Die Kritiker

Amazon-Check: Sieben Piloten, viel Wegwerfware und ein Funken Genialität

von   |  1 Kommentar

Die Amazon Studios präsentieren aktuell sieben Serienpiloten und lässt das Publikum abstimmen, welche Projekte fortgeführt werden sollten. Quotenmeter.de kämpfte sich durch lahme Comedys, gute Dramedys und serielles Nazigold.

«Cocked»

Cast und Crew von «Cocked»

  • Regie: Jordan Vogt-Roberts
  • Drehbuch: Samuel Baum, Sam Shaw
  • Drehbuch: Sam Trammell (als Richard Paxson), Jason Lee (als Grady Paxson), Laura Fraser (als Hannah), Dreama Walker (als Tabby), Blake Cooper (als Xander), Lili Reinhart (als Marguerite), Diora Baird (als Aubrey)
  • Produktion: Erwin Stoff, Chip Vucelich
  • Kamera: Shelly Johnson
  • Schnitt: Josh Schaeffer
Richard Paxson (Sam Trammell) glaubt, sich endlich befreit zu haben. Aus den Klauen seiner starrköpfigen Familie, die seine pazifistische Ader nie verstanden hat und seine nachdenkliche, friedfertige Gattin (Laura Fraser) nie so wirklich mochte. Aus den Klauen des konservativen, eigensinnigen Landlebens in Virgina. Und aus den Klauen des übermächtigen Familienunternehmens, einer einflussreichen Schußwaffenmarke. Doch dann wird Richard mitten in der Nacht von einem übergeschnappten Mann attackiert, der ihn mit rätselhaften Drohungen überhäuft und ihm sagt, er müsse für seinen Bruder Grady (Jason Lee) büßen. Richard lässt sich einschüchtern und kehrt zurück zu seiner Familie. Dort soll er ihr helfen, das Unternehmen nach einem missglückten Geschäftsidee wieder auf Kurs zu bringen. Ansonsten, so wird Richard eingetrichtert, blühe ihm ein übles Schicksal … Es ist aber nicht so, dass Richard in Virginia besser aufgehoben wäre. Sein Bruder malträtiert ihn, seine Halbschwester Tabby (Dreama Walker) kämpft um mehr Einfluss im Unternehmen und nimmt daher keinerlei Rücksicht auf Verluste und Vater Wade (Brian Dennehy) ist unberechenbar wie eh und je …

Eine dysfunktionale, mächtige Familie, Geschäftsintrigen und die US-Südstaaten in all ihrer schillernden, mäßig toleranten, explosiven Pracht: Aufgrund der verschrobenen, im Detail doch recht originellen Familiendynamik lässt sich «Cocked» zwar keineswegs als «Dallas»-Kopie bezeichnen, wohl aber als Amazons moderne Antwort auf die legendäre Primetime-Seifenoper. Und zumindest die Pilotfolge verspricht deutlich mehr Potential als das 2012 bei TNT gestartete, mittlerweile abgesetzte «Dallas»-Revival. Der melodramatische Camp-Faktor ist deutlich zurückgeschraubt, dafür dürfen die Figuren (insbesondere Jason Lees schleimiger Grady) ihre feisten Eskapaden stylisch ausleben, während die Klischees der schießwütigen Amerikaner mit tiefschwarzem Humor aufs Korn genommen werden. Das Ensemble ist engagiert, die Inszenierung kann sich sehen lassen (auch wenn die Indoor-Szenen stellenweise all zu milchig aussehen) und die Figurenkonstellation macht Lust auf mehr. Die Pilotfolge braucht etwas, um in Gang zu kommen, doch da nun der Plot ins Rollen gebracht wurde, lässt sich hoffen, dass die Serie grünes Licht erhält und dann aus allen Rohren schießen darf.

«Down Dog»

Cast und Crew von «Down Dog»

  • Regie: Brad Silberling
  • Drehbuch: Robin Schiff
  • Darsteller: Josh Casaubon (als Logan Wood), Paget Brewster (als Amanda Asher), Lyndsy Fonseca (als Winter), Amir Talai (als Matt Jobrani), Will Greenberg (als Cody Bochner), Aysia Reiner (als Gabrielle), Andrea Savage (als Dawn Hangli)
  • Produktion: Michael Fuchs, J.J. Jamieson, Richard G. King, Robin Schiff, Brad Silberling
  • Kamera: Igor Jadue-Lillo
  • Schnitt: Stan Salfas
Logan Wood (Josh Casaubon) ist ein Faulenzer und Frauenschwarm, der sich mit einer tüchtigen Prise Glück durchs Leben schlängelt. Neuerdings führt er gemeinsam mit seiner Freundin Amanda (Paget Brewster) ein Yogastudio in Los Angeles. Logans Präsenz im Studio lockt scharenweise Frauen an, und auch seine Kollegin Winter (Lyndsy Fonseca) hat ein Auge auf ihn geworfen. Amanda dreht vor Eifersucht durch und so befindet sich plötzlich Logans erste ernsthafte Beziehung und die Zukunft des Yogastudios auf dem Spiel …

