Interview

Jochen Alexander Freydank: Krimi-Reihen? 'Da musste ich meinem Agenten in Amerika bisschen was erklären...'

von   |  2 Kommentare

Ihm gehört der Donnerstag-Abend: Jochen Alexander Freydank hat drei ARD-Donnerstags-Krimis inszeniert. Neben dem fünften «Usedom-Krimi» auch die neuen aus Barcelona. Über die Schwierigkeiten eines Reihen-Starts, das allgemein außerhalb von Deutschland unbekannte Gebilde einer Krimireihe und über seinen Fitzek-Film «Das Joshua-Profil» haben wir mit dem Oscar-Preisträger exklusiv gesprochen.

Zur Person: Jochen Alexander Freydank

Sein großer Erfolg: 2009 gewann Jochen Alexander Freydank einen Oscar für den besten Kurzfilm: «Spielzeugland». Danach inszenierte er mehrere TV-Filme, darunter «Tatort», «Usedom-Krimi» oder «Der Bau». Vor dem Gewinn des Oscars arbeitete Freydank unter anderem für die ARD-Serie «In aller Freundschaft».
Herr Freydank, Sie fühlen sich im Krimi-Genre inzwischen sichtbar wohl. Sie haben jetzt einen «Usedom-Krimi» gemacht, zudem kommen die beiden neuen «Barcelona»-Krimis von Ihnen. Und als «Tatort»-Regisseur sind Sie ja auch immer wieder in Erscheinung getreten…
Das stimmt. Allerdings habe ich auch immer mal etwas anderes gemacht: 2014 etwa «Kleine Fische, große Fische» für das ZDF. Der lief Gott sei Dank auch gut und erfolgreich.

Sprechen wir mal über den «Usedom-Krimi», vom dem jetzt im Oktober die Folgen vier und fünf liefen. Sie haben die Ausgaben drei und fünf umgesetzt und besonders der dritte Film wurde von den Kollegen etwas kritischer betrachtet.
Wir hatten beim dritten Film natürlich ein Problem. Wir haben im Hochsommer gedreht. Teil eins lebte unter anderem ja auch von der spätherbstlichen Atmosphäre. Auf Usedom sieht es im Hochsommer eben deutlich anders aus. Ich finde aber dennoch, dass es uns damals gelungen war, einen ziemlich atmosphärischen Film zu produzieren. Mein Ziel war es immer, das gilt auch für den fünften Teil, die Geschichten aus der Sicht der Menschen zu produzieren, die dort auch leben. Ich bin happy, auch mit meinem fünften Teil, wo wir noch etwas mehr zwischen den Grenzen von Deutschland und Polen erzählen. Die Produktion war nicht ganz einfach, am zweiten Tag wurde mein Kameramann krank. Aber wir haben das alles gut gemeistert.

Was kann man als Fortsetzung erwarten? Die Quoten stimmten ja…
Ich glaube es sind in diesem Jahr noch zwei Teile gedreht worden. Ich freue mich für die Darsteller und das Team, dass es hier weitergeht. Zumal man auch sagen muss, dass Filme am Donnerstag ja nicht unbedingt ein Selbstläufer sind. Das macht Erfolge noch schöner.

Sie haben ja auch schon für den «Tatort» gedreht. Wo sehen Sie die Unterschiede zwischen den „Europa-Krimis“ am Donnerstag und dem «Tatort»?
Die sind vermutlich geringer als man denkt. Der erste «Barcelona-Krimi» fängt jetzt mal nicht mit einem Toten hat. Das ist für einen Krimi schon mal per se ungewöhnlich. Der Hype um die Marke «Tatort» ist ohne Frage größer. Manchmal ist das sogar schon ein bisschen absurd, wie viel Woche für Woche über diese Reihe geschrieben und gesprochen wird. Inhaltlich sind die Krimis in Europa ganz ähnlich. Wir erzählen Kriminalfälle, verbunden mit persönlichen Tragödien. Auch in Sachen Budget sind die Unterschiede minimal. Speziell bei meinen Barcelona-Krimis war mir aber wichtig, dass wir auch die Stadt gut abbilden. Ich wollte nicht, dass man auf das Bild irgendeiner mediterranen, romantischen Stadt hereinfällt. Barcelona ist eine Metropole, pulsierend, groß, laut und trotzdem wunderschön.

Wie schwer ist es denn, eine neue Reihe zu etablieren? Es gibt ja die üblichen Zutaten: Eine neue Ermittlerin trifft auf einen Kommissar, der an Ort und Stelle bekannt ist wie ein bunter Hund…
Wenn man als Regisseur zu einem Film kommt, dann steht die Geschichte ja meistens. Sie haben recht, dass Geschichten bei zweiten Filmen meist klarer sind, weil dann die Charaktere schon eingeführt sind. Das ist möglicherweise auch bei uns so.

