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Die WM im Ersten: Bewährte Moderatoren, frische Experten, Palina und Beisenherz

von   |  15 Kommentare

Mit einer spannenden Mixtur aus bekannten und neuen Gesichtern begeht die ARD in diesen Tagen die Fußball-Weltmeisterschaft - ist allerdings ähnlich wie das deutsche Team noch nicht ganz im Turnier angekommen. Zum vorentscheidenden Gruppenspiel gegen Schweden werfen wir einen kritischen Blick auf die Performance des Senders in der ersten WM-Woche.

Wie waren die Quoten 2014?

Bei der letzten WM dominierten ARD und ZDF den Juni nach Belieben: Mit 17,4 bzw. 17,6 Prozent lagen sie beim Gesamtpublikum meilenweit vor der privaten Konkurrenz und auch beim jungen Publikum lagen sie mit 14,1 und 13,4 Prozent in der Endabrechnung deutlich vor RTL (10,6%). Vor allem Das Erste hat also in den kommenden acht Tagen noch ein bisschen was aufzuholen, wenn es ähnlich stark abschneiden möchte wie damals.
Quervergleiche sind im Fußball ebenso schwierig wie beliebt - und wenn man einen Blick auf die nackten Zahlen wirft, kann man nach gut einer WM-Woche durchaus eine Parallele zwischen dem Ersten Deutschen Fernsehen und der deutschen Nationalmannschaft ziehen: Beide sind noch nicht so recht im Turnier angekommen. Die gar nicht mal so mannschaftlich agierende "Mannschaft" verlor ihr erstes Gruppenspiel überraschend gegen Mexiko und Das Erste liegt im bisherigen Juni-Monatsschnitt mit 12,7 Prozent aller bzw. 9,2 Prozent der jüngeren Zuschauer noch deutlich hinter den Kollegen des ZDFs, die bislang auf tolle 16,7 und 11,6 Prozent gelangen - nicht zuletzt, da die Mainzer bislang deutlich mehr Spiele zeigen durften (16:10). An diesem Wochenende aber soll die Wende folgen - mit einem Sieg gegen Schweden auf der einen und mit gleich sechs WM-Liveausstrahlungen inklusive des sportlich wichtigsten deutschen Gruppenspiels bei einem großen Turnier in der Ära Jogi Löw auf der anderen Seite.

Nun sind ja Zahlen nicht alles und geben beim Fußball wie im Fernsehgeschäft nicht zwingend immer Aufschluss darüber, wie ein Team funktioniert. Und während wir die sportliche Analyse denjenigen Medienvertretern überlassen wollen, die sich darauf spezialisiert haben, bemühen wir uns anlässlich des Schweden-Spiels gerne um eine Bewertung der bisherigen Performance des personell üppig bestückten WM-Teams des Ersten. Was funktioniert schon gut, wer hat sich noch nicht so recht eingespielt?


Die Experten: Wolf und Hitzlsperger begeistern, Kuranyi fällt durch


Die meisten frischen Gesichter, die in relevanter Weise in das tägliche Drumherum zu den Livebildern der Spiele eingeflochten werden, hat der Sender fraglos in dieser Kategorie verpflichtet. Interessant ist hierbei vor allem der direkte Vergleich der beiden Trainer Stefan Kuntz (deutsche U-21-Nationalmannschaft) und Hannes Wolf (VfB Stuttgart), die beide zuletzt mit herausragenden sportlichen Erfolgen bei ihren jeweiligen Teams auf sich aufmerksam machten. In ihrem neuen Job dagegen unterscheidet sich die Zwischenbilanz etwas deutlicher: Während Wolf mit beachtlichem Wissen über die taktische Ausrichtung der spielenden Mannschaften überzeugt und diese auch erstaunlich eloquent an die Zuschauer zu vermitteln weiß, war Kuntz nicht bei allen Spielen komplett auf der Höhe - was dem sympathischen Kult-Fußballer aber bei spielerisch doch arg limitierten Teams wie Saudi-Arabien höchstens die ganz großen Sofa-Guardiolas des Landes ernsthaft negativ ankreiden würden. Im direkten Vergleich der neuen Studio-Experten geht der Punktsieg somit an den ebenfalls angenehm und humorvoll wirkenden Wolf, von einer Fehlbesetzung ist sein Trainer-Kollege aber ebenfalls weit entfernt.

