Popcorn & Rollenwechsel

Vom Faul- zum Arbeitstier

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Kevin Smith wandelt sich zum Workaholic und kündigt neuerdings Filme am Fließband an. Ein Grund zur Freude für Fans des «Dogma»-Regisseurs?

Erst wollte er aufhören, jetzt ist er nicht mehr zu stoppen: Kultfilmer Kevin Smith wandelte sich in den vergangenen Monaten von der beleidigten Leberwurst zum Workaholic. Frustriert von der Kritikerschelte, die ihm die Komödie «Cop Out – Geladen und entsichert» einbrachte, und genervt von den harschen Reaktionen auf seine Marketingstunts rund um den Thriller «Red State», drohte Smith, bald seine Tätigkeit als Regisseur an den Nagel zu hängen. Doch dann hat ihn eine Muse geküsst – oder ein wilder Affe gebissen. So oder so: Der 44-Jährige lieferte in rasantem Tempo den durchgeknallten Horrorstreifen «Tusk» ab, filmte kurz danach den Ableger «Yoga Hosers» und bestätigte, bald am Horror-Episodenfilm «Holidays» mitzuwirken.

Zwischendurch verkündete der «Clerks»-Macher diverse andere Filmideen, die er gerne anpacken würde – wie etwa die rabenschwarze Weltuntergangskomödie «Helena Handbag». Diese scheint nun aber erstmal auf der Ersatzbank zu ruhen, denn Smith teilte seinen Fans via Twitter mit, nun einen genauen Plan zu haben, was seine vier nächsten Werke sein werden: Im kommenden Mai will Smith «Clerks III» drehen, von September bis Weihnachten folgt die Arbeit an seinem mehrmals verschobenen Hockey-Drama «Hit Somebody», ab Februar 2016 ist die Gruselgroteske «Moose Jaws» dran und danach eine Fortsetzung seines mittlerweile zum Kult gewordenen Kinoflops «Mallrats».

Als Bewunderer zahlreicher Smith-Filme müssten mich diese Versprechungen eigentlich in Euphorie versetzen. Jedoch ist Kevin Smith nicht mehr derselbe Filmemacher wie zu der Zeit, als ihn zahllose Filmfans entdeckten. Seit die frivole Romantikkomödie «Zack and Miri Make a Porno» weit unter den wirtschaftlichen Erwartungen abschnitt, ist Smith – zumindest auf dem Regiestuhl – wie ein trotziges Kind. Während er hinsichtlich seiner Podcasts, Q&A-Touren und Merchandisingartikel noch immer konstruktive Kritik zulässt, schaltet er selbst gegenüber langjährigen Fans und Unterstützern wie den Weinstein-Brüdern auf Durchzug, wenn sie etwas an seinen filmischen Ideen auszusetzen haben.Der Grund dafür: Smith empfand nach der «Zack and Miri Make a Porno»-Enttäuschung, dass er sich von einer Indie-Entdeckung, die imitiert wurde, zu jemandem geformt hatte, der dem Trend hinterherhechelt. Mit «Red State» wollte er daher eine neue Ära in seiner Karriere einläuten – und nur noch Filme drehen, die auch allein er umsetzen würde.

Das ist per se ja schön und gut. Auftragsfilmer, also handwerklich fähige Regisseure ohne eigene Handschrift, haben wir genug. Da muss sich Kevin Smith nicht auch zu einem verwandeln. Das Problem ist: Abgesehen von «Cop Out – Geladen und entsichert» war Smith niemals ein Auftragsfilmer. Er war sonst immer ein ganz individuelles Geschöpf in der US-Filmwelt. Bloß hatte Smith lange Zeit einen kleinen Kreis an Vertrauten, die ihm auf die Finger schauten. Nun aber verlässt sich Smith mehr oder minder auf sich selbst – und plant zudem, Filme im Akkord zu inszenieren. Dabei ist er vielleicht ein origineller Autor, aber nicht gerade der beste Strippenzieher hinter der Kamera – er selbst ist der erste, der das zugibt. Neue Filme nun fast schon rauszurotzen wird seinen Stil nicht unbedingt verbessern.

«Red State» polarisierte Smiths Fans bereits, «Tusk» ist bei IMDb sogar sein am schlechtesten benoteter Kinostreifen. So sehr ich es dem Film-, Comic- und Hockey-Geek auch wünsche, nun am Fließband dafür zu sorgen, sein Ansehen wieder zu reparieren, ich kann nicht anders, als mich zweifelnd und mit etwas Sarkasmus in der Hinterhand zurückzuhalten. Also genauso zu handeln wie viele von Smiths besten Figuren. Naja, wenigstens das dürfe dem Kerl gefallen …

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