Interview

Liv Lisa Fries: 'Es wird düsterer'

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Quotenmeter.de hat mit «Babylon Berlin»-Hauptdarstellerin Liv Lisa Fries darüber gesprochen, was die Regisseure der Serie unterscheidet und was tonal von den neuen Folgen zu erwarten steht.

Tom Tykwer, Achim von Borries, Henk Handloegten haben auf jeden Fall einen Masterplan, allerdings werden einzelne Details, die individuelle Episoden betreffen, erst nach und nach ausgearbeitet. Und an diesen beiden Prozessen lassen die Drei uns im Cast immer nur ein Bisschen teilhaben.
Liv Lisa Fries
Wie weit im Voraus wurden Sie informiert, dass es eine dritte Staffel von «Babylon Berlin» gibt, und wurde Ihnen dann auch prompt mitgeteilt, was darin mit Charlotte Ritter passieren wird?
Ich habe sehr weit im Voraus erfahren, dass es eine dritte Staffel geben wird, aber was den Inhalt anbelangt – das ist so eine Sache … Tom Tykwer, Achim von Borries, Henk Handloegten haben auf jeden Fall einen Masterplan, allerdings werden einzelne Details, die individuelle Episoden betreffen, erst nach und nach ausgearbeitet. Und an diesen beiden Prozessen lassen die Drei uns im Cast immer nur ein Bisschen teilhaben. Ich wusste daher nur ganz grob, wo die Reise für meine Figur hingeht.

Wurde denn wenigstens sofort enthüllt, dass Staffel drei auf dem Gereon-Rath-Roman «Der stumme Tod» basiert?
Ja, das haben sie verraten, in dem Moment, in dem feststand, dass es eine dritte Staffel gibt. Aber das hat mir nicht weitergeholfen, ich habe die Romane alle nicht gelesen. (lacht)

War das eine bewusste Entscheidung, die Romane gar nicht erst zu lesen?
Ja, ich habe es anfangs bewusst für mich selbst entschieden, mir die Vorlagen nicht anzuschauen. Doch letztlich wurde diese Entscheidung auch "von oben" stark befürwortet. Der Grund dafür ist, dass die Serie und vor allem meine Figur der Charlotte Ritter ganz andere Wege einschlägt als im Roman, und ich und einer der Regisseure hatten die Sorge, es würde mich im Spiel nur verwirren, wenn uns eine "alternative Version" des Geschehens im Kopf herum schwebt.

Da Sie ja immerhin ein grobes Vorwissen über den Verlauf der Geschichte haben: Wie sehr beeinflusst Sie das in Ihrem Spiel?
Das ist eine knifflige Sache. Ich sollte natürlich nicht etwas spielen, was meine Figur nicht weiß. Wenn hier gleich ein Meteorit einschlägt, kann ich nicht jetzt schon darauf reagieren, da ich das nicht weiß. Und wenn ich als Schauspielerin weiß, dass in einer Szene gleich ein Meteorit einschlägt, meine Figur das aber nicht weiß, dann darf ich mein Wissen nicht der Rolle mitgeben. Dennoch: «Babylon Berlin» ist so ausgeklügelt gestaltet, nichts in der Serie ist dem Zufall überlassen. Daher kann es für mich sehr wohl relevant sein, etwas zu wissen, das meine Figur noch nicht weiß.

In solchen Dingen hilft es, eine Regie zu haben, die all diese sich in Bewegung befindlichen Teile der Serie im Blick hat und mich da hinführt, wo ich emotional sein könnte. Um das konkreter zu illustrieren: In der letzten Staffel wird ja zum Beispiel erwähnt, dass Charlotte wahrscheinlich nicht denselben Vater hat wie ihre Schwester und sich in ihrer Familie nicht zugehörig fühlt. Und das wird über den Schnitt gelöst: Lottes Mutter kommt vom Arzt und in einem Voice Over wird alles erklärt, während ich wortlos im Bild bin. Es wird also eine Information über meine Figur vermittelt, die sie selber nicht hat. Aber Charlotte hat diese Vorahnung, dieses Gefühl, nicht zugehörig zu sein. Es ist also gut zu wissen, dass meine Figur so fühlt, selbst wenn im Dialog dieses Gefühl nicht ausgesprochen wird.

Das ist außergewöhnlich, dass man drei Regisseure hat, die zudem alle gleichermaßen als Showrunner fungieren. Aber bei einem Dreh über solch einen langen Zeitraum ist das auch gut, weil man sich immer auf den nächsten freut und auf die Abwechslung, die damit einhergeht, da sie alle unterschiedlich an die Arbeit herantreten.
Wie gestaltet sich bei «Babylon Berlin» die Zusammenarbeit mit den drei Regisseuren Tom Tykwer, Achim von Borries und Henk Handloegten?
Ja, das ist außergewöhnlich, dass man drei Regisseure hat, die zudem alle gleichermaßen als Showrunner fungieren. Aber bei einem Dreh über solch einen langen Zeitraum ist das auch gut, weil man sich immer auf den nächsten freut und auf die Abwechslung, die damit einhergeht, da sie alle unterschiedlich an die Arbeit herantreten. Sie beleuchten alle unterschiedliche Aspekte. Es ist so, als wäre die Grundfarbe meiner Figur Blau, aber der eine betont das Hellblau, der andere das Dunkelblau und der Dritte das Türkis in meiner Rolle. Jeder findet andere Schattierungen. Das ist eine tolle Erfahrung, zumal sie alle zu den besten Regisseuren Deutschlands gehören, da sie sehr fein und genau arbeiten, und die Zusammenarbeit mit ihnen dennoch sehr leicht und angenehm ist. Es ist ein ganz großes Geschenk, diese drei als Regisseure zu haben.

Können Sie die unterschiedliche Herangehensweise der Drei in Worte fassen?
Achim lässt mich eigenständig agieren. Er vertraut sehr darauf, dass ich schon da hin finde, wo ich hin soll. In Situationen, in denen ich mit Tom und Henk schon längst gesprochen hätte, probiere ich unter Achims Regie immer weiter. Bei ihm dauert es, bis er mal einschreitet und dir erklärt, was er gern hätte, er beobachtet sehr genau. Er meint immer: "Nee, mach du mal, du kennst deine Figur, du wirst schon wissen, wie sie jetzt fühlt." Er schenkt mir viel Vertrauen.

Henk ist dagegen sehr spielerisch, er probiert viel aus, er gibt spielerische Aufgaben und er dreht Szenen gerne auch ganz ohne Text, nur mit Subtext, um sich danach einzelne Blicke oder Gesten für die Folgen raus zu picken, die eine tiefere Bedeutung haben, als das, was man sagen könnte.

Und mit Tom spreche ich sehr viel – ich glaube, er kommt meiner Person am nächsten. Er verhandelt viel, mit ihm diskutiere ich ausgiebig aus, was passiert und warum und wie man das angeht. Wir finden im Gespräch, wie meine Figur ist und wonach sie sich sehnt.

Basierend auf der ersten Folge der neuen Staffel habe ich den Eindruck, dass es düsterer wird ...
Ja, es wird düsterer, die Erzählung konzentriert sich und wird politisch dichter. Die Weltwirtschaftskrise klopft an und der Tanz entschwindet langsam aus dem Nachtleben. Vor allem aber rücken wir noch dichter an die Figuren heran – was mich sehr freut. Denn wenn man etwas fortführt, das erfolgreich war, darf man sich auf keinen Fall ausruhen. Man muss immer danach streben, sich zu transformieren. Nur so kann man das Niveau halten, glaube ich.

Vielen Dank für das Gespräch.

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