Interview

Red Seven Chef Jobst Benthues: „Vielleicht hat man heute weniger Zeit, erfolgreich zu werden“

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In zehn Jahren mit Red Seven hat sich die TV-Branche deutlich geändert. Weniger Mut sei nicht das Problem, eher die Zeit, erfolgreich zu werden. Mit Benthues, früher Unterhaltungschef von ProSieben, sprechen wir über Hits von Damals und heute, über Talent-Shows, Feed-Good und mehr.

Den ersten Teil verpasst?

Sie haben den ersten Teil unseres Interviews mit Jobst Benthues verpasst? Kein Problem: Hier geht es zu den Themenfeldern «Germany's Next Topmodel» und «The Biggest Loser».
Wenn wir über das Feld der Talentshows sprechen: Ist da der große Boom vorbei? Sie hatten da einige Fehlversuche.
Wir haben letztes Jahr «It’s Showtime» produziert, leider konnte sich das Format trotz guter Jury und Acts am Sonntagabend nicht durchsetzen. Vielleicht hat es an Relevanz gefehlt. Mit der zweiten Talent-Show «Superkids» waren wir dagegen zufrieden. Wir haben hier in SAT.1 ein schönes Format produziert, das mit elf bis zwölf Prozent am Freitagabend ordentlich funktioniert hat. Ich halte das nach wie vor für eine tolle Sendung. Leider hat im Anschluss daran «Little Big Stars» mit Thomas Gottschalk nicht seine Zuschauer gefunden. Grundsätzlich glaube ich, dass es – in welcher Ausprägung auch immer – auch künftig noch Platz für Talentshows im deutschen Fernsehen geben wird.

Was sind die neuen Trends? Vielleicht das oft angesprochene Feel-Good-TV?
Eine Sendung muss eine Relevanz besitzen. Nur Feel-Good alleine funktioniert auch nicht. Wir brauchen gute Storys, ehrliche Kandidaten. Vielleicht brauchen wir ein anderes Gefäß als die große Studioshow. Im Moment geht es mehr in Richtung Factual-Entertainment. Wichtig ist, dass man neuen Formaten Zeit gibt. Bei Formaten wie «The Taste» haben wir gemerkt, dass die Fans erst nach und nach zur Sendung gefunden haben, weil diese auch von Staffel zu Staffel immer besser und ausgereifter wurde. Ich denke, dass es auch in Zeiten von linearem und non-linearen Fernsehen wichtig ist, Events zu schaffen, über die man am nächsten Morgen im Büro oder auf dem Schulhof spricht.

So wie «Mord mit Ansage», von dem jetzt eine zweite Staffel kommt?
Wir waren von dem Erfolg positiv überrascht und freuen uns, dass wir eine zweite Staffel produzieren dürfen. Auch hier wollen wir uns natürlich weiter entwickeln. Die Sendung hat Laune gemacht, auch der Cast hatte sichtbar Spaß. Impro und Morde – das passt zusammen.

Ich hatte vorhin nach neuen Trends gefragt. Ich werfe nochmal vor dem Feel-Good-Hintergrund das Thema Garten ein.
Ja, ich glaube, dass das ein Thema ist. Auf einigen Sendern funktioniert das schon sehr gut. Die Menschen mögen den Vorher-Nachher-Effekt – das sehen wir auch bei Do-it-yourself-Formaten wie «Boom My Room», das wir für sixx umsetzen und gut bei den Zuschauern ankommt.

Nicht geklappt hat dafür «House Rules». Für mich ein bisschen unverständlich, nicht zuletzt, weil das Kandidatenpaar Willich der absolute Brüller war.
Wir haben die beiden unter Vertrag genommen. Wenn ein Sender mir die Idee abkauft, werden sie vielleicht die neuen Geissens oder Reimanns. Mit «House Rules», das im Ausland absolut erfolgreich läuft, haben wir wohl einen zu großen Sprung in zu tiefes Wasser gemacht. Für ein erstes Make-over-Format hatte die Sendung vielleicht zu viele Ebenen und war dem Zuschauer wohl zu kompliziert..

