Die Kritiker

Sonne, Strand und «BTN»-Sternchen

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Lässt sich der Erfolg der Berliner WG auch in die Primetime übertragen? RTL II macht den Versuch und verzichtet dabei nicht auf bestimmte Erfolgsfaktoren. Dazu zählt auch Pia Tillmann.

„So froh“ – ja Meike ist so froh. Weg aus Berlin zu sein, Alina zu sehen. Die Sonne zu spüren. Und wieder eine eigene Sendung zu haben. RTL II wird in den kommenden sechs Wochen ausprobieren, in wie weit man die Geschichten aus der Vorabendsoap «Berlin – Tag & Nacht» auch auf die Primetime ausweiten kann. Der Gedankengang dahinter: Wenn allein nur die «BTN»-Fans einschalten, dann kommen 1,2 bis 1,3 Millionen Zuschauer zu Stande, was selbst zur besten Sendezeit für eine ordentliche Quote reichen würde. Die Vergangenheit lehrt, dass so etwas aber kein Selbstläufer ist. RTL hatte mit «Großstadtträume» im Jahr 2000 eine Weekly ausprobiert, die einige (Ex-)Charaktere aus dem Vor- in den Hauptabend begleitete. Nach nur sieben von eigentlich 26 Episoden war damals aber Schluss.

Das ist lange her und interessiert Figur Meike (gespielt von RTL-II-Allzweckwaffe Pia Tillmann) rein gar nicht. Viel mehr ist sie ja einfach nur froh, weg zu sein vom Stress in Berlin und weg zu sein von ihrer On-Off-Beziehung mit Marcel (Patrick G. Boll), die die Zuschauer des RTL II-Vorabends seit ziemlich genau vier Jahren auf Trab hält. Die Love-Story ist auch das Zentrum der neuen vom Sender offiziell als Telenovela deklarierten Serie; und das, obwohl Marcel in der Auftaktfolge nur in Rückblenden auftaucht. Es wäre ja auch unpassend, dann wäre Meikes Happyness schließlich schnell wieder zerstört.

Sie darf ganze 26 Minuten andauern, dann bekommen die Zuschauer erst ein wildes Gerangel und dann gar eine Prügelei zu sehen. Es geht um Drogen und die vielleicht künftige Flamme von Meike-Freundin Alina scheint irgendwie in das Ganze verwickelt zu sein. Ohnehin hat sich Alina in Ibiza wohl in Kreise begeben, die nicht ganz koscher sind. Zu viel Freude und Fröhlichkeit wäre einer Soap, speziell einer der «BTN»-Macher, auch nicht zuträglich. Stress-Potential gibt es nämlich genug: Alinas neuer Buddy, ein Muskelprotz in Tanktop, hat eine Bar am Strand ordentlich aufgepimpt und somit eigentliche eine Wette mit seinem (Noch-)Besitzer gewonnen. Damit würde die Location nun in sein Eigentum übergehen, doch der eigentliche Chef will sich daran natürlich nicht mehr erinnern.

Und Meike? Die wird auch unter der Sonne der Balearen bald von ihren Gefühlen und somit ihrem Kummer eingeholt, was perfekten Stoff für fünf weitere Folgen bietet. All dieser Zwist hat Platz in den ersten Minuten, neben schönen Strandaufnahmen, Bildern von felsigen Küsten (aufgenommen allesamt über an kleine Drohnen geschnallte Kameras) und dem aktuellsten Chartsound. Fernsehkritiker werden die Entwicklung der Serie bis Ende Oktober vor einem anderen Hintergrund interessiert verfolgen. Ist Deutschland denn wirklich schon reif für Scripted Reality in der Primetime? Erste Gehversuche mit den «Privatdetektiven im Einsatz» hatte RTL II schon vor einiger Zeit recht erfolgreich absolviert – mit einer eigenen Soap schaltet man diesen Innovationsmotor noch eine Stufe höher.

Auch wenn Produktion und Sender betonen, dass das Budget für die 20.15-Uhr-Serie höher gewesen sei als für die Daily am Vorabend, so ist augenscheinlich, dass man immer noch günstiger produziert hat als bei klassischer Fiction. Setzen sich solche Formate nun wirklich durch, dürfte der Kostendruck für den Otto-Normal-Produzenten nicht gerade abnehmen. Und genau deswegen ist «Meike & Marcel – Weil ich dich liebe…» eines der spannenderen Projekte dieses TV-Herbst …

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