Die Kritiker

«Die Fahnderin»

von

Das Krimidrama mit einer starken Katja Riemann in der Hauptrolle präsentiert sich unterhaltsam, vermittelt dem Zuschauer aber ein etwas verzerrtes Bild der Realität im Bereich der Steuerfahndung.

Inhalt


Das Land Nordrhein-Westfalen hat eine CD mit Dateien einer Schweizer Bank gekauft. Dossiers von mehr als 800 Steuersündern befinden sich darauf. Allerdings reicht das Personal der Steuerfahndung nicht aus, um alle Fälle vor Ablauf der Verjährungsfrist abzuarbeiten. Die erfolgreiche Steuerfahnderin Karola Kahane beschließt, einen besonders prominenten Namen aus der Liste herauszugreifen. Ihr Ziel: Endlich soll ein Steuerhinterzieher, der mehr als eine Million Euro nicht angegeben hatte, für den „Diebstahl an der Gemeinschaft“ wirklich ins Gefängnis gehen, wie das der Bundesgerichtshof schon 2012 angesichts zu vieler Bewährungsurteile angeordnet hatte. Zudem hofft sie, dass viele betroffene Kunden der Schweizer Bank Selbstanzeige erstatten, um mit einem blauen Auge davonzukommen.

Ins Visier der Truppe gerät Benedikt Sämann, ein reicher Geschäftsmann und scheinbar ein Wohltäter, von dem zahlreiche Jobs in NRW abhängen. Kahanes Team macht sich an die Arbeit. Und obwohl Sämann offensichtlich gewarnt wurde und viel Beweismaterial vernichten konnte, scheint die Rechnung aufzugehen. Doch dann wendet sich das Blatt: Auf Karola Kahane und ihre Mitarbeiter wird von unterschiedlichen Seiten immer mehr Druck ausgeübt. Selbst vor ihrem Privatleben machen ihre Gegner nicht halt. So scheint auch Karolas Teenagertochter Hanna, die der allein erziehenden Mutter immer mehr entgleitet, von Fremden beeinflusst zu werden. Die Fahnderin spürt: Sämann ist zweifelsohne eine große Nummer in NRW. Zu groß für die gewissenhaften Beamten von der Steuerfahndung?

Darsteller


Katja Riemann («Tatort – Die Wahrheit stirbt zuletzt», «Fack ju Göhte») als Karola Kahane
Maxim Mehmet als Klaus Hartl («Männerherzen», «Unsere Mütter, unsere Väter»)
Heiko Pinkowski als Jochen Busse («Tatort - Wegwerfmädchen», «Die Wanderhure»)
Albrecht Abraham Schuch («Tatort – Allmächtig») als Florian Hofmann
Götz Schubert als Generalstaatsanwalt («Spieltrieb», «Unsere Mütter, unsere Väter»)
Alexander Held als Benedikt Sämann («Die Päpstin», «Der Baader-Meinhof-Komplex»)
Ralph Herforth als Dr. Reglin («Schutzengel», «SOKO Leipzig»)
Waldemar Kobus («Jud Süß», «Stauffenberg») als Schmidt-Rohrbach
Andreas Schröders als Von Henze («Göthe!»,«Lutter»)
Sarah Horváth als Hanna Kahane («Die wilden Kerle 5», «Schneewittchen muss sterben»)

Kritik

Die Idee, einen Film über Steuerhinterziehung der Eliten sowie die Arbeit von Steuerfahndern zu machen, flog dem Ersten nach Bekanntmachung von Uli Hoeneß Konto in der Schweiz förmlich zu. Nachdem der öffentlichkeitswirksame Gerichtsprozess des Ex-Bayern-Präsidenten die Talkshows wochenlang mit Gesprächsstoff versorgte, ist das Thema nach wie vor aktueller denn je. So widmet das Erste am Mittwoch, den 26. März den Steuerfahndern einen Themenabend, der zur Primetime mit der deutschen TV-Produktion «Die Fahnderin» eingeleitet wird. Das prominent besetzte Drama um den Kampf gegen Steuersünder in den Chefetagen versucht dabei die Brücke zu schlagen zwischen realitätsnaher Abbildung der Steuerfahndertätigkeit und einem spannendem Plot. Trotz renommierter Schauspielerriege um Hauptdarstellerin Katja Riemann gelang das dem Film unter der Regie von Züli Aladag allerdings nur bedingt.

