Hingeschaut

«Sing meinen Song»: Never change a winning show!

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Bis auf die Moderation lässt VOX auch in der vierten Runde seiner höchst erfolgreichen Musiksendung nahezu alles unverändert und macht damit zumindest mal nichts falsch. Dass der Auftaktfolge über weite Strecken das Überraschungsmoment abgeht, könnte sich aber noch als Problem erweisen.

Infos zur neuen «SmS»-Staffel

  • Neue Gastgeber: Alec Völkel und Sascha Vollmer (The BossHoss) statt Xavier Naidoo
  • Teilnehmer: Mark Forster, Gentleman, Moses Pelham, Stefanie Kloß (Silbermond), Lena, Michael Patrick Kelly
  • Präsentierte Songs der ersten Folge: "Oh Love" (Pelham), "Natalie" (Lena), "Flash mich" (The BossHoss), "Au Revoir" (Kloß), "Flüsterton" (Kelly), "Ich trink auf dich" (Gentleman)
Die Hitschmiede VOX ist zuletzt ein wenig ins Stocken geraten, als die Talkshow «The Story of My Life» am Dienstagabend kaum Zuspruch fand und dem Sender nach längerer Zeit mal wieder einen großen Flop im Bereich der Eigenproduktionen bescherte - wie gut, dass man mit «Sing meinen Song» schon vor drei Jahren einen echten Hit hat installieren können, der in den kommenden zwei Monaten Topquoten am Dienstagabend garantieren dürfte. Und den möchten sich die Programmverantwortlichen offenkundig auch genauso erhalten, wie er in den Vorjahren hervorragend funktioniert hat - mit der kleinen Ausnahme, dass Xavier Naidoo die Moderationsrolle an Alec und Sascha von The BossHoss weiterreicht.

Und damit einher gehen zwei sanfte Veränderungen, die nicht weiter ins Gewicht fallen: Statt des bedeutungsschweren Naidoo-Gejammers in deutscher Sprache ertönt nun das Intro auf Englisch ("Sing My Song") und wird in einer locker-flockigen Country-Version vorgetragen, die in typischer Manier der beiden den Zuhörer eher dazu veranlasst, noch ein Bierchen zu köpfen. Passt so weit. Und auch der zweite Diminutiv einer Veränderung lässt sich eigentlich ganz gut an: Am Ende der Show kommt es nun nicht mehr zur rituellen Prothea-Übergabe mitsamt eines latent unfreiwillig komischen Feelings irgendwo zwischen Pastewkas "Roseninder" und einer Hochzeit, sondern es wird eine Ukulele für den Song des Abends weitergereicht. Passt sogar deutlich besser zu einer Musikshow als vorher.


Erkenntnis des Abends: Der Xaverl fehlt nicht


Ohnehin lässt sich als vielleicht größte Erkenntnis der ersten neuen Folge diejenige benennen, dass Naidoo zu keinem Zeitpunkt wirklich fehlt. Und das sei an dieser Stelle einmal ohne Tunnelblick auf dessen problematisierungswürdiges Geschwurbel rund um vermeintliche Bundestags-Marionetten oder seine Musik festgehalten, denn als Gastgeber der Sendung hat er bislang zweifellos einen guten Job gemacht. Können Alec und Sascha aber auch problemlos, wie sie gleich am ersten Abend in beeindruckend lässiger Manier unter Beweis stellen. Vielleicht geht es nun ein wenig launiger vonstatten, vielleicht ein bisschen weniger "deep" in den emotionalen Gesprächsmomenten, aber im Großen und Ganzen ändert sich der Tonfall auf der Couch überhaupt nicht.

Weiterhin sprechen die Musiker über ihre Beziehung zur Musik, zur Art und Weise, wie ihre Songs entstanden und mit welchem Hintergedanken sie geschrieben und produziert wurden, über kleine Kuriositäten und Anekdoten in ihrem Musikerdasein und über viele andere Dinge, über die man unter Freunden und Kollegen wohl eher auch dann spricht, wenn eine Kamera mitläuft, als unter dem schlagzeilengierigen Journalistenauge in einem 1:1-Interview. Das ist gut so und hat «Sing meinen Song» seit je her zu einem besonderen Konsumerlebnis gemacht - neben der Cover-Versionen natürlich. Und so recht verblüffend ist es letztlich auch nicht, dass sich das Format auch unter einer veränderten Moderation trägt, läuft es doch anderswo gänzlich ohne festgeschriebenen Moderator.


Zur Musik: Wo ist der Underdog?


