Die Kino-Kritiker

Von Blut, Eiscreme und einer Männerfreundschaft

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Die furiose Blood-and-Eiscreme-Trilogie von Edgar Wright, Simon Pegg und Nick Frost findet in «The World's End» ein feucht-fröhliches Finale.

Das wiederkehrende Motiv des Cornettos kam in einem Interview zur Sprache. Ich wurde gefragt, ob es eine Trilogie auf Cornetto-basierten Filmen geben würde und ich sagte 'Ja, das ist wie bei Krzysztof Kieślowski. Das ist unsere 'Drei-Geschmacksrichtungen-Cornetto-Trilogie.'' Das sagte ich in einem Interview und es wurde zum Running Gag.
Edgar Wright zur Cornetto-Trilogie
2004 riefen die beiden Schauspieler und Freunde Simon Pegg («Star Trek into Darkness») und Nick Frost («Attack the Block») die Blood-and-Icecream-Trilogie ins Leben, um drei vollkommen unterschiedliche Filme, «Shaun of the Dead», «Hot Fuzz» und «The World’s End», miteinander zu verknüpfen. Sie versteht sich als Anspielung auf die Drei-Farben-Trilogie des Polnischen Regisseurs Krzysztof Kieślowski und zeichnet sich durch besonders blutige, wenn auch humoristische Gewaltspitzen sowie den Genuss eines, jeweils andersfarbigen Cornetto-Eises aus, weshalb die Filmreihe in Deutschland auch unter dem Namen „Cornetto-Trilogie“ bekannt ist. Die teils tiefschwarzen Komödien stachen bislang stets durch ihren brillant-britischen Humor aus der Masse der Klischee-Hollywood-Komödien heraus und scharten schnell eine Fanbase um sich. Auch in Deutschland konnte sich eine kleine Gruppe an Komödien-Freunden für die ersten beiden Teile der Britcomedy-Reihe begeistern. Die Horrorpersiflage «Shaun of the Dead» lockte 2004 gut 140.000 Besucher in die Lichtspielhäuser und die Veralberung des Action-Genres, «Hot Fuzz – Zwei abgewichste Profis», konnte drei Jahre später knapp über 250.000 Zuschauer begeistern.

Höchste Zeit für den dritten und finalen Part der zartschmelzenden Comedy-Trilogie. In «The World’s End» nimmt sich Regisseur Edgar Wright («Scott Pilgrim gegen den Rest der Welt»), der schon bei den ersten beiden Teilen Regie führte, das Science-Fiction-Genre vor und zieht nicht nur den Trend zur weltweiten Zerstörung durch den Kakao, sondern liefert nebenbei auch eine herrlich verschrobene Ensemble-Komödie ab, in der sich diverse britische Mimen, zu denen unter anderen auch «Sherlock»-Star und Hobbit-Darsteller Martin Freeman gehört, gekonnt die Bälle zuwerfen. Zu der illustren Runde aus fünf ehemaligen Schulfreunden gesellt sich schließlich – wieder einmal – das Pegg-Frost-Duo, das es sich auch im finalen Part ihres Humorinfernos nicht nehmen lässt, erneut nicht nur hinter der Kamera als Drehbuchautoren, sondern auch davor, als Protagonisten, zu fungieren.

Gary (Simon Pegg), Andrew (Nick Frost), Oliver (Martin Freeman), Peter (Eddie Marsan) und Steven (Paddy Considine) waren einst Schulfreunde in dem kleinen Kaff Newton Haven. Mittlerweile sind (fast) alle sesshaft geworden, haben Jobs und Familie. Lediglich Gary hat das Kind in sich noch immer nicht herausgelassen und träumt davon, eine unvollendete Kneipentour durch zwölf verschiedene Pubs zu beenden, die ihren Abschluss um berühmten „World’s End“ finden soll. Zunächst halten Garys Freunde nichts von diesem Plan, aber mit jedem Bier wird die Stimmung lockerer, die Freunde untereinander wieder aufgeschlossener. Doch es dauert nicht lange, bis die fünf eingeschworenen Freunde misstrauisch werden. Seit ihrem Wegzug scheint sich in ihrer Heimatstadt etwas verändert zu haben und schon wenig später spritzt es blaues Blut…

