Die Kino-Kritiker

«Bon Appétit»

von
Die internationale Koproduktion «Bon Appétit» ist ein mit Nora Tschirner garniertes Gourmet-Menü der kultivierten Langeweile.

Der aufstrebende spanische Koch Daniel (Unax Ugalde) erhielt eine Anstellung in einem Züricher Sternerestaurant. Unter dem bekannten Gourmetkoch Thomas Wackerle (Herbert Knaup) und dessen rechter Hand Hugo (Giulio Berruti) will er in seinem Traumberuf erproben und auf der Karriereleiter ein Stück weiter nach oben rutschen. Am Arbeitsplatz lernt er auch die Sommelière Hanna (Nora Tschirner) kennen, in die er sich sofort verliebt. Als er mit Hugo und Hanna en gemeinsamen Abend in der Stadt verbringt, erfährt er, dass die beiden für kurze Zeit eine Beziehung hatten – und dass Hanna derzeit eine Affäre mit ihrem verheirateten Chef führt. Dennoch kommen sich Hanna und Daniel näher, was durch die verworrenen Liebesgeschichten im Restaurant allerdings zahlreiche Probleme mit sich bringt.

Wer sich in der kalten Jahreszeit mal wieder ins kuschelige Kino flüchten möchte, jedoch ungewillt ist, seine geliebten Telenovelas und Kochshows zu versäumen, der ist mit «Bon Appétit» hervorragend beraten. Denn die internationale Gemeinschaftsproduktion ist nichts weiteres, als eine auf Spielfilmlänge kondensierte Telenovela über das Liebes-Wirrwarr in einem Züricher Sternerestaurant. Wer sich jetzt auf übertriebenen Kitsch und dadurch erzeugte Fremdschämkomik freut, der wird von Regisseur David Pinillos aber jäh enttäuscht. Gerade diese Zutat ließ er bei seiner lauwarmen Filmkomposition größtenteils aus. Übrig bleibt die haarsträubende, Haken schlagende Telenovela-Handlung und dieses leere Gefühl, dass es doch mehr hätte werden können.

«Bon Appétit» stellt an sich selbst den Anspruch, die ausgereizten Romanzen-Rezepte links liegen zu lassen und auf stereotype Kinofiguren zu verzichten. Ein löbliches Vorhaben, welches allerdings scheitert, wenn man die überreizte Kost nicht zu ersetzen vermag. Man kann David Pinillos und seinen Co-Autoren Juan Carlos Rubio und Paco Cabezas gratulieren, dass sie in «Bon Appétit» tatsächlich keine Figuren erschufen, wie man sie bereits tausendmal sah: Der Film hat nämlich überhaupt keine Persönlichkeiten, sondern einzig und allein dem Zuschauer gleichgültige Gesichter. Diese tragen gestelzten Dialog vor, welcher es sich zum alleinigen Ziel machte, die Handlung auf Spielfilmlänge zu bringen. Emotionen können die Figuren nicht erwecken, von ein paar hauchzarten Schmunzlern abgesehen, die immer dann auftauschen, wenn Tschirner aus ihrer spröden Leinwandfigur ausbricht und ihren typischen Sarkasmus in das Endprodukt mogelt. Die männlichen Figuren bleiben dagegen vollkommene Sklaven der emotionslos dahinplätschernden Handlung. Da mutiert der Protagonist zwischen zwei Szenen vom traurigen Duckmäuser zum Ellenbogen ausfahrenden Karrierehengst, weil es ja langsam Zeit für einen Konflikt wird. Der zwei Szenen später bereits wieder geklärt wird.

Die strukturlose Aneinanderreihung von Sequenzen verhindert es, dass «Bon Appétit» auf der Handlungsebene die Mängel seiner Figuren wieder gut machen kann. Da einem sowohl die Figuren, als auch das Intrigenwirrwarr kalt zurücklassen, scheitert diese Romanze am wichtigsten Punkt dieses Genres: Das Gefühl. Wenn sie, wie «Bon Appétit», keine Emotionen vermittelt, dann nützt auch die recht ansprechende Kameraarbeit herzlich wenig.

Fast könnte man glauben, dass die Jury des spanischen Filmfestivals in Málaga einen komplett anderen Film sah. Dort gewann «Bon Appétit» nämlich den Spezialpreis der Jury sowie Auszeichnungen für das beste Drehbuch und den besten Hauptdarsteller. Vielleicht schlummerte die Jury aber auch nur nach den gelungenen ersten zwei Treffen zwischen Hanna und Daniel selig ein. Im Gegensatz zum deutschen Publikum musste die Jury diese Sequenzen wenigstens nicht mit der gelangweilten Selbst-Synchro sehen, die einen stets auf ein verräterisches Gähnen von Nora Tschirner warten lässt.

Fazit: «Bon Appétit» ist gut gemeint, nett angerichtet und trockenfad. Eine beliebig erzählte Geschichte, Figuren ohne Persönlichkeit und hölzerne Dialoge deklassieren die passabel startende Gourmet-Romanze zur kompakten Kino-Telenovela.

«Bon Appétit» ist seit dem 25. November in einigen deutschen Kinos zu sehen.

Kurz-URL: qmde.de/46062
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