Die Kritiker

«Dit is Fußball»: Ein nicht ganz so rundes Vergnügen

von   |  2 Kommentare

Fußball und Komödie sollte eigentlich ein Selbstläufer sein. Dennoch stehen der neuen Tele5 Comedy «Dit is Fußball» typischer Klamauk und zweidimensionale Figuren im Wege.

Hinter den Kulissen

  • Idee und Drehbuch: Oliver Riechel
  • Regie: Sophia Bösch
  • Darsteller: Martin Semmelrogge, Joanna Semmelrogge, Teresa Schergaut, Nadine Pape, Lilly Menge, Kevin, Davide, Axel, Otto, Robyn
  • Produktion: Anke Schiemann, Niklas Warnecke, Konrad Wolf, Andrea Wohlfein
Komödien, Sitcoms oder Comedy-Serien hatten es im deutschen Fernsehen nie leicht. Insbesondere serielles, komödiantisches Erzählen benötigt generell Zeit, vielleicht mehr als alle anderen Fernseh-Genres, damit sich Charaktere entwickeln können, ihren richtigen Rhythmus finden und auch dem Publikum ans Herz wachsen, damit der Zuschauer über sie und mit ihnen lachen kann. Man denke nur an die ersten Staffeln von «Die Simpsons», «Eine schrecklich nette Familie» oder an ein Beispiel aus der jüngeren TV-Geschichte namens «Parks and Recreation». Diese Serien hatten sicherlich keine schlechten Einstiege, aber sie fanden erst mit den ersten zwei bis drei Staffeln langsam einen sicheren Stand.

An den wenigen Versuchen lag es jedenfalls nicht, dass kaum ein deutsches Comedy-Format einen dauerhaften Erfolg gefunden hat: Die deutsche Senderlandschaft hat es mit klassischen Mulit-Cam Sitcoms versucht, die mit dem netten Gelächter im Hintergrund unterlegt sind, welches genau im richtigen Moment dem Fernsehpublikum mitteilen sollte, wann es zu lachen hatte. Aber auch mit der in den USA und Großbritannien schon länger etablierten Form der Single-Camera Sitcom. Nur mitlachen wollte scheinbar kaum jemand. Nichts davon hat wirklich geklappt, zum einem wegen rigoroser Zuschauerverweigerung, vielleicht aber auch weil kaum eine dieser Serien wirklich gut bzw. witzig war (auch wenn das oftmals im Auge des Betrachters liegt). Möglicherweise weil sich auch der ein oder andere Diamant noch im Rohschliff befand und keine Zeit hatte, wirklich zu glänzen. Abseits von der britischen Serie «The Office» adaptierten Mockumentary «Stromberg» und dem chronischen Bademantelträger «Dittsche», bleibt es schwer, jüngere, deutsche Comedy-Perlen aus dem Gedächtnis zu fischen. Immerhin findet man immer noch ein oder zwei Zeilen in dem ein oder anderem Privatgespräch, welche Olli Dietrichs herrlich authentische Performance belobigen. Oder das ein oder andere Grinsen, wenn an einen besonders haarsträubenden Spruch gedacht wird, den Christoph Maria Herbst einem seiner Bürokollegen gedrückt hat.

Von allen Sendern da draußen hat es ausgerechnet Tele5 auf sich genommen, einen kleinen, bescheidenen Beitrag zur dieser kleinen, bescheidenen, deutschen TV-Comedyserienwelt zu leisten, um daran vielleicht etwas zu ändern. Auch in unscheinbaren Ecken lässt sich schließlich oftmals Interessantes erzählen. Das Team hinter der Produktion wirkt jedenfalls jung und frisch genug für ein ebenfalls junges und frisches Format. Produziert wird die Serie «Dit is Fußball» nämlich von der Produktionsfirma Instant Waves Media GmbH und von der Filmuniversität Babelsberg. Ebenfalls ungewöhnlich für ein deutsches Format, dass die Comedy nach dem eher USA-typischen Showrunner-Prinzip konzipiert ist. Den Job übernommen hat der 32-jährige Oliver Rieche, der an der Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf Filmemachen studiert, die Idee zur Serie entwickelte, die Drehbücher schrieb und sich als Showrunner noch um viele andere Dinge kümmert.