Wie schon in seinen beiden Vorgängern verlässt sich auch «The World’s End» nicht auf seine Existenz als reine Genrenachdichtung. Nach dem Zombiehorrorfilm und dem Action-Cop-Thriller bedienen sich die Macher nun an der Sci-Fi-Sparte, welche leider die schwächste Grundlage unter allen drei Filmen bildet. In der ersten Hälfte ist die Brit-Comedy jedoch zunächst eine reine Komödie, ohne Parodie-Absichten. Die perfekt gecasteten Darsteller waren in der hier zusammengewürfelten Form nie lustiger und gehen in ihren sich ergänzenden Rollen als wassertrinkender Spießer (Frost), notorischer Nörgler (Freeman) oder niemals erwachsenwerdender Tunichtgut (Pegg) hervorragend auf. Die fast im Sekundentakt herausgehauenen One-Liner sitzen vom Timing perfekt und die Schlagzahl an zündenden Pointen ist enorm. Als sich jedoch die ersten Alien-Roboter unter die Freunde mischen, sinkt die Gagdichte rapide und aus «The World’s End» wird ein „«Shaun of the Dead» mit Aliens“. Während den Komikern in Sachen Wortwitz keiner etwas vormachen kann, bleiben die Drehbuchautoren in puncto Slapstick weit hinter ihrem üblichen Händchen fürs Komische zurück. Abseits Peggs Trilogie-üblicher Kletter-Eskapaden (und deren Folgen) rutschen viele andere Hau-Drauf-Gags schnell ins Alberne ab. Gleichzeitig überdecken sie im Mittelteil die sich schleppende Story, weshalb sich vor allem der Part zwischen Buddy-Comedy-Einstand und groteskem Weltuntergangs-Finale mehrmals äußerst zäh anfühlt.

Was die Plotline um die Ergründung der Geheimnisse in Newton Haven dementsprechend an Überraschung vermissen lässt, machen die Darsteller und die brillant geschriebenen Bücher von Simon Pegg und Nick Frost wieder wett. Den Fans der Trilogie bieten die Macher natürlich auch diesmal die Running Gags aus den ersten beiden Teilen und selten war die Einbindung des obligatorischen Cornetto-Eises – in diesem Fall das Grüne – komischer und schlüssiger. Sogar einen großen Hollywood-Star konnte man für einen Cameo-Auftritt verpflichten, in welchem ebenjener ganz nebenbei auch noch sich selbst und sein Image persifliert. Optisch steht «The World’s End» den ersten beiden Teilen in Nichts nach. Für sein – für heutige Verhältnisse mickriges – Budget von 20 Millionen US-Dollar braucht sich die Sci-Fi-Komödie vor seinen höher budgetierten Konkurrenten nicht zu verstecken. Auch die charakteristischen Zeitraffer-Close Ups sorgen nach wie vor für Lacher. Die Animation der Alien-Roboter ist gelungen, stiehlt den wahren Stars des Streifens jedoch nicht die Schau, die ärgerlicherweise jedoch nach und nach dem Action-Spektakel zum Opfer fallen.

Die Blood-and-Icecream-Trilogie hat in «The World’s End» ein stimmiges, teilweise jedoch nicht ganz ausgereiftes Ende gefunden. Das alteingesessene Team tut das was es am besten kann und transportiert den Spaß beim Schreiben des Skripts auf die Leinwand und von dort aus direkt auf den Zuschauer. Während «Shaun» und «Hot Fuzz» vor sensationellen Ideen nur so trieften, wirkt die zweite Hälfte des dritten Teils stellenweise nur noch wie ein Aufguss des ersten und schafft es somit nicht, aus der Alien-Prämisse ebenfalls den erwarteten Humor herauszuholen. Somit funktioniert «The World’s End» zwar auf der Ebene der Buddy-Komödie, als Sci-Fi-Parodie fehlen ihm jedoch die gewünschte sowie erwartete Spritzigkeit. Im Kampf um die beste Weltuntergangs-Komödie dieses Jahres müssen sich Simon Pegg und Nick Frost dementsprechend von Seth Rogen und Even Goldberg geschlagen geben, die derzeit mit «Das ist das Ende» einen leicht stärkeren Vertreter des zum Trend werdenden Genres in den Kinosälen haben.

«The World’s End» ist ab dem 12. September in den deutschen Kinos zu sehen.

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