Die Kino-Kritiker

«Sherlock Holmes: Spiel im Schatten»

von
Mehr Action, mehr Dramatik, weniger Leichtgängigkeit: Robert Downey Jr. und Jude Law kehren als Sherlock Holmes und Watson zurück.

Guy Ritchie war Filmliebhabern vor allem für seine kultigen Gangsterfilme «Bube, Dame, König, grAs», «Snatch – Schweine und Diamanten» und «Rock N Rolla» bekannt. Im Winter 2009/2010 eroberte der Ex-Ehemann von Madonna auch das Blockbusterkino: «Sherlock Holmes» überraschte Kinogänger und Kritiker mit einem stimmigen Produktionsdesign, eingängig-schräger Musik von Hans Zimmer und einem grandios aufgelegten Darstellergespann, bestehend aus Robert Downey jr. und Jude Law.

Wenn etwas Guy Ritchies aufgeweckten und durchdachten Actioner ausbremste, dann war es der holprig erzählte Epilog. Gänzlich ohne Knalleffekt oder einer flotten Rausschmeißersequenz leiteten die letzten Minuten erschlaffend eine Fortsetzung ein. Nachdem der Hinweis auf einen zweiten Teil den Abschluss des in sich stimmigen Holmes-Abenteuers trübte, steht die Fortsetzung um so mehr unter einem Erfolgsdruck. Hinzu kommt, dass im Sommer 2010 die BBC mit einer modernen Fernsehvariante die Sherlock-Holmes-Thematik sehr erfolgreich weiter auslotete. «Sherlock Holmes: Spiel im Schatten» muss sich also nicht nur an seinem Vorgänger messen lassen und dessen schwungloses Ende ausgleichen, sondern hat auch eine vergleichbare, aktuelle Konkurrenz, mit der Teil 1 zum Kinostart noch nicht verglichen werden konnte.

«Sherlock Holmes: Spiel im Schatten» setzt einige Monate nach Teil 1 an: Wir befinden uns im Jahr 1891, als ein Bombenanschlag in Straßburg das bereits angespannte politische Klima in Europa weiter zuspitzen lässt. Sherlock Holmes (Robert Downey Jr.), der seinen messerscharfen Verstand bislang als unüberbietbar betrachtete, sieht hinter diesem Ereignis und zahlreichen vermeintlich unabhängigen Schlagzeilen eine geniale Verschwörung, die sich ein ihm ebenbürtiger Gegner ausgedacht haben muss: Der angesehene Professor Moriarty (Jared Harris). Zusammen mit Doktor Watson (Jude Law) macht sich Holmes auf, das ominöse Komplott Moriartys aufzuklären. Es beginnt eine Reise quer durch Europa, auf der Holmes und Watson sowohl auf alte Vertraute wie Irene Adler (Rachel McAdams), als auch auf neue Verbündete wie die Wahrsagerin Simza (Noomi Rapace) treffen ...

Trotz des kleinen Zeitsprungs zwischen beiden Filmen, ist «Sherlock Holmes: Spiel im Schatten» eine kontinuierliche Weiterführung des Blockbusters von 2009. Fans des Überraschungshits bekommen also mehr von dem, was sie mochten, während sich Guy Ritchie offensichtlich nicht darum kümmert, Zweifler zu überzeugen. Jedoch strahlt «Sherlock Holmes: Spiel im Schatten», wie viele andere Blockbuster-Fortsetzungen, einen düsteren Grundtenor aus und neigt in seinen Actionsequenzen zu größeren und explosiveren Augenblicken. Dass das Drehbuch von Kieran & Michele Mulroney («Paper Man») bombastischere Action bietet und einen dramatisch-epochaleren Fall für Sherlock Holmes ausbreitet, ist aber kein bloßes Wettrüsten mit der Blockbuster-Konkurrenz. Dass die Messlatte höher gelegt wird, ist angesichts des Aufeinandertreffens des Meisterdetektivs Holmes und des Meisterverbrechers Moriarty auch inhaltlich gerechtfertigt.