Worum es geht, steht beim Lesen des Titels wohl außer Frage. Fußball ist das Wort, Fußball ist der Sport und selbstverständlich auch der Aufhänger, um den sich alles dreht. Abseits vom Spiel soll das Biotop um den Berliner Fußballverein SBC-Torpedos erfasst, beleuchtet, und wahrscheinlich auch parodiert werden. Fans von Kreisliga-Spielen finden sich hier wahrscheinlich leicht wieder: die vereinzelten, einsamen Persönlichkeiten, die man bei jedem Spiel sieht, die ihrem Team manchmal mehr, manchmal weniger enthusiastisch zujubeln. Ansonsten bietet sich natürlich viel freier Platz in den Zuschauerreihen. Das soll sich nun ändern: Auch wenn Trainer Dieter lieber in der Spielhalle versackt, als beim Spiel anwesend zu sein, auch wenn sich die Spieler selbst ihre hanebüchene Spieltaktik zusammenschustern müssen, die nach nicht allzu langer Spielzeit im Chaos versinkt, möchte Club Manager Joe Teffla (Martin Semmelrogge) sein Team aus dem Tief wieder zurück an die Oberfläche ziehen. Das gleiche Ziel verfolgen auch die selbst getauften "Ultraletten", die vier Frauen Betty (Nadine Pape), Marie (Teresa Schergaut), Krissi (Joanna Semmelrogge) und Niki (Lilly Menke), die alles für den Verein tun würden und dafür auch den notwendigen Respekt verlangen.

Regisseurin Sophia Bösh tut ihr Möglichstes, damit man der Inszenierung keine Biederkeit anmerkt. Die Kameraeinstellungen bleiben wackelig, passen aber zu der authentischen und rauen Dynamik, um die sich die Serie bemüht. Diese beißt sich jedoch extrem mit den äußerst überzogen geratenen Figuren und den klamaukhaften Situationen, in die sie geraten. Es ist durchaus löblich, dass Rieche versucht, mit alten Fußball-, Männer- und Frauenklischees aufzuräumen, auch wenn es etwas holzhammerartig daherkommt, wenn die vier Ultraletten sich beim Saufen und Rauchen über die richtige Fußballtaktik für ihren Verein austauschen sowie über den Job und die Männer lästern. Vielleicht wirkt es auch einfach ein wenig plump, weil es ungewohnt ist, diese Rollenverteilung gerade in einem fußballerischen Kontext zu sehen. Denn die Männer bzw. Spieler des SBC-Torpedos kommen geschwächt von ihrem Fußballspiel in die Kneipe, und beschweren sich über Freundinnen, die sich nach einem harten Arbeitstag ganz unflätig und unromantisch am Schritt kratzen. Das ist ein durchaus niedlicher Rollentausch und Unterwanderung von den gängigen Geschlechterklischees, auch die Darstellerinnen wirken überzeugend, ohne völlig ins Prolo-Getue abzugleiten. Ob sich abseits einer netten Spielerei noch viel mehr daraus entwickelt, bleibt abzuwarten.

Aufwachen, Potential!


Das Potential von «Dit is Fußball» schlummert in den kleineren Szenen, etwa in der eingangs beschriebenen, wenn eine etwas einfältige Fußballmannschaft versucht, eine Strategie für den nächsten Sieg auszuklamüsern. Auch wenn Timing und Rhythmus der Szene noch etwas außer Takt geraten sind, bekommt man doch einige nette Aktionen und Reaktionen von den Figuren und ihren Darstellern geboten (unter anderem: Nikolaus Sternfeld, Frederik Günther, Paul Gäbler, Márton Nagy und Ingmar Böske). Dennoch driftet man zu gerne und zu oft ins Überzogene und Klamaukhafte, etwa beim Spiel selbst, wenn das Ganze in eine unmotivierte Prügelei ausartet. Auch wenn Martin Semmelrogge mit einem koketten Lächeln das Geschehen noch einmal mit dem Titel und der Hauptthese der Serie, nämlich «Dit is Fußball» kommentiert, ergibt sich daraus trotzdem nicht mehr Sinn oder Unsinn.

