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Innovative Konzepte: Serien wie «Love, Death & Robots» sind Netflix' Zukunft

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Die Mitte März erschienene Animations-Anthologie zeigt, wie der US-Dienst Apple und Co. in Zukunft die Stirn bieten kann. Wir haben die drei besten Episoden aufbereitet.

Facts zum Format:

  • Titel: «Love, Death & Robots»
  • Genre: Animation / Anthologie
  • Episodenzahl: 18 (1 Staffel)
  • Executive Producers: Tim Miller, David Fincher, Joshua Donen & Jennifer Miller
  • Episodenlaufzeit: 6-17 Minuten
  • Produktionsstudio: Blur Studio
  • Vertreiber: Netflix
  • Veröffentlichung: 15. März 2019
2019 kommt für Netflix einem Schicksalsjahr gleich. Gerade erst hat Apple zahlreiche Original-Serien mit einer Fülle an Hollywood-Größen angekündigt, Ende des Jahres ziehen dann Disney und Warner Bros. endgültig ihre Produktionen von Netflix ab, um sie auf eigenen Plattformen anzubieten. Disney, Apple und Amazon rangieren alle unter den Top Zehn der wertvollsten Unternehmen der Welt. Selbst wenn Netflix es schafft, mit Original-Inhalten weiter Platzhirsch zu bleiben, haben die anderen Großkonzerne rein finanziell einfach den längeren Atem. Zum Vergleich: Apples Umsatz 2018 belief sich auf 265,6 Milliarden Dollar. Das ist fast das 17-fache dessen, was Netflix mit 15,8 Milliarden Dollar umsetzte. Umso mehr als ohnehin schon muss Netflix deshalb zur Spielwiese von Kreativen und Urheber wirklicher TV-Innovationen werden. Ein Format, das dafür stehen könnte, wie Netflix sich in Zukunft gegen die Übermacht der Mega-Konzerne behaupten könnte, heißt «Love, Death & Robots».

«Love, Death & Robots» Innovation und grenzenlose Kreativität


Am 15. März erschien die 18-teilige Animationsserie von «Deadpool»-Regisseur Tim Miller bei Netflix. So weit, so gut. Schon die ersten Trailer deuteten darauf hin, dass dieses animierte Format nur für Erwachsene geeignet sein wird. Auch das ist mittlerweile keine unübliche Herangehensweise mehr nach Formaten wie «Family Guy», «Archer», «Rick & Morty» oder «Bojack Horseman». Eine Innovation stellte «Love, Death & Robots» dennoch bereit: Jede Episode, alle mit einer Laufzeit zwischen 6 und 17 Minuten, wurde von einem unterschiedlichen Team aus einer Reihe verschiedener Länder, darunter Ungarn, Frankreich, Kanada und Korea.

Dabei bedienen die Episoden ganz unterschiedliche visuelle Stile und Genres. Von traditionell gezeichneten Cartoons bis hin zu fotorealistischem 3D-CGI erzählen die 18 Ausgaben Science-Fiction-, Fantasy-, Horror- oder Comedy-Geschichten. Den Kreativen, das wird schnell klar, wurde dabei inhaltlich komplett freie Hand gelassen. Die Episoden sind zuweilen auf surreale Art komisch oder blutig-brutal, teilweise mit viel Freizügigkeit, Nacktheit und obszöner Sprache, gehen aber auch manches Mal inhaltlich in die Tiefe und wirken fast philosophisch. Mal geht es um einen von Wissenschaftlern erschaffenen super-intelligenten Joghurt, mal um Soldaten in Afghanistan mit übernatürlichen Fähigkeiten. Eine Ausgabe erzählt von der ungewöhnlichen Beziehung eines „Spirit Hunters“ mit einem mythischen, asiatischen Wesen, eine andere von einer Farmer-Gemeinschaft, die mit selbst gebauten Robotern ihre Familien vor einer Alien-Invasion beschützen.

Inhaltlich kennzeichnet «Love, Death & Robots» eine wahre Achterbahnfahrt, die vor Fantasie nur so strotzt und überbrückt mit seinen Geschichten, gerade denen aus dem Bereich Science-Fiction, die Wartezeit für Fans von Serien wie «Black Mirror». Dabei erlaubt das Format seinen Episoden genau so lang zu sein wie sie müssen, was unnötige Längen vermeidet. Klar, nicht jeder Netflix-Abonnent kann etwas mit Animationsserien anfangen, was «Love, Death & Robots» zum Liebhaber-Format macht, dass sicherlich nicht zu den meistabgerufenen Formaten des Dienstes zählt, dem Anbieter aber Prestige innerhalb einer ganz bestimmten Zielgruppe verschafft. Auf diesem und ähnlichen Wegen kann Netflix auf lange Sicht Inhalte bereitstellen, die womöglich trotz niedrigerem Budget und weniger Star-Faktor für bestimmte Abonnenten schlicht mehr leisten als Produktionen von Apple und dem Rest. Mit derartigen Formaten kann sich Netflix wirklich von der unüberschaubaren Masse an neuen Serien abheben.

