Die Kino-Kritiker

«Evil Dead»

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32 Jahre nach dem Kultfilm von Sam Raimi kehrt das pure Böse zurück auf die Leinwände. Dem übermäßigen Hype wird das Remake aber nicht immer gerecht.

Filmfacts «Evil Dead»

  • Kinostart: 16. Mai 2013
  • Genre: Horror
  • Laufzeit: 91 Min.
  • FSK: 18
  • Kamera: Aaron Morton
  • Musik: Roque Banos
  • Autor: Fede Alvarez, Rodo Sayagues
  • Regie: Fede Alvarez
  • Darsteller: Jane Levy, Shiloh Fernandez, Lou Taylor Pucci, Jessica Lucas, Elizabeth Blackmore, Jim McLarty, Randal Wilson
  • OT: Evil Dead (USA 2012)
Mit «The Evil Dead» («Tanz der Teufel») erschuf Sam Raimi vor 32 Jahren einen Genrefilm, der heute Kultstatus genießt. Raimis Kumpel Bruce Campbell bekleidete die Hauptrolle des Ash, der sich mit seinem „Groovy“ einen Platz in der Filmzitate-Sammlung sicherte. Es folgten die Beschlagnahmung in Deutschland, «Evil Dead 2» und zum Abschluss der Trilogie «Army of Darkness», der im Gegensatz zu den beiden Vorgängern wesentlich ironischer ausfiel.

Da verwunderte es kaum, dass die Fangemeinde des Originals aufschrak, als die Absichten für ein Remake vor rund zwei Jahren plötzlich ernster wurden. Neuauflagen anderer Horrorfilme zeigten in der jüngeren Vergangenheit nur zu deutlich, wohin der Weg führen würde. Und dann sollte auch noch ein Newcomer das Drehbuch beisteuern und die Regie übernehmen. Die Aufregung war groß, das Medienecho ebenfalls. Sam Raimi und Bruce Campbell hatten die Aufmerksamkeit des gesamten Genres auf sich gezogen.

Erst, als die beiden dem Projekt ihren Segen gaben, ließen sich die verärgerten Fans etwas ruhiger stimmen. Man wolle dem Ton des Originalfilms treu bleiben, aber dennoch den Transfer in die Gegenwart angehen. Regiedebütant Fede Alvarez erklärte zudem, dass er Abstand von computergenerierten Effekten nehmen und stattdessen klassisches Make Up und Prothesen einsetzen wolle.

Die Wogen waren geglättet und als der erste Red Band-Trailer vorgestellt wurde, wichen die Sorgen einem Jubelschrei. Wenig verwunderlich, dass «Evil Dead» nach dem ganzen (übertriebenen) Hype ohne Mühe der Sprung an die Spitzenposition der US-Kinocharts gelang. Ein Sieg auf ganzer Linie für die Crew – obwohl sich ihre Arbeit nur geringfügig von anderen Genrevertretern unterscheidet.

Mia (Jane Levy) und ihr Bruder David (Shiloh Fernandez) freuen sich auf ein paar freie Tage, die sie mit ihren Freunden Olivia (Jessica Lucas), Eric (Lou Taylor Pucci) und Natalie (Elisabeth Blackmore) in einer entlegenen Waldhütte verbringen wollen.

Doch dann entdecken die Fünf „Das Buch des Todes“ - und wecken damit düstere Dämonen. Nur einer von ihnen bleibt von den Untoten verschont und muss fortan einen erbitterten Kampf um sein Leben führen.

Eigentlich konnte Fede Alvarez nur verlieren. Der Uruguayer, dessen Karriere in Hollywood durch seinen Youtube-Kurzfilm «Ataque de pánico» ins Rollen kam, nimmt sich ausgerechnet einen der größten Klassiker der Horrorgeschichte als Debütprojekt vor. Seine Idee, die Hauptfigur der «Tanz der Teufel»-Trilogie in der modernen Variante einfach wegzulassen, überzeugte dann aber Raimi und Campbell. Campbell selbst war es, der bei einem weiteren «Evil Dead»-Film nur noch als Produzent fungieren und nicht noch einmal in seine Paraderolle schlüpfen wollte. Auch die thematische Ausrichtung der Neuinterpretation gefiel dem Duo.

