Die Kino-Kritiker

«Real Steel»

von
Hugh Jackman in einem ungewöhnlichen Mix aus Science-Fiction, Boxerdrama und Familiengeschichte.

Schenkt man den Machern hinter dem Blockbuster «Real Steel» Glauben, sieht die Zukunft für professionelle Boxer nicht allzu rosig aus. So werden die Ringe des internationalen Boxsports im Jahr 2020 längst nicht mehr von Kämpfern aus Fleisch und Blut, sondern von eigens für jenen Zweck erbauten Robotern dominiert. Auch wenn ein solch ungewöhnliches Szenario auf den ersten Blick befremdlich wirken mag, sind die Hintergründe dieser Entwicklung im Hinblick auf unsere heutige Gesellschaft bereits alles andere als an den Haaren herbeigezogen. Denn die Gier der sensationslüsternen Massen nach immer extremeren und brutaleren Kämpfen hat das Boxen für menschliche Sportler zu gefährlich gemacht, weshalb sich nun ferngesteuerte Blechbüchsen spektakulär zu metallenem Brei hauen. Leidtragende des ganzen sind dabei insbesondere die eingangs erwähnten zukünftigen Ex-Boxprofis.

Auch der ehemalige Boxer Charlie Kenton (Hugh Jackman) hat sich mit seinem Schicksal abfinden müssen und versucht sich nun mit billig eingekauften und zum Teil selbst zusammengeflickten Robotern in der Untergrundboxszene über Wasser zu halten. Jedoch muss er dabei eine Niederlage nach der anderen einstecken, was seinen Schuldenberg zunehmend in gefährliche Höhen anwachsen lässt. Zu allem Überfluss steht eines Tages auch noch sein elfjähriger Sohn Max (Dakota Goyo) vor seiner Tür, von dem Charlie bislang nie etwas wissen wollte. Doch nun soll Max nach dem plötzlichen Tod seiner Mutter eine Zeit lang bei seinem Vater leben. Der hegt anfangs allerdings weiterhin kein großes Interesse an dem aufgeweckten Jungen. In ihrer Faszination für den Boxsport ist jedoch schnell die erste Gemeinsamkeit gefunden. Bei einem gemeinsamen Abstecher auf einen Schrottplatz, stolpert Max schließlich zufällig über einen alten, verwahrlosten Roboter und beschließt, diesen wieder auf Vordermann zu bringen, um schließlich selbst an Kämpfen teilnehmen zu können. Zunächst voller Skepsis, lässt sich Charlie nach den ersten Erfolgen schließlich vom Ehrgeiz seines Sohnes anstecken.

Der dezent düstere Ton der zu Grunde liegenden Thematik kommt dabei nicht von ungefähr, bezieht «Real Steel» die Zukunftsvision der Roboterkämpfe doch aus der erstmals 1956 veröffentlichten Kurzgeschichte «Steel» des mittlerweile 85jährigen Science-Fiction- und Fantasy-Autors Richard Matheson, seines Zeichens Urheber der Vorlagen zu Filmen wie «I Am Legend» (2007), «Hinter dem Horizont» (1998) oder «Echoes - Stimmen aus der Zwischenwelt» (1999). In den 60er Jahren diente «Steel» immerhin bereits als Grundlage einer Folge der Mystery-Kultserie «The Twilight Zone». Für die neue Verarbeitung des Stoffes haben sich Regisseur Shawn Levy («Der rosarote Panther», «Nachts im Museum»), Produzent Steven Spielberg und Drehbuchautor John Gatins («Hardball», «Coach Carter») nun allerdings für eine weitaus familienfreundlichere Herangehensweise entschieden. So abschreckend dies für manche zunächst klingen mag, schafft es «Real Steel» mit einem gelungenen Mix aus Sportlerdrama, warmherziger Vater-Sohn-Geschichte und Science-Fiction hervorragend zu unterhalten, ohne allzu sehr in kitschige Gefilde abzudriften.

Dabei sind sowohl der familiäre Konflikt als auch die Story eines Sportlercomebacks alles andere als neu, weshalb die Entwicklung der Handlung über weite Strecken sehr vorhersehbaren Pfaden folgt. Dass der Film dennoch mitzureißen weiß, ist ein regelrechtes Kunststück, das wohl zu gleichen Teilen dem ungewöhnlichen Setting, der überraschend soliden Regie des ansonsten auf leichte Komödienkost ambitionierten Shawn Levy, den packend inszenierten und mit Unterstützung des früheren Boxweltmeisters Sugar Ray Leonard glaubwürdig choreografierten Roboterkämpfen sowie dem großartigen Hauptdarstellerduo zu verdanken ist. Letztere haben die Sympathien schnell auf ihrer Seite.

Während man vom Charmebolzen Hugh Jackman («X-Men», «Prestige») nichts anderes gewohnt ist, ist der junge Dakota Goyo («Thor») schon eine kleine Offenbarung. Mit authentischer Lässigkeit und einer gehörigen, doch niemals anstrengenden Portion Selbstbewusstsein kann er mit seinem großen Leinwandpartner zweifellos mithalten, was bei Kinderdarstellern längst keine Selbstverständlichkeit ist. Darüber hinaus sind es abseits dessen auch kleine originelle Einfälle, wie die subtilen, aber bis zum Ende erfreulicherweise offen gelassenen Andeutungen im Hinblick auf das Wesen des Roboters der beiden Protagonisten. Somit lassen sich auch die eine oder andere kleinere Logiklücke sowie einige aufgesetzte, hauptsächlich «Lost»-Star Evangeline Lilly in den Mund gelegte Drehbuchzeilen recht leicht verschmerzen.

Akzeptiert man also die grundsätzliche Stoßrichtung von «Real Steel», sollte einem uneingeschränkten Filmvergnügen nichts mehr im Wege stehen. Die ausgewogene Balance der verschiedenen Genres und Stimmungen, eine fesselnde Inszenierung sowie das perfekt harmonierende Hauptdarstellergespann machen das Leinwandabenteuer trotz althergebrachter Handlungselemente zu einem überaus unterhaltsamen und mitunter gar rührenden, wenn auch nicht sonderlich tiefgründigen Blockbuster für Jung und Alt.

«Real Steel» ist seit dem 3. November in vielen deutschen Kinos zu sehen.

Kurz-URL: qmde.de/53017
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