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RTL Nitro-Chef Oliver Schablitzki: „dürfen Spartensender-DNA nicht verlieren“

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RTL Nitro-Bereichsleiter Oliver Schablitzki zieht Bilanz und schaut auf die neue TV-Season. Warum Charlie Sheen erst nach 22 Uhr ran darf, verrät der Senderchef bei uns…

Zur Person: Oliver Schablitzki

Oliver Schablitzki führt RTL Nitro seit Sendestart im April 2012. Der Programmmacher kommt von MTV Networks, wo er zuletzt als stellvertretender General Manager für Nickelodeon Nordeuropa tätig war. Nach einem Studium der Germanistik, Politik sowie Theater-, Film- und Fernsehwissenschaft an der Universität zu Köln, startete der heute 43-Jährige seine Karriere zunächst bei der RTL-Sendergruppe, wo er neun Jahre bei Super RTL tätig war.
Oliver Schablitzki, wie fällt Ihr Fazit der vergangenen TV-Saison aus?
Wenn wir uns die Entwicklung und die Zahlen anschauen, dann darf ich gar nichts anderes sagen, als dass ich zufrieden bin. (lacht) Darauf sind wir natürlich auch ein bisschen stolz. Aber die Erwartungen wachsen – die von außen und die eigenen. Wir kennen alle Beispiele von Sendern, die zunächst nach oben schießen und dann einen Knick erleiden. Unser Ziel ist es, nachhaltig zu wachsen.

Wie groß ist denn die Angst, die schnell gewonnenen Marktanteile genauso schnell wieder zu verlieren?
Auf der negativen Skala ist das Angst. Auf der positiven Skala ist das die Frage, wie wir darüber hinaus weiter Wachstum schaffen können. Da gehen wir sehr strategisch vor. Wir haben unsere Marktanteile fast verdoppelt. Das kam vor allem durch die starke Daytime und die dort laufenden Retro-Serien, die eine starke Fanbase haben. Da haben wir eine Nische besetzt, wo in der Daytime sonst Scripted-Reality dominiert. Dieses Daytime-Wachstum hilft uns, ein Grundrauschen zu generieren. Aber jetzt müssen wir als nächsten Schritt eine Relevanz in der Primetime entwickeln, um die Ergebnisse zu untermauern. Das dauert bei einem kleinen Sender einfach länger.

Die Fragmentierung bereitet innerhalb der Senderfamilie teils auch Sorgen, Sie zählen dagegen zu den Gewinnern dieser Entwicklung…?
Es gibt diesen historischen Satz von unserer Chefin Anke Schäferkordt, die gesagt hat: Wenn der Markt sich fragmentiert, fragmentiere Dich selbst! Der gilt nach zwei Jahren immer noch. Wir wissen um diese Realität der Fragmentierung. Wir versuchen in der Gruppe natürlich, die großen Sender weiter groß zu halten. Aber wenn wir verlieren, versuchen wir möglichst die Marktanteile innerhalb der Sendergruppe zu halten. Das können wir mit einem neuen Sender wie RTL Nitro machen.

Wie wollen Sie sich aus der Nische heraus zeigen?

Bei «Anger Management» beispielsweise würde ein großer Sender den besten Sendeplatz um 20 oder 21 Uhr wählen. Wir werden das mit Sicherheit nicht tun! Denn wir wissen, dass wir zum Beispiel viel eher gefunden werden, wenn wir das um 22 Uhr bringen
RTL-Nitro-Chef Oliver Schablitzki
Wir müssen programmliche Alternativen bieten. Programmplanerisch können wir nicht wie ein Top 5-Sender planen. Bei «Anger Management» beispielsweise würde ein großer Sender den besten Sendeplatz um 20 oder 21 Uhr wählen. Wir werden das mit Sicherheit nicht tun! Denn wir wissen, dass wir zum Beispiel viel eher gefunden werden, wenn wir das um 22 Uhr bringen. Das muss der Weg sein! Das ist manchmal ein bisschen schwer als kreativer Programmplaner. Die Leute beschäftigen sich nicht wie wir den ganzen Tag mit RTL Nitro. Daher müssen wir eine klare Programmstruktur schaffen und diese mit Geduld durchziehen. Unsere Multiplex-Programmierung sieht auf den ersten Blick etwas langweilig aus, aber die funktioniert am allerbesten. Am Mittwoch zum Beispiel zeigen wir «Law & Order: SVU». Das ist eine Serie, die bis heute ein großes Stammpublikum hat. Im Anschluss zeigen wir dann als Deutschland-Premiere «Law & Order: UK». Das ist eine ähnliche Serie, der damit eine gute Rampe gebaut wird und die dann das hohe Zuschauer-Niveau halten kann.