Insofern passt der Begriff „Remake“ auch gar nicht mehr so wirklich. Alvarez‘ Version ist im Grunde erst einmal nichts anderes als eine der schon sooft gesehenen Einsame-Hütte-im-Wald-Erzählungen. Alles spielt sich in dem kleinen Holzhaus oder drumherum ab. Dadurch entwickelt sich recht früh eine beklemmende Atmosphäre. Überhaupt gelingt es Alvarez, vom Fleck weg eine grimmige Stimmung zu kreieren. Dafür bedient er sich mitunter an Kamerafahrten, die in ähnlicher Form schon im Original zu sehen sind. Außerdem wirken die Bilder mit ihren entsättigten, braunen Farben schmutzig und dreckig, was hervorragend passt. Vornehmlich aber geht der Filmemacher auf Nummer sicher und liefert solides Handwerk ab, ohne nennenswerte inszenatorische Besonderheiten. Zudem werden einige Schockmomente von der Tonspur angekündigt und verpuffen.

Trotz der typischen Geschlechterkonstellation machen die Schauspieler ihre Arbeit richtig gut. Jane Levy kauft man die verzweifelte Drogenabhängige sofort ab. Ihre Freunde, die ihr zunächst helfen, sie dann aber doch alleine zurücklassen wollen, sind glücklicherweise keine naiven Dummchen. Die Figuren handeln glaubwürdig und machen es möglich, sich mit ihnen zu identifizieren. In diesem Punkt ist «Evil Dead» vielen anderen Filmen einen großen Schritt voraus.

Während die erste Hälfte noch darauf konzentriert ist, das Böse heraufzubeschwören und die Freunde in den Wahnsinn zu treiben, greift im zweiten Abschnitt die Farbe Rot um sich. Nach dem bekannten Prinzip sucht sich der Dämon reihum seine Opfer aus, um zu überleben. Und diese Wege sind verdammt blutig. Viele Szenen werden zwar bereits in den Trailern gezeigt, doch Alvarez hat noch einiges mehr zu bieten. Schonungslos werden Arme mit dem elektrischen Küchenmesser abgetrennt, Nadeln und Nägel in Körper gerammt, geschossen und wieder herausgezogen, Zungen mit einem Teppichmesser durchtrennt. Gerade weil auf handgemachte, plastische Effekte gesetzt wurde, wirken die Splatterszenen realistisch und überhaupt nicht komisch. Jedes Knochenknacken, jede Scherbe im Bein, jede zerreißende Sehne schmerzt im Kinosessel. Bis zum kompromisslosen Finale erhöht Alvarez den Goregehalt minütlich.

Eben jene Entwicklung rückt die anfängliche, gruselige Atmosphäre dann leider etwas in den Hintergrund. Je lauter es zum Ende hin wird, umso weniger steht die Ausgangsgeschichte im Mittelpunkt, desto größer sind die Blutmengen und Ekelszenen. Das mag für einige Zuschauer vielleicht zu viel des Guten sein. Allerdings sollte man auch nicht vergessen, dass es sich hier um einen «Evil Dead» handelt – und da darf so etwas einfach nicht fehlen. Apropos: Nostalgiker werden sich über die zahlreichen Verweise auf Raimis Trilogie freuen. Neben dem üblichen Auto-Cameo geben sich auch eine besondere Uhr und natürlich das Buch des Todes sowie die berühmte Hand aus dem Boden die Ehre. Wir raten zudem dringend, während des Abspanns sitzen zu bleiben!

«Evil Dead» ist zunächst ein düsterer, einnehmender Horrorthriller mit ambitionierten Darstellern und bekannten Genreelementen. In der zweiten Phase entwickelt sich der Hüttenalbtraum zu einem knallharten Splatter, bei dem ohne Rücksicht auf Zartbesaitete draufgehalten wird. Die FSK muss für die Prüfung einen sehr guten Tag erwischt haben, denn diese Fassung wäre erfahrungsgemäß ein klarer Fall für die SPIO gewesen. Und deshalb wird es gerade für diejenigen, die im Vorfeld kaum Material gesehen und vom Hype nichts mitbekommen haben, ein schockierendes Kinoerlebnis.

«Evil Dead» startet am 16. Mai in den deutschen Kinos.

Kurz-URL: qmde.de/63766
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