Bei der Auswahl des "Künstlers der Woche" hat man sich an dem Erfolgsmodell der vergangenen Jahre orientiert und mit Mark Forster eine bekannte Persönlichkeit auserkoren, die sich im Mainstream sehr wohl fühlt und sich im Fernsehen nicht gerade rar macht. Und so performt das weitere Teilnehmerfeld wie gewohnt jeweils einen Titel des Popsängers, wobei natürlich im typischen Duktus der Show alle Versionen kollektiv für toll und überaus einzigartig befunden werden. So recht mag allerdings bis auf Stefanie Kloß' (Foto) Chanson-artige Interpretation von "Au Revoir" direkt zu Beginn aber kaum etwas in Erinnerung bleiben, was dort an diesem Abend dargeboten wurde. Mag daran liegen, dass das musikalische Gesamtwerk von Forster nun nicht gerade reich bestückt ist mit besonders kantigen Titeln, mag an einer Inspirationshemmung der Anderen liegen, die in den kommenden Wochen dann vielleicht auch wie weggeblasen sein wird. Schön ist auf jeden Fall die Mischung an Tracks, denn neben besagtem Hit und "Flash mich" werden auch wieder unbekanntere (Alben-)Titel vorgetragen, sodass diese vielleicht ihren späten Frühling erleben können.

Ein wenig bedauerlich nach den Erfahrungen der vergangenen Jahre ist es aber in jedem Fall, dass es in diesem Jahr keinen wirklichen "Underdog" gibt, der außerhalb einer ganz kleinen Nische keinem Zuschauer etwas sagen dürfte. Gregor Meyle und Seven, vor allem aber Daniel Wirtz in Staffel zwei, erkannten immerhin besser als viele etablierte Akteure das Wesen und einzigartige Potenzial der Show, mit kreativen Eigenkreationen ein ganz neues Hörerlebnis zu schaffen - und gaben dem Format überdies diesen sehr beliebten "in einer Show vom Tellerwäscher zum Millionär"-Touch, als Meyle, Wirtz und Seven plötzlich mit bisweilen mehreren Alben und Songs in den Charts vertreten waren. Diesmal hingegen trifft sich lediglich das Musik-Establishment, wobei mehrere der Acts derzeit eh von TV-Präsenz zu TV-Präsenz rasen. Kein Drama für das Gelingen des Projekts, aber schade.

Schwierig zu vermitteln wird den Zuschauern auch die Anwesenheit von Moses Pelham (Foto) sein, sollte er auch in den kommenden Wochen weiterhin kaum oder sogar überhaupt nicht singen, sondern nur in DJ-Manier hinter "seiner" Sängerin Cassandra Steen stehen und ein paar obsolete Handbewegungen machen. Als Produzent nimmt er sicherlich eine Sonderrolle in der Show ein, hat jedoch zugleich auch schon einige Male selbst Musik vorgetragen - und sollte doch in einem so auf einmalige Gesangserlebnisse abzielenden Foramt zumindest partiell selbst singend oder rappend in Erscheinung treten. Sonst nämlich hätte man auch direkt Steen selbst dort auf der Couch platzieren können, die selbst eine bekannte Musikerin ist.

Nach der ersten Folge: Wo würden Sie die neue «Sing meinen Song»-Staffel einordnen?
Sie ist besser als alle vorherigen Staffeln.
18,5%
Auf genau demselben hohen Niveau wie die vorherigen.
43,9%
Immer noch ganz nett, aber der Reiz lässt ein wenig nach.
22,0%
Gar nicht gut, es geht deutlich bergab für das Format.
6,6%
Vermag ich nicht zu beurteilen.
9,1%


Fazit: Die Sendung läuft - noch?


Und so bleibt unterm Strich ein Gesamtbild der Auftaktfolge hängen, das von einem hohen Maß an Routine geprägt ist: Ja, das was man dort zu sehen und hören bekommt, funktioniert auch weiterhin und unterhält mit einfachen Mitteln gut. Doch nachdem bereits die vergangene Staffel im Durchschnitt nicht mehr ganz so erfolgreich lief wie 2015, könnte sich VOX allmählich mit der Frage konfrontiert sehen, wie lange sich das alles noch wirklich stark trägt. Nach diesem Dienstagabend lässt sich zunächst einmal festhalten, dass man Xavier Naidoo keine Träne nachweinen muss, The BossHoss sehr locker und zugleich souverän durch den Abend führen und die Künstler ohne große Anlaufschwierigkeiten miteinander interagieren, was schon einmal für eine gute Zeit in den kommenden Wochen spricht.

Zugleich hatte die Mehrzahl der Darbietungen aber nicht unbedingt den großen Highlight-Charakter, dass man schon jetzt die vierte Staffel als Selbstläufer abhaken könnte, die VOX wieder ganz nach oben im Quoten-Ranking katapultiert. Und so wird es auch von der Eigendynamik der kommenden Wochen abhängig sein, wie stark sich das bewusst nahezu unverändert gehaltene Konzept auch im vierten Anlauf wird tragen können.

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