First Look

«Lying Game» - Soap zwischen «Ringer» und «Pretty Little Liars»

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Wir schauen wieder intensiv in die Vereinigten Staaten - dorthin, wo die Perlen des Fernsehens laufen. Unser US-Korrespondent Christian Wischofsky präsentiert den deutschen Fernseh-Fans den "First Look" - bei fiktionalen Programmen übrigens komplett Spoiler-frei. Diesmal: Der letzte Sommer-Neustart des Kabelsenders ABC Family, «The Lying Game».

Die neue ABC Family-Serie «The Lying Game» in unserem First Look. Konnte der Neustart in den USA inhaltlich überzeugen?

Sara Shepard ist zur Zeit eine gefragte Persönlichkeit bei den Geschäftsführern von ABC Family. Die Romanautorin lieferte dem Sender im vergangenen Jahr mit «Pretty Little Liars» einen unerwarteten Erfolg, welcher das Soapgenre in die Welt der Teenager verfrachtet und mit einem Mysteryplot versüßt wird, und nun folgt mit «The Lying Game» eine weitere Adaption einer ihrer Buchreihen, welche das Soapgenre in die Welt der Teenager verfrachtet und mit einem Mysteryplot versüßt wird. Jedoch gab es schon vor der Premiere einige Bedenken bezüglich der Ähnlichkeiten zwischen den beiden Serien: Wird es für ABC Family von Vorteil sein, eine ihrer Serien zu kopieren und damit auf der Erfolgswelle der Teensoaps zu surfen, wie es bei anderen Sendern mit den Realityformaten Gang und Gäbe ist, oder wird der Sender mit «The Lying Game» auf die Nase fallen, weil die Serie letzten Endes nichts Besonderes ist?

Emma Becker und Sutton Mercer (Alexandra Chando in einer Doppelrolle) sind Zwillingsschwestern, die nach ihrer Geburt getrennt wurden. Sutton wurde von einer wohlhabenden Familie adoptiert und lebt seither ein munteres Leben mit Freunden, Beziehungen und Geld unter der Sonne von Phoenix, Arizona, während Emma als Waisenkind von einem Heim ins nächste geschoben wurde. Sutton, die auf der Suche nach ihren biologischen Eltern ist, erfährt dabei zufällig von der Existenz ihrer Zwillingsschwester, und beide befinden sich für mehrere Monate in geheimem Kontakt. Als Emma von ihrer aktuellen Pflegefamilie in die Flucht getrieben wird und Sutton aufsucht, beschließt letztere, in Los Angeles nach weiteren Informationen über ihre Familie zu suchen. Emma soll derweil als Sutton in Phoenix der Adoptivfamilie vorgaukeln, dass alles in Ordnung ist. Allerdings ist so gut wie gar nichts in Ordnung, als Sutton nach zwei Tagen nicht zurückkehrt, und Emma sich gezwungen sieht, das Spiel als Suttons Doppelgängerin fortzusetzen...

«The Lying Game» hat das Problem, mit zwei Serien verglichen zu werden. Zuerst mit «Pretty Little Liars», welches die gleiche Aufmachung zu bieten hat, und dann sogar mit The CWs in einem Monat kommenden Thrillerdrama «Ringer», welches den selben Plot hat. Die Produzenten von «The Lying Game» wollen mit ihrer Serie jedoch ihre eigenen Geschichten erzählen, von denen es in der Pilotfolge jedoch nicht viele gibt. Als Zuschauer ist man gezwungen, den Twist der Vertauschung schnell zu akzeptieren, bevor es unlogisch wird: Sutton mag ihre Gründe haben, warum sie Emma als Doppelgängerin ihrer selbst in Phoenix braucht, jedoch werden diese Gründe in der Premiere nicht erörtert. Stattdessen wird Emma einfach so in den Doppelgänger-Twist hineingeworfen und muss sich nun mit Suttons Familie, Suttons Adoptivschwester Laurel (Allie Gonino) und Suttons geheimer Romanze Ethan (Blair Redford) herumschlagen, und erfährt in zwei Tagen über ihre Zwillingsschwester mehr, als sie in den drei Monaten zuvor tat. Dass «The Lying Game» sich letztendlich darauf fokussiert zu zeigen, wie Emma in Suttons Welt klarkommt, macht es nicht einfacher zu akzeptieren, warum Emma in Suttons Welt ist, und warum Sutton nicht einfach ihrer Familie sagen konnte, dass sie sich für ein Wochenende nach Los Angeles verabschiedet.