Obendrein springt der dramatischere Plot gewissermaßen in die Bresche, um eine unvermeidliche Schwäche der Fortsetzung auszugleichen: Naturgemäß kann Teil 2 nicht mehr die selbe, augenzwinkernde Frische ausstrahlen, die den Vorgänger so beliebt machte. Dieser Punkt ist es auch, an dem sich entscheidet, wer unter den «Sherlock Holmes»-Fans die Fortsetzung besser finden wird. Denn der im Vorläufer fast allgegenwärtige Humor konzentriert sich im Nachfolger auf einige Kernmomente, in denen Downey Jr. und Jude Law ihre viktorianische Buddy-Komödie zu Hochform auflaufen lassen. Zwischen diesen Sequenzen regiert ein deutlich ernsterer Tonfall. Der gefährlichere und immens kniffligere kommt der Spannung zugute, drosselt im Gegenzug jedoch die Leichtigkeit, mit der die Hauptdarsteller und der Regisseur in «Sherlock Holmes» noch so vergnügt spielten.

Handwerklich setzt «Sherlock Holmes: Spiel im Schatten» genau das fort, was der Film von 2009 begann: Die Ausstattung und Kostüme sind wieder einmal imposant und zeugen von Liebe zum Detail. Aufgrund der Natur der Handlung gibt es in der Fortsetzung auch einige Schauplätze, die trostloser als die zwischenzeitlich verspielt gestalteten Orte aus Teil 1 sind. Sozusagen zum Ausgleich sind die eingesetzten Computereffekte wesentlich ausgereifter, ebenso wie die aus dem Vorgänger bekannten Zeitlupenaufnahmen. Eine Fluchtsequenz durch einen gräulichen, uneinladenden Wald wird durch die zahlreiche zerstörerische Details offenbarende Zeitlupe zu einer der eindrucksvollsten und die große Kinoleinwand am besten ausnutzenden Actionszenen dieses Kinojahres. Passend zur Gesamtstimmung des Films komponierte Hans Zimmer, der für «Sherlock Holmes» eine Oscar-Nominierung erhielt, eine komplexe Filmmusik, die einige der Kernmotive des Originals nimmt und ins Düstere verzerrt. Trotzdem verliert sich Zimmer nicht in diesen dunkleren Tönen und reinem Bombast, sondern nutzt auch jede Gelegenheit, um zum vergnüglich-exzentrischen Klang zurückzukehren, der die Musik von «Sherlock Holmes» so denkwürdig machte.

Eine Sache wiederum, die sich nicht hätte wiederholen müssen: Wie schon im Film von 2009 finden auch in der Fortsetzung die Nebendarsteller kaum Raum, um zu glänzen. Jared Harris' Moriarty wirkt im Vergleich zu seinem BBC-Gegenpart und neben Robert Downey Jr. oftmals wie ein langweiliger Schurke zweiten Grades. Und die weiblichen Darstellerinnen leben ihre Rollen zwar sichtbar aus, erhalten aber erneut keine Gelegenheit, etwas daraus zu machen. Allein Stephen Fry kann sich als Sherlock Holmes' verschrobener Bruder ein paar denkwürdige Momente erblödeln. Guy Ritchies «Sherlock Holmes»-Universum hat offenbar ein eng umrissenes Zentrum.

Fazit: «Sherlock Holmes: Spiel im Schatten» ist das Nachspiel, das Guy Ritchies «Sherlock Holmes» 2009 versprach. Robert Downey Jr. erlebt in seinem zweiten Fall als Englands legendärer Meisterdetektiv ein kniffligeres, dramatischeres und bombastischeres Abenteuer. Dabei geht jedoch etwas der Frische und Spaßigkeit des Vorgängers verloren.

«Sherlock Holmes: Spiel im Schatten» ist seit dem 22. Dezember 2012 in zahlreichen deutschen Kinos zu sehen.

Kurz-URL: qmde.de/53962
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