Die Kritiker

«Exclusiv im Ersten: SOS Griechenland»

von

Die Schuldenkrise drängt immer mehr griechische Familien dazu, ihre Kinder in SOS-Dörfer zu schicken. Doch die Fluchtstätten sind finanziell ebenfalls angeschlagen ...

Hinter den Kulissen

  • Regie: Ralph Gladitz
  • Kamera: Rupert Heilgemeir
  • Ton: Rolf Lorentschk
  • Schnitt: Tobias Szörenyi
  • Mischung: Ralph Bienzeisler, Bernd Schreiner
  • Sprecher: Detlef Kügow, Benedikt Schregle, Anne Isabelle Zils
  • Redaktion: Corinna Spies
Über das verschuldete Griechenland wurden im deutschen Fernsehen bereits Unmengen an Berichten versendet. Doch ein Aspekt, der bei all den wirtschaftspolitischen Diskussionen und Streitgesprächen über Steuerhinterziehung, Deutschlandhass oder Arbeitsdrückebergertum bislang unbeachtet blieb, ist das Wohl der griechischen Kinder während der Finanzkrise. Die Reportage «Exclusiv im Ersten: SOS Griechenland» von Ralph Gladitz nimmt sich dieser Frage an und beleuchtet die dramatische Entwicklung, dass immer mehr griechische Eltern ihre Kinder aufgrund akuten Geldmangels an SOS-Einrichtungen überreichen müssen.

Die Reportage zeigt einerseits, wie die SOS-Mutter Marina T. allen Rückschlägen zum Trotz dafür kämpft, ihren Schützlingen Geborgenheit und Zuversicht zu vermitteln. Ganz unaufdringlich erklären die Macher der Reportage, dass die Krise selbst erfahrene Arbeiter im Wohltätigkeitsbereich zermürbt, indem sie die SOS-Mutter dabei zeigen, wie sie nach einer langen Tätigkeit in ihrer Berufung durch das Antreffen der zahlreichen Krisenwaisen an die Grenzen ihrer Möglichkeiten kommt. Ohne das Leid Marinas oder der krisenzerrütteten Familien voyeuristisch ins Zentrum des Geschehens zu rücken, zeigen die Fernsehbilder berührende Aufnahmen, in denen Trennungsschmerz und Scham über das wirtschaftliche Versagen in die Gesichter der Betroffenen geschrieben stehen.

Am emotionalsten wird die angenehm nüchtern kommentierte Reportage allerdings, wenn die 60-jährige Marina T. davon erzählt, in welche Finanznot die SOS-Dörfer selbst geraten. Die seit 1975 in Griechenland tätige Organisation gerät an ihre Leistungsgrenzen und muss mit ihren begrenzten Mitteln immer mehr Menschen immer dringender notwendige Hilfe leisten, was die Mitarbeiter moralisch zu zermürben droht. Umso beeindruckender, wie energisch sie weiter an ihre Arbeit gehen – und so räumt die Doku ganz beiläufig mit dem in deutschen Medien stärker und stärker verbreiteten Vorurteil des faulen oder motzenden Südeuropäers auf.

Die Schimpftiraden auf die EU und Deutschland sind, diesen Eindruck erweckt «SOS Griechenland» zumindest, eher kuriose Randbeobachtungen. Pöbelnde Passanten, die bei den Dreharbeiten ihre Meinung kundtun, werden vom Team um Stellungnahmen gebeten – und sind plötzlich ratlos. Ein Hauch von ungeplanter Realsatire in der informativen, unprätentiösen, wenngleich etwas schleppend vermittelten Reportage.

«Exclusiv im Ersten: SOS Griechenland» ist am Samstag, den 7. September, um 15.30 Uhr im Ersten zu sehen.

Kurz-URL: qmde.de/65962
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