Die von Robin Schiff geschriebene und von Brad Silberling ohne jeglichen Esprit inszenierte Pilotfolge dümpelt 30 Minuten lang vor sich hin. Über den antriebslosen Logan erfährt der Zuschauer kaum etwas, und da er eher wortkarg ist, löst er weder Situationskomik aus, noch sorgt er für Dialogwitz. Die Nebenfiguren sind da schon weniger auf den Mund gefallen, jedoch kennt «Down Dog» nur zwei Modi: Entweder sind die Witze so offensichtlich und flach, dass sie kaum zünden wollen, oder so tief im Redeschwall der Figuren vergraben, dass sie leicht an einem vorbeirauschen können. Man wird einfach das Gefühl nicht los, dass die Prioritäten beim Piloten ganz woanders liegen: Es gibt sehr viel mehr nackte Haut in diesem Comedypiloten zu sehen als gut sitzende Pointen und ansprechende Figuren …

«Mad Dogs»

Cast und Crew von «Mad Dogs»

  • Regie: Charles McDougall
  • Drehbuch: Chris Cole, Shawn Ryan
  • Darsteller: Ben Chaplin (als Joel), Michael Imperioli (als Lex), Romany Malco (als Gus), Steve Zahn (als Cobi), Billy Zane (als Milo), Athena Karkanis (als Sophia)
  • Produktion: Cris Cole, Andy Harries, Suzanne Mackie, Luillo Ruiz, Shawn Ryan
  • Kamera: Nelson Cragg
  • Schnitt: Amy M. Fleming, Robert Komatsu
Basierend auf der gleichnamigen, laut gefeierten britischen Serie rund um eine Männerfreundschaft, die außerordentlich düstere Situationen durchstehen muss, vermengt «Mad Dogs» lockeren und tiefschwarzen Humor, entspanntes Urlaubsflair und Thriller- sowie auch Horror-Elemente: Vier Freunde (Ben Chaplin, Steve Zahn, Romany Malco und Michael Imperioli) wollen es sich in ihren Vierzigern noch einmal gut gehen lassen und reisen nach Belize, wo sie vorhaben, einen alten Bekannten (Billy Zane) zu besuchen. Dieser hat vor einigen Jahren den Sprung in die Welt der Schönen und Reichen geschafft. Seine Traumkarriere mündet allerdings in einen regelrechten Albtraum für ihn und sein Freundesquartett aus vergangenen Zeiten …

«Mad Dogs» erinnert ein klein wenig an zahlreiche Teenie-Slasher über Jugendliche, die im Urlaub in Gefahr geraten. Erst genießt eine Gruppe von Freunden die gemeinsame Zeit vor exotischer Kulisse, sie alle machen Party und nehmen sich gegenseitig auf den Arm. Dann kommt der große Knall und alles wird sehr, sehr finster … Bloß dass das Quintett in «Mad Dogs»] vorab nicht über das College oder die High School, sondern die Midlife-Crisis sinniert, was allerdings sehr bemüht thematisiert wird. Dafür sind die Figuren, obwohl sie sich in eine ungewöhnliche Situation manövrierten, charakterlich geerdet – sie hauen sich auch im ersten, lockeren Teil des Piloten nicht nur in die Pfanne, sondern kritisieren einander für Fehltritte. Die Interaktion in den dramatischeren Passagen überzeugt ebenfalls, auch wenn das Ensemble erst in den letzten 15 Minuten darstellerisch richtig aufdreht. Dafür besticht «Mad Dogs» mit filmreifer Schnittarbeit und tollem Look. Es stellt sich bloß die Frage, weshalb man hoffen sollte, dass Amazon «Mad Dogs» fortführt. Das britische Original ist tabulos, voller gemeiner Twists und weißt gute Produktionswerte auf – was genau will Amazon da anders und besser machen?

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Es gibt 1 Kommentar zum Artikel
bmwtop12
25.01.2015 00:49 Uhr 1
Ich habe für "The man in the high castle" gestimmt. Einfach großartig umgesetzte Literaturverfilmung, bitte fortsetzen.
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