Die Kritiker

«Sebastian Bergman – Spuren des Todes: Der Mann, der kein Mörder war»

von

Das ZDF zeigt einen weiteren charakterstarken Krimi aus dem hohen Norden.

Inhalt


Hinter den Kulissen

  • Regie: Daniel Espinosa
  • Auoten: Michael Hjorth & Hans Rosenfeldt
  • Musik: Philippe Boix-Vives & Jon Ekstrand
  • Kamera: Erik Molberg Hansen
Der in seinen frühen 50ern befindliche Polizei-Psychologe Sebastian Bergman galt in Schweden einst als Meister seines Fachs. Mittlerweile ist es um ihn aber, trotz gelegentlicher Lesungen und Interviews, ruhiger um den Mann geworden, der erst kürzlich den Tod seiner Mutter zu verkraften hatte. Als er zwei Wochen nach der Trauerfeier in seiner alten Heimat Västerås aufschlägt, gilt es für ihn gleich, sich um die Erbangelegenheiten zu kümmern. Dies gewiss mehr schlecht als recht, denn noch immer ist der Mann, der zwischenzeitlich gar eine Karriere beim FBI verfolgte, ein emotionales Wrack: Wenige Jahre zuvor verlor der geläuterte Womanizer seine geliebte Frau – ein Schlag, von dem er sich noch immer nicht erholt hat.

In Västerås wird Sebastian von seinen beruflichen Glanzzeiten eingeholt: Sein alter Kollege Torkel Höglund bittet um Unterstützung bei der Aufklärung eines geradezu grotesk blutrünstigen Mords an einem 15-jährigen Schüler. Wie Sebastian dank seiner unbarmherzigen Fragemethoden und seinem vorbildlichen Spürsinn herausfindet, steht dieser Mord mit zahlreichen unliebsamen Begebenheiten im beschaulichen Ort in Verbindung. Die Ermittlungen überschlagen sich fast schon vor erschreckenden Wendungen … Ein gleicht einem Wunder, dass Sebastian einen kühlen Kopf behalten kann, zumal er gleichzeitig auch Unerwartetes über seine eigene Vergangenheit erfährt ...

Darsteller


Rolf Lassgård («Tod eines Pilgers») als Sebastian Bergman
Tomas Laustiola («Drei Freunde … und Jerry») als Torkel Höglund
Gunnel Fred («Verdict Revised - Unschuldig verurteilt») als Ursula Andersson
Moa Silén («Orion») als Vanja Lithner
Christopher Wagelin («Real Humans – Echte Menschen») als Billy Rosén
Charlotta Larsson («Kommissar Beck – Die neuen Fälle») als Polischef Hanser

Kritik


Was sagt die Klischeekiste über Fernsehkrimis? Ein Blick auf die US-amerikanische Schublade sagt: „Hier wird schwer geschossen, sowohl mit Knarren als auch mit scharfen Sprüchen. Achtung: Kann Spuren von Videoclipästhetik enthalten!“ Die deutsche Schublade wiederum spricht von „Gemächlichkeit, schwadronierenden Kommissaren-Duos und unbedrohlichen Anflügen von kargen Wirklichtkeitsdarstellungen“, warnt aber auch: „Achtung: Kann Spuren von Spießbürgertum und Heile-Welt-Moral enthalten!“ Und dann wäre da die Schublade mit den skandinavischen Kriminalfilmen, die nicht erst seit «Verblendung» deklariert: „Kühl, karg, harsch und schweigsam. Achtung: Übermäßiger Verzehr kann zu Misanthropie, Nihilismus und Anflügen von pseudophilosopischen Diskussionen führen!“

Selbstredend generalisieren diese Schubladenetiketten stark, dennoch steckt in ihren Beschreibungen oft ein Körnchen Wahrheit, was sich auch bei der Betrachtung der jüngsten Koproduktion des ZDF mit nordischen Krimi-Machern wieder einmal zeigt. Der von Rolf Lassgård durchdringend, doch angenehm untheatralisch verkörperte Polizei-Psychologe Sebastian Bergman ist innerlich so zerrüttet und blickt so kühl und distanziert auf seinen Job, wie es selbst den härtesten Hunden unter den deutschen TV-Kommissaren nie gestattet wäre. Gleichwohl ist Bergman dank der durch vereinzelte Blicke Rolf Lassgårds und eine ihn menschlich haltende, unprätentiöse Inszenierung sehr viel menschlicher und lebensnaher als viele der coolen, kompromisslosen Hardliner unter den US-Fernsehcops. Auch daher hat es einen guten Grund, dass der Name der Hauptfigur im Titel dieses neuen Fernsehkrimis an vorderster Front steht: Die tragische, in nachvollziehbaren, dunklen Facetten vermittelte Figur des Sebastian Bergman und die sie zum Leben erweckende schauspielerische Leistung sind es nämlich, die diesen Neunzigminüter tragen.

Was wohlgemerkt nicht bedeuten soll, dass der das Gesamtwerk zusammenhaltende Titelheld zugleich die einzige Qualität dieses Fernsehfilms darstellt. Sämtliche Nebendarsteller arbeiten solide, genauso wie die eingängige Hintergrund, trotz gelegentlicher Überpräsenz im mittleren Teil des Krimis, dank prägnanter Untermalung essentieller Szenen einen guten Eindruck macht. Das Drehbuch wiederum ist reich an schlüssigen, dennoch schwer vorherzusehenden Wendungen und verknüpft die einzelnen Handlungsfäden mit sicherer Hand. Trotzdem fallen der gemächliche Einstieg und das karge Setting ins Gewicht – und sie würden es noch mehr, würde dieser Krimi dank seiner Frontfigur nicht so gut als Charakterstück funktionieren.

Inszenatorisch zeigt sich der Film derweil als gutes Argument, weshalb Daniel Espinosa den Weg ins Kino machen durfte. Der «Safe House»-Regisseur übertreibt es zwar zuweilen mit der Wackelkamera, seine Bilder unterstreichen jedoch stets durch Farbästhetik und Einstellung, den Ton der jeweiligen Szene.

Das ZDF zeigt «Sebastian Bergman – Spuren des Todes: Der Mann, der kein Mörder war» am Sonntag, dem 13. Oktober 2013, um 22 Uhr.

Kurz-URL: qmde.de/66676
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