Semmelrogge selbst ist ein Alt-Rocker, wie er im Buche steht, der mit seinen 60 Jahren immer noch auf seinem Motorrad zum Spiel rollt. Ein Charakter, der natürlich nicht nach Jedermanns Geschmack ist, aber auch das ist okay. Doch sein Fußballclubbesitzer Joe bleibt in dieser ersten Episode bestenfalls zweidimensional und mehr oder weniger die exzentrische und großspurige Figur, die wir alle kennen. Was ihn aber interessant machen könnte, wäre zu erfahren, was hinter diesem hochmütigem Verhalten steckt, was ihn antreibt, den Verein zu retten und wieder zu den alten Erfolgen zurückzuführen. Denn nur auf diese oder ähnliche Weise werden karikaturhafte Sketch-Charaktere zu Figuren, die dem Zuschauer in der dritten Dimension Gesellschaft leisten und das muss auch, oder gerade in einer Comedy-Serie zu finden sein.

Immerhin hat der SBC-Spieler Otto (Márten Nagy) die Gelegenheit für eine durchaus eindrucksvolle zweisekündige Semmelrogge-Parodie und um das zirkushafte Geschehen um ihn herum zu kommentieren. Denn wenn das Absurde etwas benötigt, dann zumindest ein auf dem Boden gebliebener Hauptcharakter, eine Identifikationsfigur für den Zuschauer, der die Handlung nicht zu sehr in das Alberne hinweg driften lässt.

Entwicklungen dieser Art mögen alle noch kommen, deswegen sollten Fußballfans oder Komödienfans, die dem liebsten deutschen Zeitvertreib nicht abgeneigt sind, nicht gleich die Flinte ins Korn werfen. Denn wie schon erwähnt, auch Comedy braucht Zeit, um Figuren richtig auszuarbeiten und ihnen anschließend das passende Material zur Verfügung zu stellen. Viel Zeit bleibt Showrunner Oliver Riechel in den noch folgenden drei Episoden leider nicht dafür. Dieser hat sich selbst die nicht einfache, wenn nicht sogar unmögliche Aufgabe auferlegt, sehr viele Figuren in knapp 20 Minuten einzuführen und auszuarbeiten, was hier unglücklicherweise nicht immer gelingt.

Die neue Tele 5-Comedy startet am Samstag, 27. August 2016 um 19.45 Uhr.

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Es gibt 2 Kommentare zum Artikel
Gnutzhasi
26.08.2016 16:21 Uhr 1
Der Termin wirkt unglücklich gewählt!
Quotermain
27.08.2016 08:34 Uhr 2
Tele5, mit so viel Elan gestartet, sendet jetzt schon Studentenprojekte, die offenbar auf nem Bierdeckel entstanden?

Schade um diesen Sender.

Das soll in Deutschland spielen: Warum haben die Darsteller durchgängig Namen die Ami-Sitcoms nachempfunden sind? Joe, Betty, Marie(y), Crissy; Niki? Laut Imdb kommt noch ein Typ vor den sie "Butch" nennen.

Stellt sich die Frage, ob die Serie nicht nen Remake einer amerikanischen Serie sein könnte, in der es um ne Hinterwäldler-Footballmannschaft in Ohio geht.



Ich würde es schon wegen Semmelrogge nicht sehen wollen, da schon eher Willi Thomczyk, aber das wäre ja Ruhrgebiet und nicht so Hipster wie Berlin.
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