Gegenüber den beiden fast schon als etabliert kann Thomas Hitzlsperger bezeichnet werden, der bereits 2017 durchaus überzeugend im Rahmen des Confed-Cups für den Sender als Experte fungierte. Diesen Eindruck bestätigt er bislang: Meinungsstark, wenngleich weniger schlagzeilenträchtig als sein Vorgänger Mehmet Scholl, argumentativ schlüssig und durchaus telegen. Auch bei ihm gibt es kaum etwas zu bemängeln, sodass das feste Experten-Trio am Tisch in Baden-Baden eine sehr respektable Zwischenbilanz vorweisen kann. Die schillernden Paradiesvögel mit hohem Stammtisch-"Jawoll!"-Faktor gehen dem Sender mit Hitzlsperger, Wolf und Kuntz zwar ab, dafür punktet man mit Sachlichkeit und fundierter Analyse. Kann man so machen.

Eine glatte Fehlbesetzung ist aber "Russland-Kenner" Kevin Kuranyi, der als einziger Experte direkt im WM-Gastgeberland verweilt und nur hin und wieder ins Programm integriert wird. Wenn er dann doch mal auftaucht, erschöpfen sich seine Insider-Informationen aus dem größten Land der Welt meist in nichtssagenden Floskeln mit dem inhaltlichen Mehrwert eines Popschlagers von Michael Wendler. Zudem tut er sich schwer damit, flüssige Sätze zu formulieren, was das Zuhören auf Dauer erschwert. Rhetorische Probleme bei weitgehender Inhaltsleere - keine gute Mischung für einen TV-Experten. Und sonst so? Achja, hin und wieder meldet sich Philipp Lahm vom Tegernsee aus zu Wort - launig, locker, wortgewandt, inhaltlich noch ein wenig devot. Stört als gelegentliches Zubrot nicht, empfiehlt sich aber auch nicht in besonderer Weise für höhere Aufgaben im Fernsehen.


Die Moderatoren und Kommentatoren: Eingespielt und überraschungsarm


Weitaus weniger Mut als bei seinen Experten legte der Sender bei der Auswahl der Moderatoren und Kommentatoren an den Tag, wo ausschließlich bekannte Gesichter bzw. Stimmen zum Einsatz kommen. Die Hauptmoderatoren im Studio sind Matthias Opdenhövel und Alexander Bommes, wobei sie abwechselnd neben dem jeweiligen Experten hauptverantwortlich durch die Berichterstattung führen und als eine Art "Sidekick" an einem zusätzlichen Tisch als punktuelle Stichwortgeber fungieren. Die Chemie zwischen den beiden stimmt, sie können problemlos zwischen freundschaftlich anmutenden Sticheleien, humorvollen Anekdoten und ernsthafter Berichterstattung changieren und wirken so cool, dass man kaum vorstellen kann, sie in den kommenden Wochen noch einmal überfordert zu sehen. Bommes aber neigt bei Monologen gerne mal dazu, in ein latent einschläfernd wirkendes Genöle zu verfallen, weshalb der Punktsieg hier denkbar knapp an den ehemaligen Stadionsprecher von Borussia Mönchengladbach geht.

Hinsichtlich Gender-Aspekten ein wenig schade: Die beiden Damen im «Sportschau»-Team, Jessy Wellmer und Julia Scharf, tauchen ähnlich selten auf wie Lahm und Kuranyi - was auch damit zusammenhängt, dass sie oftmals gemeinsam mit den beiden Ex-Nationalspielern zu sehen sind. Dabei macht insbesondere die stets humorvolle Wellmer durchaus den Eindruck, dass man sie künftig auch problemlos stärker fordern könnte. Als quasi schon ausrangiert kann man indes Gerhard Delling bezeichnet, der auf dem Abstellgleis in Watutinki gelandet ist und dort regelmäßig mehr oder minder spannende Berichte über die deutsche Nationalmannschaft in die laufende Berichterstattung einstreuen darf. Man wünscht ihm, dass er dort zumindest eine angenehme Zeit verbringt, inhaltlich dürfte er mit diesem Job dem Bore-Out nahe sein.

Als Kommentatoren gehen derweil wie gewohnt Gerd Gottlob, Steffen Simon und Tom Bartels an den Start, wobei sich Letzterer über einen Einsatz gegen Schweden freuen darf. Über dieses Trio erübrigt sich jeder Kommentar, ist es doch seit Jahren schon regelmäßig für das Erste im Einsatz - Fans und Medienvertreter dürften sich also längst eine Meinung gebildet haben. Erstmals dabei ist hingegen Florian Naß, dessen WM-Debüt allerdings erst am Sonntag vonstattengehen wird - beim Aufeinandertreffen der beiden Überraschungsteams Japan und Senegal.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, warum «WM Kwartira» ein höheres Zuschauerinteresse verdient hätte und sich Palina unter Wert verkauft - und was eigentlich aus dem Reizthema Studio geworden ist.

