Die Kritiker

«Friesland – Krabbenkrieg»

von

«Friesland» macht ein qualitatives Auf und Ab durch. Wo landen die Nordlichtermittler am Ostersamstag?

Cast und Crew

  • Regie: Markus Sehr
  • Darsteller: Florian Lukas, Sophie Dal, Theresa Underberg, Holger Stockhaus Felix Vörtler, Friederike Linke, Roman Knizka, Patrick Joswig, Bodo Haack, Marita Breuer, Christian Näthe, Florian Panzner, Jürgen B. Heinrich
  • Drehbuch: Timo Berndt
  • Kamera: Andreas Köhler
  • Schnitt: Stefen Schmitt
  • Musik: Tobias Wagner, Steven Schwalbe
  • Produktionsfirma: Warner Bros. International Television Production, Germany
Die Primetime-Lokalkrimis der ZDF-Reihe «Friesland» haben qualitativ innerhalb weniger Filme einen enormen Gezeitenwandel durchgemacht: 2014 clever als visuell düster-ernste, inhaltlich aber sehr wohl humorige Edelantwort auf den Schmunzelkrimi-Wahnsinn gestartet, stellte die dritte Folge 2016 einen gewaltigen Ausrutscher dar. Der Einstand von Timo Berndt als «Friesland»-Autor ließ Timing und Finesse missen – im Februar dieses Jahres folgte dann aber quasi die Entschuldigung: Wie schon beim grausigen «Klootschießen» führte Markus Sehr Regie, Timo Berndt lieferte das Skript ab. Dieses Mal jedoch musste sich das Duo nicht hinter den starken Anfängen dieser Reihe verstecken.

Und damit hat das Hin und Her kein Ende. Denn mit «Krabbenkrieg» kommt nur kurze Zeit später der dritte «Friesland»-Krimi von Sehr und Berndt auf die Mattscheiben – und dieser Neunzigminüter siedelt sich qualitativ zwischen seinen Vorgängern an. Tonal wiederum schlägt die Warner-Produktion neue Wege ein: Ausgabe fünf spült den komödiantischen Einschlag der ZDF-Reihe, von wenigen Brocken abgesehen, hinfort. Die dramatischere Haltung sorgt für Abwechslung im «Friesland», allerdings kommt den zentralen Figuren nun, da sie ihren Humor dämmen, ein gutes Stück ihrer Persönlichkeit abhanden. Denn als ernüchternden Ausgleich für den verlorenen Witz haben Sehr und Berndt hauptsächlich redselig-trockene Erklärungen parat.

Aber alles mal hübsch langsam: Gewaltverbrecher Arne Terjehusen, ein alter Rivale von Streifenpolizist Jens Jensen, bricht kurz nach seiner Haftentlassung bei Hobby-Rechtsmedizinerin Insa Scherzinger ein und wird auf frischer Tat ertappt. Er attackiert Jensen – und dessen Kollegin Süher Özlügül erschießt den Angreifer aus Nothilfe. Die geschockte Ermittlerin befindet sich daher im Fokus eines Routineverfahrens, zwecks Überprüfung, ob ihr Handeln nötig war. Özlügül indes geht auf eigene Faust den Hintergründen des rätselhaften Abends nach. Bald darauf wird der Leichnam Terjehuses bei Fischhändler Heulinger auf Eis gefunden – jemand wollte dem "Krabbenkönig" offenbar drohen. Die Verdächtigen sind zahlreich, ist das Krabbengeschäft doch ein regelrechtes Haifischbecken …

Während die Kameraarbeit Andreas Köhlers den überdurchschnittlich ausgereiften Stil der Reihe am aufrecht erhält, wird der zentrale Kriminalfall sehr schwerfällig auseinander gepuhlt: Der vor Jahren im deutschen Blätterwald rauf und runter analysierte Umstand, dass Nordseekrabben erstmal nach Afrika verschifft werden, um geschält und dann zurück verfrachtet zu werden, dient als Aufhänger in diesem Fall über Preisdumping, eisernes Konkurrenzdenken und flexible Moralität. Die entsprechenden Erklärungen wiederholen sich, sind zumeist sehr spröde geschrieben und oft unmotiviert vorgetragen – und auch die Täter- sowie Motivsuche erfolgt in einem vergleichbar lustlosen, unattraktiven Duktus.

Jedoch verleiht Sophie Dal als vom tödlichen Nothilfeschuss emotional gedämpfte Streifenpolizistin dem Krimi wiederholt eine nachvollziehbare, dramatische Zwischennote, während Florian Lukas als Jens Jensen den wenigen verbliebenen Humor der «Friesland»-Reihe treffsicher rüberbringt – etwa, wenn er sich goldig um einen Igel kümmert oder partout nicht über den ökologisch fragwürdigen Fußabdruck von Nordseekrabben hinweg kommt. Somit ist «Friesland» dieses Mal vor solch einer Ebbe wie zwei Ausgaben zuvor bewahrt – aber an die Höhen der Reihen reicht Folge fünf trotzdem noch lange nicht heran.

«Friesland – Krabbenkrieg» ist am 15. April 2017 ab 20.15 Uhr im ZDF zu sehen.

Kurz-URL: qmde.de/92505
Finde ich...
super
schade
80 %
20 %
Teile ich auf...
Kontakt
vorheriger Artikel«Born to Kill»: RTL Crime porträtiert bekannte Serienkillernächster ArtikelScripted Reality rein, «Hold» raus: Neuer Vormittag mit Licht und Schatten
Schreibe den ersten Kommentar zum Artikel
Weitere Neuigkeiten

Optionen

Drucken Merken Leserbrief




E-Mail:

Quotenletter   Mo-Fr, 10 Uhr

Abendausgabe   Mo-Fr, 16 Uhr

Datenschutz-Info

Letzte Meldungen

Werbung

Mehr aus diesem Ressort


Jobs » Vollzeit, Teilzeit, Praktika


Surftipp


Surftipps


Werbung