Hingeschaut

«Die Geissens» - eine schrecklich langweilige Familie

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Luxus und Glamour hat sich das Jetset-Ehepaar auf die Fahnen geschrieben und prahlt damit. Jede Moral wird über Bord der Luxus-Yacht geworfen.

Eine schreckliche nette Familie sind «Die Geissens» bei RTL II nicht. Denn sie protzen nur so mit ihren Millionen, wo es nur geht. „Schrecklich“ aber ist das passende Adjektiv für die Reality-Sendung, mit der der Münchner Sender am Montagabend aber erfolgreich ist. Mit «Die Geissens – eine schrecklich glamouröse Familie» dokumentiert RTL II den Luxus-Alltag. Doch dabei zeigt sich das Ehepaar Robert und Carmen Geiss mit ihren Kindern vielmehr als „schrecklich prollige Familie“, weil die Jetset-Millionäre keine Kosten scheuen, um ihre Zuschauer mit blankem Neid und Missgunst zurück zu lassen. Da schüttelt das RTL II-Publikum nur mit dem Kopf, wenn die beiden Kölner in einer der letzten Folgen von ihrer Residenz in Monaco in die rheinische Heimat fliegen, aber den fünfminütigen Fußmarsch vom Nobelhotel über die Brücke zum Kölner Dom beinahe mit dem Porsche fahren. Vor der alten Schule von Robert Geiss protzt dieser sogar vor Teenager herum: „Ich war damals hier noch auf der Hauptschule, jetzt ist das ein Gymnasium. Heute fahre ich Porsche – und was fahren eure Väter?“, grinst er schelmisch vor sich hin.

Fremdschämen ist angesagt, wenn «Die Geissens» überall in der Welt auftauchen und nur die teuersten Hobbys ausleben. So auch in der jüngsten Folge am Montag, als Robert Geiss beim Pärchenurlaub mit seiner Gattin Carmen, die zuletzt sogar eine Ballermann-Nummer mit Jürgen Drews aufgenommen hat, auf der Luxus-Yacht dem Golfspielen frönt. „Du hast auch einen an der Waffel“, mahnt die Gattin noch. Doch der Macho-Spruch lässt nicht lange auf sich warten: „Ich hatte kein Federballspiel. Was soll ich machen?“, belustigt der sich weiter an einem Luxus-Hobby. Dabei gehen nicht nur die Golfbälle, sondern auch die Moral über Bord.

Schnelle Autos, teure Yachten, teure Hotelzimmer, glamouröse Etablissements, luxuriöses Shopping und südhaftteure Wellness sind die Markenzeichen der «Geissens». Auf Ibiza vergnügt sich das Paar auf der mehrere Millionen teuren Yacht inklusive Crew, hadert dabei höchstens mit dem Wetter. Gerade Robert Geiss liebt das Jetset-Leben und ist gerne dort, wo da Wetter gut ist – koste es was es wolle. Geldverschwendung auf «Geissens»-Niveau bringt RTL II gute Einschaltquoten, während der Sender selbst weniger tief in die Tasche greifen muss. Wenn Carmen Geiss durch die Edelboutiquen von Ibiza tingelt, ist die Kamera einfach dabei und begleitet sie beim Shoppen in der High Society.

Ein Ausflug zu einer Privat-Modenschau samt Bikinis lässt nicht lange auf sich warten. Doch damit ist noch nicht genug. Ihr Winterdomizil schlagen die «Geissens» in Kitzbühel auf, zuvor geht es aber eben mal noch zum Münchner Oktoberfest. Der Luxus macht es möglich und während die schrecklich prollige Familie ihr Geld für den Glamour und die neidischen Blicke der Mitmenschen zum Fenster rauswirft, hält RTL II das seinen Zuschauern vor. Sie dürfen sogar zuschauen, wenn die «Geissens» eine wilde Party feiern, zu der Robert kurzerhand eingeladen hat. Dem Multimillionär ist es dabei auch schnuppe, dass seine Frau Carmen sich eher Erholung versprochen hat und gleich auch mal der Haussegen schief hängt. Doch die Wogen sind schnell geglättet, wenn sie sich beim Friseurbesuch es sich so richtig gut gehen lassen darf. Das Geld macht es möglich. Doch ob die «Geissens» damit auch tagtäglich glücklich sind, verrät RTL II nicht. Vielmehr lässt der Sender das Luxus-Ehepaar sich mit ihren Millionen-Trips und Spielereien prahlen.

Doch was reizt das deutsche Publikum, dass es jeden Montag einschaltet? Ganz einfach: RTL II verkauft «Die Geissens» trotz ihrer Millionen als sympathische, aber glamouröse Familie. Mit etwas Humor und den Macho-Sprüchen verpackt findet das seine Zuschauer, die sich daran schier ergötzen oder belustigen wollen. Insgeheim wartet das Publikum vielleicht auch nur darauf, dass die «Geissens» über ihren Luxus stolpern. Doch das wäre schlichtweg suboptimal, denn das Jetset-Ehepaar mit ihren Kinder soll durchweg einen ehrlichen und extrem natürlich Touch vermitteln, damit der Zuschauer sich ein stückweit mit ihnen identifizieren kann. Denn schließlich haben beide ihre Wurzeln in Köln, sind dort mit „Uncle Sam“ reich geworden und haben auch charakterlich die waschechte kölsche Frohnatur im Herzen. Auch wenn sie Deutschland lieber meiden und an den sonnigen Stränden der Welt ihre Ferienresidenzen aufgebaut haben. Sie schwimmen im Luxus, sie prahlen, sie protzen und doch sind sie sich irgendwie treu geblieben.

Denn es ist eben ihre Art, genau so rüber zukommen, dass der Zuschauer ihnen die Luxus-Nummer einerseits gar nicht recht abkaufen möchte, andererseits aber auch neidisch auf den unendlichen Reichtum ist. «Die Geissens» nehmen sich selbst nicht allzu ernst und auch die Macher der Sendung versuchen mit ironischen Kommentaren aus dem Off eben diese Ernsthaftigkeit zu vermeiden. Denn letztlich sollen «Die Geissens» ja nur unterhalten. Doch allein mit Dekadenz und den Einblicken in das Reich der Superreichen holt RTL II vielleicht die neidischen Ottonormalverbraucher hinter dem Ofen hervor, doch das Niveau bleibt gänzlich auf der Strecke. Schrecklich ist nicht die Glamour der «Geissens», sondern vor allem die prollige Art wie sie sich des Öfteren geben. Da mag der eine oder andere Spruch einmal lustig sein, doch nach spätestens einer Folge ist auch das schon nur noch langweilig und eintönig – und das trotz allem Luxus.

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