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Es gibt 15 Kommentare zum Artikel
Familie Tschiep
23.06.2018 14:03 Uhr 1
Kuntz finde ich persönlich eher langweilig.



Hitzlperger sollte man auch mal am Abend ranlassen. am besten mit Bommes, die beiden harmonisieren gut.
Sentinel2003
23.06.2018 18:41 Uhr 2
Noch ein Kommentator?? Ich meine, Naß ist wirklich gut, wenn er Rad Rennen kommentiert und ab und zu auch mal für die Sportschau einen Spielbericht, aber, muß man ihn deswegen gleich auch noch bei der WM einsetzen?? Gerd Gottlob ist schon seit Jahren mein absoluter Lieblings Kommentator! Ob er nochmal ein Deutsches Spiel bei dieser WM kommentieren darf?





Beisenherz und Kuranyi habe ich noch garnicht gesehen....und, diese kurzen Reportagen von Palina von Land und Leute....nun, wenn's die nicht geben würde, würde ich die nicht vermissen.



Und, ich finde, daß der Gerhard von der Deutschen Mannschaft immer ganz gute "Reportagen" abgibt....
Kaffeesachse
23.06.2018 22:54 Uhr 3

Mit Radsport ist er ja übers Jahr auch völlig überrepräsentiert. :roll:

Bei den Distanzen kommt man mit 3 Kommentatoren zu den Gruppenspielen nun mal nicht über die Runden, wenn man zwei Tage hintereinander überträgt. Das ZDF halt gleich 4 Leute im Einsatz.
Neo
23.06.2018 23:51 Uhr 4
Für Beisenherz musst du einfach nach den Spieltagen dranbleiben. Und Kuranyi ist da eher willkürlich dabei, also dann schon zwischen den Spielen. Habe den jetzt zumindest in keinen konkreten Zusammenhängen in Erinnerung.



Aber ja, das mit Palina ist ganz nett, würde aber tatsächlich nicht fehlen. Sowas heftet man dann wohl unter dem "Bildungsauftrag" ab.



Ich bin etwas enttäuscht vom WM Kwartira. Beisenherz und Thadeusz sind eigentlich wirklich tolle Moderatoren und gerade letzterer ist beim breiten Publikum komplett underrated, was mir eigentlich auch ganz recht sein soll, aber irgendwie hätte ich mir da schon eine knackigere Performance gewünscht. Die Beiträge dazwischen fand ich zumindest allesamt ziemlich überflüssig, weil schlecht oder langweilig (mal abgesehen vom Fußball-Gucken mit Amthor). Olli Dittrich ist zwar nett gedacht, aber auch irgendwie nichts. Dafür aber immerhin kurz. Da könnte man gerne die Interviews länger führen.

Heute war aber mit Abstand die schlechteste Ausgabe. Ina Müller ist in Bezug auf Sport und Politik immer schrecklich und trotzdem redet sie und Olaf Schubert schlicht unlustig.



Und ja, Zeigler fehlt tatsächlich. Der hing doch sonst immer mim Bommes rum. :?

Aber schöner Artikel btw. :wink:


Sehe ich ganz genau so. Opdenhövel bräuchte ich persönlich gar nicht. Meinetwegen also nur Bommes und Hitzlsperger in Baden-Baden und gerne den erwähnten Zeigler an diesem "Verbindungspult". Wellmer und Lahm finde ich so übrigens ganz nett.
Sentinel2003
24.06.2018 10:41 Uhr 5
Was habt ihr gegen Opdenhövel??
Scooter
24.06.2018 12:33 Uhr 6
Nichts. Opdenhövel und Live Sendungen passen einfach perfekt zusammen.

Bestes Beispiel: Schlag den Raab
Kaffeesachse
24.06.2018 12:37 Uhr 7
Das "WM-Kwartira" ist immerhin besser als die unsägliche "Beckmanns Sportschule" von vor zwei Jahren (Auch wenn das unverständlicherweise eine noch etwas bessere Quote gehabt haben soll).

Warum man den deutlich beliebteren Sportschau- bzw. WM-Club nicht macht, wer weiß. Vielleicht liegt's am PErsonal, Bommelchen ist ja als Hauptmod beschäftigt und alle anderen irgendwie auch.
P-Joker
24.06.2018 15:02 Uhr 8


Nichts! Nur das Bommes eben eine Spur besser ist.
Neo
24.06.2018 15:08 Uhr 9

Klar, ohne Frage. Auch besser als das ganze Waldi-Gedöns.
Familie Tschiep
24.06.2018 20:54 Uhr 10
Ich habe nichts gegen Opdenhövel, aber Bommes und Hitzlsperger harmonisieren besser miteinander.
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