Viel Sex und Gewalt fördern den „Hit-&-Miss-Faktor“


Konzept des Formats

Die einzelnen Episoden haben jeweils eine abgeschlossene Handlung, die auf den Kurzgeschichten verschiedener internationaler Schriftsteller basieren. Die Drehbücher wurden hauptsächlich von Philip Gelatt verfasst und von 15 verschiedenen Animationsstudios realisiert. Die Serie richtet sich an erwachsene Zuschauer.
Aus objektiver Sicht kann «Love, Death & Robots» allerdings nicht als makellos bewertet werden, denn bei den Folgen handelt es sich um eine Ansammlung von „Hit-&-Miss“-Filmen. Mal hauen die Folgen aufgrund großartiger Optik, einer tollen Geschichte und fantastischen Performances der Synchronschauspieler aus den Socken, mal können Zuschauer gar nichts mit der Folge anfangen. Viele Zuschauer, die die Netflix-Produktion gesehen haben, finden nur etwa die Hälfte der 18 Folgen gut, interessanterweise unterscheiden sich die als gut befundenden Episoden zwischen verschiedenen Zuschauern aber teilweise massiv, was dafür spricht, dass nicht besonders viele Folgen wirklich durch und durch schlecht umgesetzt sind, sondern einfach Geschmackssache.

Einige Kritikpunkte brachten Rezensenten aber berechtigterweise vor. Inhaltlich erscheinen die Geschichten oft hyper-maskulin mit teilweise pornografisch anmutender Nacktheit von Frauenkörpern. In Kombination mit dem hohen Grad an Gewalt und Gore, der im Format zelebriert wird, mutet «Love, Death & Robots» deshalb häufig unreif an. Der Serientitel führt hier in die Irre, denn wirkliche Liebe ist eigentlich in so gut wie keiner Episode zu finden. Häufig werden Charaktere wie Objekte behandelt, was den Anschein erweckt, als ginge es dem Format wirklich vorrangig um die visuellen Aspekte und den Machern um die Zurschaustellung ihres Könnens in dieser Hinsicht. «Love, Death & Robots» ist intensiv in jeder Hinsicht und sowohl visuelle als auch auditive Elemente attackieren alle Sinne. Die Freiheit der Kreativen führt dabei zu häufig unnötigen Grenzüberschreitungen.

Die besten Folgen von «Love, Death & Robots»


Zuschauer müssen selbst herausfinden, welche Episoden ihren Ansprüchen entsprechen und sollten dabei auf extreme Bilder gefasst sein. Nach nun knapp einem Monat auf Netflix seien an dieser Stelle die drei am besten bewerteten Episoden auf der Plattform imdb vorgestellt.

Platz 3 – „Sonnie’s Edge“
In der offiziellen Episodenliste des Formats kennzeichnet „Sonnie’s Edge“ die erste der 18 Ausgaben. Die 17-minütige Episode erzählt von einer neofuturistischen Untergrundszene, in der Gladiatoren-Kämpfe zwischen Monstern an der Tagesordnung stehen. Die entsprechenden Monster werden dabei per Gedankenübertragung von Menschen gesteuert. Sonnie und ihr Monster, ein glitschiges Alien-Wesen mit einer Klinge am Ende eines kraftvollen Schweifs, sind unschlagbar – das soll sich ändern, wenn es nach einem Untergrund-Boss geht… Die Geschichte wird in hellen Neon-Tönen und scharfen Linien dargestellt, während das World-Building großartig funktioniert. Eine böse finale Wendung rundet diesen sehr blutigen und mit sexuellen Untertönen gespickten Kurzfilm ab.

Platz 2 – „Zima Blue“
Die zehnminütige Episode „Zima Blue“ stellt eine der wenigen Episoden dar, die ohne Gewalt und Sex auskommt und das beste aus ihrer Idee herausholt. Es ist die wohl eigenartigste und gleichzeitig ambitionierteste Geschichte des Formats. Die Folge erzählt vom Leben eines zurückgezogenen Künstlers, dessen Meisterwerke die Öffentlichkeit über Jahrzehnte faszinieren. Dabei ist ein besonderer Blauton charakteristisch für seine Werke und schon bald erfährt die Öffentlichkeit, was es mit dem rätselhaften Motiv auf sich hat... Dieser regelrecht philosophische Animationsfilm unterscheidet sich wohl am meisten vom Rest der Beiträge. Die Auflösung am Ende lässt Zuschauer für einige Momente nachdenklich zurück und hinterlässt einen nachhaltigen Eindruck.

Platz 1 - „Beyond the Aquila Rift“
“Beyond the Aquila Rift” stellt vermutlich den Kurzfilm dar, den sich am meisten Zuschauer in Langform vorstellen könnten. Nicht umsonst verzeichnet die 17-minütige Episode das höchste Rating auf imdb. Nachdem darin ein Raumschiff Lichtjahre von seinem Kurs abgekommen ist und die Crew aus einem maschineninduzierten Schlaf erwacht, muss es mit den Konsequenzen eines Systemfehlers umgehen. Der Ort, an dem das Schiff gestrandet ist, wirkt schnell zu schön um wahr zu sein… Diese Sci-Fi-Horror-Erzählung könnte auch von «Black Mirror» oder «Twilight Zone» stammen, wobei eine überlange Sexszene die Wirkung des Kurzfilms etwas zerstört und den Film unnötig in die Länge zieht. Der Beitrag über Bewusstsein und die Grenzen des menschlichen Verstands lässt es Zuschauern kalt den Rücken herunterlaufen.

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