Royale ohne Käse, aber in einem leeren Studio

Die Wirkung, die ein gut gestaltetes und passend zur Sendung gewähltes Studio hat, lässt sich schwer überschätzen. Man stelle sich vor, die allabendlichen «TV total»-Ausgaben würden vor dem überdimensionalen Hintergrund stattfinden, den die «Wetten, dass..?»-Showhallen geboten haben. Oder dass die «Tagesschau» aus dem Studio der ProSieben-Boulevardsendung «red!» sendet. Die Größe eines Studios und sein Design sind wie eine Visitenkarte – sie vermitteln dem Zuschauer rasch stellvertretende Informationen über das gerade eingeschaltete Format. Das «Neo Magazin» hatte sich eine perfekte Visitenkarte zusammengebastelt. Sie strahlte aus: „Ich bin eine Nischen-Comedysendung mit rauem Charme und kreativ-ironischem Hang zur Nostalgie“. Doch das «Neo Magazin» ist Geschichte. Lang lebe das «Neo Magazin Royale», das im Grunde nahezu genauso ist wie das «Neo Magazin». Nur dass Jan Böhmermanns Mixtur aus intellektuellem Witz, popkulturellem Nischenhumor und bewusst alberner Provokation zusätzlich zum altbekannten Sendeplatz bei ZDFneo auch einen Termin am Programmrand des großen ZDF erhält.

Und dann wäre da noch eine gravierende Änderung: Das «Neo Magazin Royale» hat die Visitenkarte seines Vorgängers in die Tonne geworfen und sich eine neue gedruckt. Im DIN-A4-Format. Jan Böhmermann scherzt nicht mehr in einer dunklen Kaschemme voller Charakter, sondern in einer geräumigen, leeren Halle. Mit gut gebohnertem, glänzendem Boden. Böhmermann, der das «Neo Magazin» weitestgehend hinter seinem Schreibtisch präsentierte und von dort aus dank des On-Air-Designs seiner Sendung einen Illusionsschimmer der Seriosität ausstrahlte, verliert nun diese Waffe. Stattdessen beginnt er die Sendung mit einem Stand-up im wahrsten Sinne des Wortes, mitten im Studio, das schreiend um mehr Deko bettelt. Dort versucht er, die Balance zwischen hippem Lausbube und Enfant terrible des Feuilletons aufrecht zu erhalten, die seine «Neo Magazin»-Monologe ausmachte.

Inhaltlich hat sich nichts geändert. Böhmermann bleibt sich treu und zieht über Medieninterna und Schlagzeilen her, all dies mit der von ihm gewohnt Attitüde. Irgendwann wandert er zu seinem lieblos vor eine Fototapete gestellten Schreibtisch und liefert weitere Gags ab – auch diese sind thematisch und qualitativ auf dem Level, das schon das «Neo Magazin» bot. Es fehlt nur jegliches Flair. Zudem doppeln sich manche Gags, weil Böhmermann zusätzlich zu William Cohn nun auch Dendemann, den Leader seiner neuen Studioband, als Stichwortgeber und Opfer von Seitenhieben hat.

Eine richtige Verwendung für die Studioband hat die Redaktion anscheinend noch nicht gefunden, zumindest in der Premierenfolge bereichert sie das Format keineswegs. Doch von diesen bedauerlichen Aspekten abgesehen ist der «Neo Magazin Royale»-Einstand gelungen. Es gibt mit dem „Beefträger“ eine potentielle neue Rubrik, die sich Böhmermanns Stärke zunutze macht, staubtrocken auf Shitstorms und negative Kommentare zu antworten. Der neue Vorspann sowie der ihm vorangehende Sketch ist großartig und wird vor allem Fernsehjunkies erfreuen, und dank der Einbindung zweier wichtiger ZDF-Persönlichkeiten in kleinen Cameos bleibt auch das Element der Unberechenbarkeit erhalten.

So unberechenbar, wie die bildundtonfabrik-Produktionen sind, würde sich wohl auch niemand beklagen, wenn kommende Woche die zweite «Neo Magazin Royale»-Ausgabe mit einem völlig neuen, intimeren, effizienteren Studiodesign aufwartet. Zu hoffen wäre es, denn die neue Visitenkarte dieser Comedy ist unhandlich und trübt den bislang perfekten Gesamteindruck.

«Neo Magazin Royale» ist donnerstags ab 20.15 Uhr in der ZDF-Mediathek abrufbar und ab ca. 22.15 Uhr bei ZDFneo zu sehen. Im ZDF erfolgt die Ausstrahlung freitags gegen Mitternacht.