Die Kritiker

«Alles was recht ist: Väter, Töchter, Söhne»

von

Story


Ein scheinbarer Routinefall der freigeistigen Richterin Lena Kalbach entpuppt sich als eine äußerst delikate Sorgerechtsfrage: Nachdem der Kneipier René Dörfler den Kirchenchor-Leiter Franz Bergen attackiert hat, weil dieser seinen Sohn Moritz in Ruhe lassen soll, sieht Bergen zwar von einer Klage wegen Körperverletzung ab - dafür zieht er aber wenig später vor Gericht, um das Umgangsrecht mit dem Jungen zu erstreiten. Weder sein Anwalt, der frisch aus Frankfurt zugezogene Topjurist Friedrich Gross, noch Lena rechnen Bergen große Erfolgschancen aus. Bis dieser sich als einstiger Samenspender und damit als leiblicher Vater von Moritz zu erkennen gibt.

Da der stolze Dörfler sich dennoch weigert, Bergen den Umgang mit Moritz zu gestatten, steht Lena vor der heiklen Aufgabe, eine Lösung zu finden, die allen Seiten und vor allem dem kleinen Moritz gerecht wird. Aber auch in ihrer eigenen Familie wird Lena auf verschiedenen Eben mit Vaterschaftsfragen konfrontiert. Da ist zum einen ihre Tochter, die resolute Staatsanwältin Nike, die ihren leiblichen Vater nie kennengelernt hat und nun alles daransetzt, diesen zu finden - auch gegen den Willen ihrer Mutter. Zum anderen sind da Lenas Enkelkinder Klara und Emanuel, die befürchten, ihren Papa zu verlieren, nachdem Nike ihn wegen eines Seitensprungs vor die Tür gesetzt hat.

Und als wäre das alles nicht Aufregung genug, muss Lena sich auch noch mit ihrem Vorgesetzten Dr. Kästle herumärgern, der die unangepasste Richterin am liebsten ins ferne Den Haag abschieben würde. Umso wichtiger ist es, dass Lena ihm keine Angriffsfläche bietet und ihre Neutralität wahrt - was nicht ganz einfach ist, denn zwischen ihr und Rechtsanwalt Gross bahnt sich eine heimliche Romanze an.

Darsteller
Michaela May («Polizeiruf 110») ist Dr. Lena Kalbach
Götz Schubert («KDD – Kriminaldauerdienst») ist Friedrich Gross
Anna Schudt («Verhältnisse») ist Dr. Nike Reichert
Oliver Breite («Post Mortem») ist Johannes Reichert
Helmfried von Lüttichau («Wickie und die starken Männer») ist Dr. Kästle
Sonsee Neu («Pastewka») ist Karin Dörfler
Aleksandar Jovanovic («Die Schatzinsel») ist René Dörfler

Kritik
Alles was recht ist, aber einen derart unrealistischen Film hat man selbst von der Degeto selten gesehen. In der neuen Ausgabe der losen ARD-Reihe sitzen Mutter und Tochter als Richterin und Staatsanwältin schon mal in derselben Verhandlung und ebenso kommt es gerne einmal vor, dass ein kleiner Junge einfach so mitten in die Sitzung platzt. Lena Kalbach lässt in ihrem Gerichtssaal Dinge zu, die kein ordentlicher Richter Deutschlands dulden würde. Generell scheint der Hauptprotagonistin eine gesunde Einstellung zum deutschen Rechtssystem vollkommen zu fehlen. Die milde Strafe für René Dörfler begründet sie ihrer Tochter (der Staatsanwältin in diesem Fall!) gegenüber etwa dadurch, dass sie dessen Sohn ja nicht den Vater wegnehmen könne. Klar. Nur, weil er dem Chorleiter seines Sprösslings im Wutanfall ein paar Knochen gebrochen hat. Wer Kinder hat, darf das schon einmal.

Doch das scheint den Autoren Khyana El Bitar, Matthias Keilich und Hermann Kirchmann noch nicht zu reichen. Denn im dritten Akt schläft Lena Kalbach noch mit einem Anwalt, der an einem ihrer Verfahren beteiligt ist. Eine merkwürdige Einstellung zur Justiz, die dieses Drehbuch offenbart. Und erst recht keine wünschenswerte Vorstellung, wie es dieser Film transportieren will. Es endet wie beim „kaukasischen Kreidekreis“. Nur eben ohne den Tiefgang. Oder die Differenziertheit.

Doch der Schwachsinn geht noch weiter: Denn als Lenas Tochter Nike von ihrem Gatten betrogen wird und diesen deswegen verständlicherweise aus dem gemeinsamen Haus wirft, ist Lena als Mater Familias entsetzt. Wie kann sie das denn den Kindern antun? Schließlich sei das ja ein ganz normales Verhalten. Einen undifferenzierteren Umgang mit der Thematik kann man sich nicht vorstellen. So landet das Drehbuch dann bei der widerwärtigen Maxime: Vergebe und vergesse und verleugne dich dabei selbst! Nur nicht die heile Welt zerstören! So marschiert man durch den ganzen Film, dass einem fast schlecht wird. «Alles was recht ist – Väter, Töchter, Söhne» von Regisseur Christoph Schrewe bleibt die ganze Laufzeit über so einfallslos wie der Titel und undifferenziert bis ins Mark. Banales Geschwätz und Degeneration dominieren dieses Machwerk. Rationalität war gestern, heute herrscht der Stumpfsinn.

Nicht verwunderlich ist es dabei, dass angesichts dieser dramaturgischen Katastrophe auch die schauspielerischen Leistungen unterirdisch sind. Michaela May tut den ganzen Film über nichts anderes, als zu lächeln und nette Worte zu sagen – mehr verlangt das Drehbuch von ihr allerdings auch nicht. Lediglich Sonsee Neu und Götz Schubert traut man zu, eine Rolle in einem besseren Film zu landen. Jeder, der einen Sinn für guten Geschmack hat, ist mit «Alles was recht ist – Väter, Töchter, Söhne» schlecht bedient.

Das Erste strahlt «Alles was recht ist: Väter, Töchter, Söhne» am Mittwoch, den 12. Januar 2011, aus.

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