungen

Werbung

Mehr aus diesem Ressort


Jobs » Vollzeit, Teilzeit, Praktika


Surftipp


Surftipps


Werbung