Die von Riemann verkörperte Figur der unnachgiebigen «Fahnderin» mit der übergroßen Brille, Karola Kahane, ist der komplexeste Charakter des TV-Werks. Denn Kahane ist in ihrem Job eine andere Person als in ihrem Privatleben. Als unbequeme Steuerfahnderin ist sie akribisch, entschlossen und kompromisslos, was dafür sorgt, dass ihr bei der Steuerfahndung Neuss ein gewisser Ruf vorauseilt. Auf der anderen Seite ist sie die alleinerziehende, überforderte Witwe, die seit drei Jahren eine Affäre mit dem verheirateten Generalstaatsanwalt unterhält und wegen ihres Jobs kaum Zeit für ihre rebellierende Teenagertochter Hanna findet. Die Herausforderung, diese beiden Pole authentisch zu mimen, besteht Riemann allerdings tadellos. Neben ihr gefallen vor allem Alexander Held und Sarah Horváth in ihren Rollen.

Held spielt den arroganten Vorstandsvorsitzenden Benedikt Sämann der fiktiven Industrie-Firma Voltag, der aufgrund der Rettung zahlreicher Arbeitsplätze in NRW sowie seiner Stiftung für kranke Kinder einen tadellosen Ruf in der Öffentlichkeit genießt. Gewisse Parallelen zu Uli Hoeneß sind also durchaus vorhanden und wohl auch beabsichtigt. Allerdings ist Sämann sich dieses guten Rufes durchaus bewusst, und obwohl er ins Visier von Kahane und ihrem Team gerät, fühlt er sich lange sicher und unangreifbar. Der distanzierte Geschäftsmann taut nur bei seiner kleinen Tochter auf, einer der emotionaleren Momente des Films. Für andere sorgt Sarah Horváth als Karolas 17-jährige Tochter Hanna. Sie gefällt in der Rolle des vernachlässigten Problemkinds mit Schul- und Alkoholproblemen. Aufgrund der vielen Nebenfiguren, deren Charakterzeichnung in knapp 90 Minuten Film verständlicherweise nicht so umfassend ausfällt, fällt es dem restlichen, durchaus hochkarätig besetzten Ensemble um Maxim Mehmet oder Heiko Pinkowski schwerer zu glänzen.

Die musikalische Untermalung wird für deutsche Produktionen recht spärlich eingesetzt, was aber den dramaturgischen Effekt zusätzlich verstärkt. Nur sehr emotionale Szenen oder bedeutsame Wendungen in der Handlung werden zusätzlich mit Musik unterstrichen. Beim Bild hingegen bedient sich die TV-Produktion häufig wechselnder Kameraperspektiven.

Der größte Kritikpunkt an «Die Fahnderin» ist wohl der mangelnde Sinn für Realismus. Steuerfahndung bedeutet nun einmal viel Papierkram. Natürlich gibt es neben ausfüllen, lochen und einheften durchaus auch aufregende und investigative Untersuchungen. Hier verliert der Film allerdings die gesunde Balance. Selbstverständlich wäre ein Streifen mit viel Büroarbeit und ein wenig Schnüffeln langweilig gewesen, doch dass das Team aus dramaturgischen Gründen von zu Hause aus arbeiten muss, weil es wohl einen Maulwurf bei der Steuerfahndung gibt, wirkt äußerst weit hergeholt. Stellenweise gleicht die Fahndung eher den Methoden von Privatdetektiven oder der Kriminalpolizei und sorgt deshalb dafür, dass die Arbeit beim Zuseher wenig authentisch rüberkommt. Dies ist natürlich ausnahmslos dem Aufbau der Spannung geschuldet, was den Umstand, dass sich trotz durchaus packender Momente die ganz große Spannung nicht einstellen will, umso bedauerlicher macht.

Trotzdem ist das prominent besetzte Drama eine aktuelle, frische Idee und wird beim Ersten mutmaßlich auf seine angestrebte Zuschauerzahl kommen. Für den anfangs erwähnten Spagat zwischen authentischer Arbeit der Steuerfahndung und einer spannungsgeladenen Handlung, zeigte sich die deutsche TV-Produktion aber etwas zu steif und entschied sich deshalb dafür, mehr auf Unterhaltung, als auf Realismus zu setzen. Das war unter dem Strich die richtige Entscheidung, denn unterhaltend ist der Sonntagabend-Film im Ersten allemal.

«Die Fahnderin» ist am 26. März ab 20.15 Uhr im Ersten zu sehen.

Kurz-URL: qmde.de/69772
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