Schlüter sieht's

«Schlüter sieht's»: Neue Chancen für die US-Serie

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«Game of Thrones» wurde zum überraschenden Quotenhit. Einzelfall oder Blaupause für ein neues Ausstrahlungsmodell?

Eine große Überraschung war es bereits, dass RTL II sich vor einigen Monaten die Free-TV-Rechte an «Game of Thrones» gesichert hatte. Eigentlich ein Pay-TV-Programm, besticht die Serie durch eine komplexe und aufeinander aufbauende Story, die aufmerksame Zuschauer benötigt und anspruchsvoll ist. Eine Serie, die geradezu prädestiniert dafür ist, nie im Free-TV gezeigt zu werden. Denn dort hat man (besonders ProSieben mit «Lost») die Erfahrung gemacht, dass solche seriellen Erzählungen mittelfristig keine guten Quoten holen können. Im Free-TV schienen nur die Procedural-Serien (wie «CSI») zu funktionieren, die „Fälle der Woche“ behandeln, also leichte, unangestrengte Serienkost zum Abschalten bieten.

Auch RTL II selbst kennt dieses Problem schon lange: Vor Jahren hatte sich der Sender bereits an zwei hochwertigen amerikanischen Pay-TV-Serien im frei empfangbaren Fernsehen versucht. Doch «Dexter» und «Californication» floppten, und kaum ein größerer Free-TV-Sender wagte sich in Folge an komplexe Serien. RTL II blieb die löbliche Ausnahme und führte besagte Formate mit weiteren Staffeln fort. Auch das HBO-Programm «True Blood» wurde dort gezeigt – immer aber mit bestenfalls mäßigen Einschaltquoten.

Dennoch ging der Sender seinen Weg unbeirrt fort und sicherte sich eine weitere HBO-Serie namens «Game of Thrones» – ein Format, das in den USA derzeit das Serien-Gesprächsthema Nummer eins und in kürzester Zeit zum Kult avanciert ist (siehe eigener Bericht). Dennoch: Gute Quoten waren mit einer gewöhnlichen Ausstrahlung bei RTL II wahrscheinlich wieder nicht zu erwarten. Und so programmierte der Sender die gesamte erste Staffel von «Game of Thrones» an einem einzigen Wochenende. Das Resultat: hervorragende Einschaltquoten und die besten Serien-Marktanteile seit dem Jahr 2004. Teils sahen zehn Prozent der werberelevanten 14- bis 49-Jährigen zu – ein ebenso überraschender wie bombastischer Erfolg, der zumindest eine These zulässt: Mit cleverer Programmierung können auch komplexe und anspruchsvolle Serienstoffe im Free-TV erfolgreich sein.

Nun wird auch «The Walking Dead» im Mai eine Marathon-Programmierung an einem Wochenende erfahren. Wird auch dieses erfolgreich, wäre es ein endgültiger Beweis dafür, dass solche seriellen Erzählungen gute Quoten einbringen können. Das würde dem Free-TV – besonders den kleineren Sendern wie eben RTL II, kabel eins und VOX – ungeahnte Möglichkeiten und neue Serienprogrammierungen eröffnen. Das Beste dabei: Die Sender holen dann vielleicht nicht nur gute Quoten, sondern tun gleichzeitig etwas für ihr Image. Wie RTL II: Es steht mittlerweile dafür, die besten Pay-TV-Serien hierzulande auch mal mutig im frei empfangbaren Fernsehen zu zeigen – und nach Jahren misslungener Versuche offenbar nun sogar noch erfolgreich.

Jan Schlüters Branchenkommentar gibt es jeden Mittwoch nur auf Quotenmeter.de.

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