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Das Fernweh der US-Serien

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Immer mehr US-Formate zieht es ins Ausland. Welche Möglichkeiten und Hindernisse dabei für Produktionen wie «Game of Thrones» oder «Homeland» entstehen.

«Game of Thrones»-Drehorte im Ausland (Auswahl)

  • Split & Vrsno, Kroatien
  • Mdina & Valletta, Malta
  • Country Antrim, Nordirland
  • Belfast, Nordirland
  • Marrakesch & Quarzazate, Marroko
  • Dubrovnik, Kroatien
  • Dwejra, Island
  • Doune, Schottland
Weite, glänzende Wüsten, schneebedeckte Täler und tropische Regenwälder - die Szenerien von Filmen und Serien tragen oft erheblich zum Seherlebnis selbiger bei. Wir befinden uns in einer Zeit, in der vor allem hochwertige US-Serien immer mehr aus ihren Produktionen herausholen wollen, um ihren Zuschauern ein Höchstmaß an Qualität zu bieten. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen oft epische Schauplätze her. Leider hat auch ein großes Land wie die USA nicht die gesamte Bandbreite an möglichst schillernden Drehorten zu bieten. Die Lösung für die Serienmacher liegt dann in der Reise ins Ausland, um ihre Visionen zu realisieren.

Mehr US-Serien denn je filmen dieser Tage außerhalb von Nordamerika, besonders die großen Kaliber des Kabelfernsehens nutzen die Möglichkeit an Orten im Ausland zu drehen, die sich für den Fernsehenden später als visueller Leckerbissen herausstellen sollen. Leuchtendes Beispiel für diesen US-Trend ist sicherlich HBOs Hit-Serie «Game of Thrones», die, auch wegen der großartigen Locations, für ihre vierte Staffel zum vierten Jahr hintereinander für einen Emmy nominiert wurde. Der Hauptteil der Dreharbeiten findet in Belfast in Nordirland statt, ihr zweitgrößtes Lager hat das Fantasy-Format sich in Kroatien eingerichtet. Besonders die sehr abwechslungsreichen Landschaften und die mittelalterliche Architektur wäre in den USA unauffindbar gewesen. Zur neuen Staffel investierte die Produktion 17,4 Millionen Euro in ein Upgrade der Produktionsstätte in Nordirland, das 10000 Quadratmeter mehr als zuvor für Dreharbeiten nutzbar macht.

Die Reise ins Ausland stellt für eine US-Serie längst keine Ausnahme mehr dar. Auch scheinbar niedriger budgetierte Shows drehen abseits des Lands der scheinbar nicht ganz so unbegrenzten Möglichkeiten. So entstanden Teile der neuesten «Modern Family»-Staffel beispielsweise in Australien, während «Parks & Recreation» London für seine Dreharbeiten aufsuchte, genauso wie «Elementary». Starz‘ Historienserie «Outlander» nutzte die weiten Landschaften Schottlands für ein außerordentliches Seherlebnis, Showtimes «Penny Dreadful» suchte Irland heim und «Vikings» vom History Channel verlagert seine dritte Staffel auf die Emerald Isles in Kanada.

Unter all den Reiselustigen sticht dennoch Netflix als ambitioniertester Vielflieger heraus. In den nächsten 18 Monaten schickt der VoD-Dienst sein History-Epos «Marco Polo» nach Malaysia, Kasachstan und Italien, «Narcos» über den Drogenbaron Pablo Escobar wird natürlich in dessen Heimatland Kolumbien gedreht und der Verschwörungsthriller «Sense8» nutzt nicht weniger als neun Locations auf vier verschiedenen Kontinenten für seine Sache. Dabei liegt der Fokus von Netflix nach eigenen Angaben klar auf größtmöglicher Kredibilität im Hinblick auf die Geschichten, die seine Formate erzählen. Eine gesamte Staffel im Ausland zu drehen war bis vor kurzem dennoch Neuland für den Großteil aller US-Serien.

Derartigen Projekten mit besonders weiten Reisen nahm sich der Showrunner Howard Gordon im vergangenen Jahr an. Gordon dient nämlich bei gleich drei aktuellen Produktionen als Executive Producer, die ihre Drehs zu großen Teilen oder gleich vollständig nach Übersee verlegten: FOX' «24: Live Another Day» spielte in London und wurde auch in der englischen Hauptstadt gedreht, während die vierte Season von «Homeland» seine Produktion in Südafrika vorantreibt. Außerdem wirkte Gordon auch an der Drama-Serie «Tyrant» bei FX mit, die zwar im fiktionalen Land Abbudin spielt, aber in Israel gedreht wurde. Ursprünglich plante man «Tyrant» in Los Angeles zu drehen, zum Schritt in den Mittleren Osten drängte Gordon die Studios von 21st Century FOX.

Zwar musste die Produktion der Serie aufgrund der erneuten Unruhen in und um Israel in die Türkei verlegt werden, einen Großteil des Drehbuchs in Israel umzusetzen bedeutete, entgegen den Vermutungen der meisten Beobachter, jedoch auch Einsparungen, immerhin hätte man in den USA die exotischen Schauplätze selbst mühevoll errichten müssen. Nach Schätzungen von Gordon hätten die Studios rund 700.000 Dollar gespart, da es in Israel keine Notwendigkeit gab die aufwendigen Sets aus dem Nichts zu konstruieren. Und auch die Länder profitieren durch das Medienaufsehen von den Serien und gewähren selbst hoch-budgetierten Shows wie «Game of Thrones» Kostenabschläge. Solche Boni findet die HBO-Show in Spanien nicht vor, wo Teile der kommenden fünften Staffel gedreht werden. Dafür arbeitet das Land auf der iberischen Halbinsel intensiv mit den Produktionsfirmen zusammen, um die Kosten so gering wie möglich zu halten damit das Land auch etwas vom «Game of Thrones»-Hype profitiert.

Neben den Finanzen eröffnen sich jedoch auch weitere Herausforderungen für die Serien. Den Großteil ihrer Zeit verbringen die Autoren von Serien wie «Tyrant» in Los Angeles. Dadurch entstehen Kommunikationsprobleme zum Set in Israel, denn wenn das Drehteam unverzüglich Antworten auf Fragen im Skript oder zur Umsetzung benötigt, ist es nicht unwahrscheinlich, dass es in den USA gerade früher Morgen ist. So sind die Teams vor Ort teilweise selbst gezwungen Entscheidungen zu treffen, in der Hoffnung es waren die richtigen.

Auch private Umstellungen gehen natürlich mit einem Drehortswechsel einher. Die «Homeland»-Darsteller drehten drei Staffeln lang in den USA, haben dort Familie und ihr soziales Umfeld. Nur die Liebe zur Show ließ sie diese weite Reise auch antreten, auch wenn wohl nicht viele Namen im Cast mit der Entscheidung vollends zufrieden waren. Eine Möglichkeit sich die USA auch ins Ausland zu holen, war im Falle der Showtime-Serie sich Klauseln in den Vertrag schreiben zu lassen, die es ermöglichten Freunde oder Familie mitfliegen zu lassen und ihnen Unterbringung nahe der Drehstätten zu gewährleisten. Möglichkeiten und Hindernisse halten sich also bei einem Dreh im Ausland die Waage. Die Bildgewalt der entstandenen Aufnahmen rechtfertigt jedoch in den meisten Fällen den Auslandsaufenthalt. Der Zuschauer wird es danken.

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