«Genial Daneben», aber auch «Eine Liga für sich» sind klare und zugleich bezahlbare Formate. Es ist nämlich gar nicht so einfach, eine gute Panelshow zu kreieren. Wie oft wurde schon versucht, «7 Tage, 7 Köpfe» wiederzubeleben?
Jobst Benthues, Chef von Red Seven Entertainment, das in diesen Tagen zehn Jahre alt wird
Eine zweite Staffel erhalten hatte «Eine Liga für sich», ein Projekt, das Sie für Sky1 umsetzen. Da haben Sie auch erheblich an den Stellschrauben gedreht, mehr Studio-Aktionen eingebaut. In welche Richtung denken Sie nun für Staffel drei?
Wir sehen, dass das Spielprinzip des Panels mit Comedians und Sportlern aufgeht. Die Sendung hat eine Struktur, die eine klare Führung vorgibt und dennoch den Kreativen auf der Bühne maximale Freiheit lässt. Es ist genug Platz für Anekdoten, Frotzeleien und Spaß. «Genial Daneben», aber auch «Eine Liga für sich» sind klare und zugleich bezahlbare Formate. Es ist nämlich gar nicht so einfach, eine gute Panelshow zu kreieren. Wie oft wurde schon versucht, «7 Tage, 7 Köpfe» wiederzubeleben?

Für RTL II bewegen Sie sich gerade auf ungewohntem Terrain. Mit «Krass Schule» kommt von Ihnen ein Scripted Reality-Testlauf.
Ein, wie ich finde, sehr erfrischendes Format. Es ist ein bisschen historisch bedingt, dass wir in diesem Feld so lange nicht aktiv waren. Früher gab es unter dem Red-Arrow-Dach noch Producers at Work. Wir hatten uns damals so aufgeteilt, dass wir uns um Comedy, Entertainment, Show und dergleichen kümmern, Producers at Work um Fiction und Scripted Reality. Mittlerweile arbeitet Holger Andersen für uns in Köln, er hat schon erfolgreich «Berlin – Tag & Nacht» und «Köln 50667» bei RTL II etabliert. Daher sind wir bei RedSeven dem Genre gegenüber sehr aufgeschlossen.

Scripted Reality wird sehr kritisch beäugt. Sie müssen da jetzt vermutlich eine Lanze für das Genre brechen.
Ich mache das gerne. «Krass Schule» ist ein sehr spannendes Projekt. Zusammen mit den Kollegen von La Paloma TV sind uns schöne Folgen gelungen. Mich erinnert die Serie ein bisschen an meine ProSieben-Zeit, wo wir «Abschlussklasse» und «Freunde» erfolgreich im Programm hatten. Die Protagonisten sind jetzt ein bisschen älter, sie sind Referendare, aber das Umfeld ist ähnlich. Der 17-Uhr-Slot bei RTL II ist sicherlich ein schwieriger. Wir sind gespannt, wie sich das Format schlägt, aber ich kann sagen, dass ich mit dem Ergebnis unserer Produktion sehr zufrieden bin.

Schule ist momentan ein Boom-Thema?
Absolut. Sie brauchen nur die Zeitung aufschlagen Streit, Liebe, Eifersucht – sie spiegelt das Leben in all seinen Facetten wieder. Ein guter Nährboden für viele Geschichten.

Heute hat ProSieben zum Beispiel «jerks». Ein tolles Format, das zeigt, dass der Mut nicht generell im Fernsehen fehlt.
Jobst Benthues, Chef von Red Seven Entertainment, das in diesen Tagen zehn Jahre alt wird
Denken wir doch zum Abschluss des Gesprächs nochmal an Ihre ProSieben-Zeit als Unterhaltungschef zurück. War das Fernsehen damals noch mutiger als heute?
Gute Frage. Ich konnte damals mutig sein, weil man mich hat mutig sein lassen. Wir haben das damals immer so definiert, dass wir das für die Zuschauer ins Schaufenster stellen wollten, was wir selbst gerne gesehen haben. Heute sind die Rahmenbedingungen andere geworden. Vielleicht hat man weniger Zeit, erfolgreich zu werden. Damals haben wir lange an Formaten, wie zum Beispiel «Stromberg», «Quatsch Comedy Club» oder «Bullyparade» festgehalten und sind am Ende dafür belohnt worden. Aber jede Sendung hat ihre Dekade, heute hat ProSieben zum Beispiel «jerks». Ein tolles Format, das zeigt, dass der Mut nicht generell im Fernsehen fehlt.

Danke für das Gespräch.

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