Ich habe im ersten Film schon einige Logik-Löcher gesehen, etwa als die Ermittler eine Leiche am Ende am Hafen einfach so liegen ließen…
Naja, im Hafen wimmelte es vor Polizei. Da hat sich dann schon jemand darum gekümmert. In der speziellen Szene mussten die Kommissare einfach ganz dringend den Täter erwischen, da fährt man in Barcelona schon mal weiter. Was mir bei unserem Format gefällt, ist, dass es eine übergreifende Handlung gibt. Der Ober-Böse, also unser Antagonist, spielt in beiden Fällen mit. Eine gute Idee unseres von mir sehr geschätzten Autoren Kai Hafemeister.

Ich sehe es als Aufgabe von mir als Regisseur einen «Barcelona-Krimi» auch wirklich in Barcelona zu verorten, ganz klar. Ich habe viele Innenmotive nach draußen verlegt.
Jochen Alexander Freydank, Regisseur
Würden Sie mitgehen, wenn ich sage, dass die Stadt Barcelona mindestens Nebendarstellerin ist?
Mindestens. Ich sehe es als Aufgabe von mir als Regisseur einen «Barcelona-Krimi» auch wirklich in Barcelona zu verorten, ganz klar. Ich habe viele Innenmotive nach draußen verlegt. Das entspricht auch dem Lebensgefühl von Barcelona, dass sich dort viel draußen auf der Straße abspielt.

Die Krimireihen von ARD und ZDF sind sehr erfolgreich: «Ein starkes Team», «Helen Dorn», «Wilsberg», die Donnerstags-Krimis im Ersten. Wundert es Sie eigentlich, dass die Privaten noch keine 90-minütigen Krimireihen etabliert haben?
Stimmt. Letztlich fragt man sich immer, wann denn mal eine Krimi-Sättigung eintritt? Dass die Privaten sich hier zurückhalten, fällt mir erst jetzt auf, wo Sie es sagen. Das ist wirklich verwunderlich. Auf der anderen Seite sind diese Krimireihen, die pro Jahr auf zwei oder drei Folgen kommen, auch eine deutsche Erfindung. Eigentlich hat das ZDF damit ja mal angefangen. Ich weiß noch, dass ich nach meinen Oscar-Gewinn einen «Tatort» inszeniert habe und in IMDB tauchte dann als Verweis „Serie, 1 Folge“ auf. Mein Agent in Amerika war sofort entsetzt. Er dachte ich wäre nach einer Folge irgendwo rausgeflogen. In Amerika kennen die Leute das Prinzip dieser Reihen eher nicht – es gibt nicht mal ein wirkliches Wort dafür. Ich musste meinem Agenten also ein bisschen was erklären (lacht).

Sie haben für RTL «Das Joshua-Profil» gedreht. Sebastian Fitzek steht als Buchautor für alles andere als leichte Kost. Wie krass wird der Film?
Die FSK muss noch drüber schauen (lacht). Aber alles gut. Buchadaptionen sind immer ein langer Weg – ohne Frage. RTL hat mit uns zusammen hier aber ganz tolle Arbeit geleistet und ist, wie ich es wahrgenommen habe, wirklich sehr zufrieden. Wir hatten kürzlich die Abnahme. Ein paar Kleinigkeiten sind noch tun, dann ist der Film fertig. Es war spannend für mich, mal wieder einen Thriller zu drehen. Der Film ist unterhaltend und gleichermaßen hochaktuell. Es geht ja um Überwachung und somit um ein Thema, das heutzutage größte Relevanz hat.

Können Sie schon etwas über die nächsten Projekte sagen?
Ich werde erst einmal Urlaub machen. Ich habe in diesem Jahr drei 90-Minüter gedreht, also ziemlich viel gearbeitet. Erst danach schaue ich wieder nach vorne. Ich freue mich aber auf alles, was kommt.

Schönen Urlaub!

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Es gibt 2 Kommentare zum Artikel
Sentinel2003
26.10.2017 19:16 Uhr 1
Wenn man nur daran denkt, das RTL tatsächlich mal eine Phase hatte, Mittwochs deutsche Filme zu Senden....das ist echt lange her....und Pro 7 Donnerstags.
Kaffeesachse
26.10.2017 19:35 Uhr 2
Ah ja, das komische Logo ist weg, der Herr nun selbst im Bild. Wollte schon fragen, was das da verloren hat.

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