Die Kritiker

«Missing»

von

Wie weit eine Mutter geht, um ihren Sohn zu schützen, zeigt die amerikanische Mini-Serie «Missing». Nach etwas abgenutztem Muster wird die Geschichte einer Ex-Geheimdienstagentin auf der Suche nach dem verschleppten Michael gezeigt. Von VOX übrigens nur nachts.

Inhalt:


Hinter den Kulissen

  • Serienschöpfer: Gregory Poirier («Spy Daddy»)
  • Executive Producer: Gina Matthews, James D. Parriott, Grant Scharbo, Steve Shill.
  • Kamera: Arthur Albert
  • Weitere Autoren: Dana Greenblatt, Paul Redford, Adele Lim u.a.
  • Produktion: Upcountry Productions, Little Engine Productions, Stillking Films, ABC Studios
Wie weit ist eine Mutter bereit zu gehen, um ihre Familie zu schützen? Rebecca Winstone muss sich dieser quälenden Frage stellen. Ihr Sohn Michael verschwindet unter mysteriösen Umständen während eines Auslandssemesters in Rom. Während die Behörden tatenlos zusehen, trifft seine Mutter im entfernten Amerika eine folgenschwere Entscheidung. Damit öffnet sie Tür und Tor in ein dunkles Kapitel ihrer Vergangenheit, das längst geschlossen sein sollte.

Darsteller:


Ashley Judd («Doppelmord») ist Becca Winstone
Cliff Curtis («Trauma») ist Dax Miller
Adriano Giannini («In Treatment») ist Giancarlo Rossi
Nick Eversman («The Tomorrow People») ist Michael Winstone
Tereza Vorísková («Borgia») ist Oksana
Keith Carradine («Damages») ist Martin Newman
Joaquim de Almeida («Crusoe», «24 - Day 3») ist Antoine Lussier

Kritik:


Was passiert, wenn Autoren (aus gutem Grund) zu viel wollen, zeigt die amerikanische Serie «Missing», die im vergangenen Jahr in den USA bei ABC ausgestrahlt, wegen geringer Reichweiten aber nach zehn gezeigten Episoden nicht verlängert wurde. Die grundlegende Geschichte ist nämlich relativ bekannt, wurde von ABC in abgeänderter Form auch in «Red Widow» erzählt und fand selbst im deutschen Fernsehen (RTLs «Die Patin» mit Veronica Ferres) schon statt. Eigentlich ist eine solche Story rund um eine toughe Frau mit vielen Geheimnissen schon mal recht spannend – und die Prämisse stimmt in «Missing» auch. Becca Winstone, zunächst dargestellt als normale Mutter, hört via Handy mit, wie ihr Sohn Michael nur knapp einem Anschlag entgeht, bei dem ihr Mann ums Leben kommt. Jahre später entscheidet sich Michael für ein Auslandssemester in Rom, wird dort aber gekidnappt.

Eine Achterbahnfahrt der Gefühle – und das alles innerhalb der ersten zehn Minuten. Hier kann man den Machern also noch keinen Fehler vorwerfen. Danach aber wurde von den Autoren doch etwas zu dick aufgetragen, wohl um eine gewisse Eigenständigkeit zu erlangen. Allein in der 39-minütigen Pilotfolge kommt es zu vier Action-Sequenzen und dem Zuschauer wird schnell klar, dass die „liebe Mutter“ Becca keine normale „Mum“ ist. Im Gegenteil: Sie hat eine Vergangenheit beim Geheimdienst, kennt Kampfkünste und hat früher unter anderem zwei französische Agenten erledigt. Die vielen Action-Sequenzen und Schurken an jeder Ecke sollen im farblich sehr dunkel gehaltenen Piloten sicherlich die Gefahr verdeutlichen, das passiert aber zu sehr mit der Holzhammer-Methode.

Etwas sensibler hätten die Autoren an das Thema herangehen müssen. Also Feinde die suchende Mutter vielleicht nur beobachten lassen, anstatt ihr stets direkt an den Kragen zu gehen. Stattdessen wird mit E-Schockern hantiert, mit spitzen Gegenständen zugestochen und viel geschossen. Dabei bleibt eines auf der Strecke: Dass die Zuschauer mit den Charakteren warm werden. Das, was in den ersten zehn Minuten noch gut gelang, nämlich das Herstellen von Sympathie, erlischt im Laufe des Piloten.

Dass die Autoren viel zu viel wollten, wird vor allem im weiteren Verlauf der Serie deutlich. Es beginnt eine Art Wettlauf und ein Machtpoker mit Behörden und Geheimdiensten. „Es kann ihnen so viel zustoßen, ehe Sie überhaupt ein Gericht zu sehen bekommen“, ist nicht nur einer der vielen Sätze, die auf plumpe Art die ständige Gefährdung des von Ashley Judd eindrucksvoll verkörperten Hauptcharakters mit fettem Ausrufezeichen ins Gedächtnis des Zuschauers einmeißeln sollen, sondern auch eine gute Umschreibung für die Verstrickungen zahlreicher Personen in den Entführungsfall. Und hier wird es für eine Serie, die mainstreamtauglich sein soll und eigentlich auch will, schlicht zu viel.

Es tauchen mehr und mehr Figuren aus der Vergangenheit von Becca auf – die Glaubwürdigkeit der Hauptfigur und der Geschichte an sich wird in Mitleidenschaft gezogen. Letztlich sieht sich der Zuschauer einem undurchsichtigen Gewühl an Nebenfiguren und etlichen Geheimnissen aus deren Vergangenheit ausgesetzt. Genau das ist wohl auch der Punkt, weshalb sich der deutsche Sender VOX so schwer tat, das Format im Programm unterzubringen: Gezeigt wird es nun nachts, aber immerhin innerhalb von zwei Wochen und wegen des späten Sendeplatzes wohl auch im Falle von schlechten Quoten bis zum Ende.

«Missing» besticht durch einen starken Cast, was nicht nur an Judd, sondern auch an ihren Mitspielern wie Joaquim de Almeida oder Cliff Curtis liegt. War der Pilot grundsätzlich zu dunkel gehalten, ändert sich die Farbgebung der Serie ab der zweiten Folge, sie wird deutlich freundlicher und heller. Vielleicht sogar etwas zu hell. Letztlich ist «Missing» nicht der große Renner, was wohl größtenteils daran liegt, dass die Figuren wegen ihrer Undurchsichtigkeit eben wenig Raum für irgendeine Art der Empathie lassen.

VOX zeigt «Missing» ab Montag, 4. November 2013, nachts gegen 0.15 Uhr. Die zehn Folgen werden innerhalb von zwei Wochen von Montag bis Freitag ausgestrahlt.

Kurz-URL: qmde.de/67037
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