Ob das nun ein Teil des Mysteryplots sein wird, und Sutton weitaus größere Hintergedanken und Pläne mit Emma hat, wird sich im Verlaufe der nächsten neun Episoden zeigen müssen. Allerdings endet die Pilotfolge mit dem bitteren Nachgeschmack, dass die Serienautoren sich nur auf Emma konzentrieren, und Suttons Version der Geschichte im Hintergrund behalten wollen. Zusätzlich wurde das Geheimnis um die Zwillingsschwestern sowie der wahre Grund, warum ihre biologischen Eltern sie nach ihrer Geburt aufgegeben haben, in der Premiere nicht weitreichend entwickelt. Informationen bekommen die Zuschauer in den 43 Minuten fast keine und selbst der Mysteryanteil der Serie geht im Strudel des Soundtracks, gefüllt mit tanzbaren Popsongs von gestern und heute, und den Make-Overs und Poolpartys von Suttons Freunden komplett unter. Obwohl der Pilot gut darin ist, all seine Charaktere einzuführen, gibt es keinen Grund zu glauben, warum «The Lying Game» zum Teil eine Mysteryserie sein soll. Dafür entspricht der dunkle Ton des Storytellings nicht den Erwartungen der Zuschauer, die eine Nachspeise vom «Pretty Little Liars»-Kuchen haben wollen, und die Lügen, welche zwischen den Zwillingsschwestern umhertanzen, kann man objektiv betrachtet nicht einmal als gravierend oder bedrohlich bezeichnen.

Immerhin machen die Darsteller einen soliden Job, wenn sie denn von den Autoren gutes Material geliefert bekommen. Alexandra Chando ist in ihrer Doppelrolle eine Augenweide und braucht sich nicht vor Nina Dobrev in «The Vampire Diaries» zu verstecken. Sharon Pierre-Louis gibt als Suttons klischeebeladene Rivalin einen überraschend positiven Einstand, während Suttons BFFs, dargestellt von Alice Greczyn und Kristen Prout, immerhin wissen, was sie in der Serie tun müssen. Was man von Suttons Eltern nicht behaupten kann: Das ehemalige Supergirl Helen Slater ist nicht in der Lage sich über den jungen Cast zu stellen und bei Andy Buckley fragte man sich während seines gefühlten 30-Sekunden-Auftritts, ob er überhaupt das Drehbuch gelesen hat, so abwesend wie er wirkte. Bei einer Anzahl von neun Hauptcharakteren ist es jedoch kein Wunder, wenn der ein oder andere Charakter so gut wie keine Aufmerksamkeit erhält, weil die Autoren es für nötig hielten, lieber den Soap-Aspekt der Serie zu unterstreichen, als Gründe zu liefern, warum es sich lohnt «The Lying Game» im wöchentlichen Rhythmus zu verfolgen.

Am Ende ist «The Lying Game» genauso zwiegespalten wie die Motive der Zwillingsschwestern: Für einen Piloten solide und ohne Hektik erzählt, allerdings bietet es nicht genügend Material für die großen Geschichten. Und als hätten die Zuschauer nichts anderes erwartet, fielen die Quoten genauso aus wie die Pilotfolge. Rund 1,39 Millionen Zuschauer schalteten ein und gaben «The Lying Game» den schwächsten Start aller neuen ABC-Family-Serien in diesem Sommer. Chancen für eine Verlängerung sind vom Startfleck weg also schlecht. Für Fans des Genres ist dies allerdings kein Beinbruch. Immerhin liefert «Pretty Little Liars» noch gute Quoten, und mit dem heiß erwarteten «Ringer» steht auch schon die nächste Doppelgänger/Zwillingsschwester-Mystery-Thrillerserie in den Startlöchern.

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