Statistisch gesehen

Passivsport und der Schumi-Effekt

von
Michael Schumacher ist in die Formel 1 zurückgekehrt. Wie äußert sich das in RTLs Quoten?

Statistisch gesehen treiben 44 Prozent der deutschen Bevölkerung keinen Sport und haben auch nicht vor, damit anzufangen. Fehlen die Vorbilder, die man beim Passivsport kennen lernt? Auf der Couch. Vor dem Fernseher.

Was ist eigentlich mit den großen Helden des deutschen Sports passiert? Oder vielmehr: Ist diese Gattung mit dem Abtritt der letzten Generation endgültig ausgestorben? Für das Fernsehen, das von Personenkult wie von nichts anderem profitiert, wäre das alles andere als erfreulich. Es ist noch gar nicht so lange her, als Boris Becker, Henry Maske und Michael Schumacher abermillionen Deutsche vor den Fernseher lockten. Selbst ich habe damals den Abschiedskampf von Henry Maske gesehen und mitgefiebert, obwohl ich dem Boxsport nun wirklich überhaupt nichts abgewinnen kann.

Dann traten die deutschen Idole ab, Boxen wurde zur Spartenveranstaltung, ein Versuch von ProSieben, den Sport mit frischen Gesichtern wieder zum Fernsehereignis zu machen, war nicht von Erfolg gekrönt, Sat.1 wird es demnächst wohl ähnlich ergehen. Tennis verschwand aus dem öffentlichen Bewusstsein. Große Gesichter und Namen fehlen seither einfach. Hin und wieder wie bei Olympia 2008 treten neue Stars wie Florian Hambüchen oder Matthias Steiner ins Rampenlicht, aber die sind keine Zuschauermagneten. Und ihre Sportarten nicht massentauglich. Umso größer dürfte das Freudestrahlen bei RTL gewesen sein, als in der Winterpause der Formel 1 die Nachricht kam: Michael Schumacher kehrt in den Rennzirkus zurück.

Das Auftaktrennen der neuen Formel-1-Saison am Sonntag in Bahrain bannte 10,51 Millionen Deutsche vor den Fernseher, teilweise waren bis über 11,5 Millionen dabei; jeder zweite Fernsehzuschauer sah RTL. Schumi ist zurück - auch wenn sich das noch nicht so richtig in Punkten für die WM niederschlug - und mit ihm der Erfolg, der RTL weiter auf seinem scheinbar unaufhaltsamen Weg an die Spitze antreiben wird.

Interessante Frage: Wie schlägt sich das Comeback von Schumacher wirklich in den Quoten nieder? Im Tagesschnitt? In der Monatswertung? In der Konstrukteurswertung? Für letzteres müssen wir wohl die Saison abwarten, ersetzen wir das lieber mal durch den RTL-Jahresschnitt. Verändert der sich nun auch? Den "Schumi-Effekt" zu identifizieren ist nicht so ganz einfach, denn ausgerechnet die drei vergangenen Saisons, die sich Michael Schumacher im Formel-1-Ruhestand befand, starteten in Australien und mitten in der Nacht. Daher eignen sich die Bahrain-Rennen der vergangenen Saisons besser zum Vergleich. Und bei denen lag der Schnitt bei 6,05 Millionen, viereinhalb Millionen unter dem jüngsten Wochenende!



Eine Million wird abgezogen für den "Schumi-Comeback-Hype" (dann passt es auch zu Bahrain 2006) und dann noch eine halbe wegen des Saisonauftakts, gehen wir also von einem "Schumi-Effekt" von drei Millionen aus, was am Samstag satte 14,1 Prozentpunkte ausmachte. Ein achtzigminütiges Rennen geht mit etwa sechs Prozent in den Tagesdurchschnitt ein, das macht also ein Plus von 0,85 Prozentpunkten am selben Tag. Im Monat, ausgehend von zwei übetragenen Rennen, bedeutet das ein Plus von 0,06 Prozentpunkten. Im Jahresschnitt bewirkt Schumi mit 19 Rennen entsprechend einen Quotenanstieg von 0,04 Prozentpunkten.

Klingt nicht viel, ist aber immerhin die Hälfte eines Zehntel Quotenpunktes und die spielen im Ende schon eine wichtige Rolle. Ein einziger Mann könnte also durchaus den Ausschlag geben, dass RTL am Ende als Sieger dasteht. Okay, das werden die Kölner zumindest in der Zielgruppe sowieso. Muss Schumi erst einmal nachmachen. Und trotzdem: Boris Becker darf seine Zeit gerne weiterhin mit Heiraten und Pokern verbringen.

Oft steckt mehr hinter den Zahlen des TV-Geschäfts als man auf den ersten Blick sieht. Oder weniger. Statistisch gesehen nimmt sie unter die Lupe

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