Wie wichtig ist Chalie Sheen denn für Ihr Programm?
Charlie Sheen ist die Comedy-Ikone Nummer Eins – auch durch «Two and a half Men». «Anger Management» ist die Serie, die danach kommt. Von daher gibt es bei den Fans eine große Aufmerksamkeit. Davon wollen wir profitieren. Als kleinerer Sender wissen wir, dass wir weiterhin Bekanntheit und Neugier aufbauen müssen. Das hat bei «Formel Eins» schon gut funktioniert und wird auch mit Sheen funktionieren. Wir werden da sicherlich ganz andere und neue Zuschauer erreichen. Damit ist das Ziel erfüllt.

Wie sieht die Zukunft der Musik-Sendung «Formel Eins» aus?
Wenn wir uns das erste Jahr bei RTL Nitro anschauen, müssen wir ehrlich anerkennen, dass wir mit diesem Retro-Hype ein ganz großes Fanpublikum gewonnen haben. Wir haben schon damals beim Start gesagt: Eigentlich hätten wir das Potenzial, auch mit moderner Musik zu arbeiten, um das Format in die heutige Zeit zu holen. Wir schöpfen aus dieser etablierten Marke das Vertrauen der Zuschauer ab, um das Format nach und nach homöopathisch in die Jetzt-Zeit zu führen. Das werden wir in der neuen Staffel systematisch angehen.

Wie definieren Sie eigentlich die Zielgruppe von RTL Nitro, eher Männer-lästig durch Formate wie «Beef!» und der Do-it-yourself-Show?
Wir sind kein Männersender, sondern haben nur den Schwerpunkt auf den Männern.
RTl Nitro-Chef Oliver Schablitzki
Wir sagen ganz bewusst, wir sind kein Männersender, sondern haben nur den Schwerpunkt auf den Männern. In der Realität unserer Zuschauerstruktur heißt das: Wir haben rund 60 Prozent Männer und 40 Prozent Frauen.

Also nicht so maskulin wie Mitbewerber DMAX?
Wir sind mit dem Männer-Anteil von 60 bis 65 Prozent zufrieden. Beim Markenauftritt wie bei der Programmauswahl fokussieren wir uns dennoch auf ein männliches Publikum. Wir wissen, dass wir auch ein großes weibliches Publikum haben, das wir ebenfalls gerne bedienen. Das ist zum Beispiel beim Genre Crime so, das per se kein männliches Genre ist. Das nehmen wir also ganz bewusst mit, weil wir dieses Potenzial nicht auf der Straße liegen lassen möchten.

Was ist dann Ihr Ziel für die neue TV-Saison?
Es ist natürlich schön, dass wir von allen kleinen Sendern jetzt an der Nummer-Eins-Position sind. Daher ist unser erstes Ziel, diese Position zu halten. Im zweiten Schritt wollen wir das ausbauen. Das ist aber ein großes Ziel. Wir wissen alle, dass das kein Selbstläufer in dem Geschäft ist.

Zum Abschluss: Wo sehen Sie den Sender langfristig?
Wir haben alle so viel Ahnung von der Fragmentierung, wie die Fragmentierung alt ist. Das ist immer Lesen in der Glaskugel. Ich glaube aufgrund unserer Verbreitung, der Programmqualität und der für einen Spartensender relativ breiten Zuschauerstruktur, dass wir noch mehr Potenzial haben, um zu wachsen. Das ist bei anderen Sendern dieser Größenordnung nicht zwangsläufig so. Auf der anderen Seite darf man trotz avisierten Wachstums die jeweilige DNA des jeweiligen Spartensenders nicht aus den Augen verlieren. Das heißt, man darf nicht wie ein großer Sender nur nach Reichweite und Audience-Flow programmieren. Man muss auch dieses Spartenbedürfnis beim Zuschauer weiterhin erfüllen. Das bedeutet manchmal Sendungen einzuplanen, die im direkten Wettbewerb vielleicht nicht so stark sind, für den gesamten Markenauftritt aber prägend sind. Die Lösung für den Sitcom-Abend kann also beispielsweise nicht bedeuten, dass wir unsere zwei, drei Erfolgreichsten rauf und runter spielen, was ja teilweise bei Mitbewerbern der Fall ist.

Und zum Teil auch quotenmäßig Erfolg hat…
Ja, die sind dann erfolgreich. Aber das führt dazu, dass man nicht mehr unbedingt die erste Adresse für neue Programmversprechen ist. Das ist aber gerade die Chance eines kleinen Senders und diese andere Programmierung tut uns nicht weh. Wenn vier Abende gut bis sehr gut laufen und zwei Abende okay, dann darf auch mal ein Abend schlechter laufen. Wir wollen zwar auf Reichweite programmieren, aber dafür nicht unser Markenversprechen aufgeben. Wir wollen auch spitz programmieren. Das war zum Beispiel bei «Breaking Bad» so, das absolut perfekt zu unserem Markenkern passt.

Vielen Dank für das Gespräch, Oliver Schablitzki.

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