Zur Lage der TV-Nation

RTL vs. ProSieben vs. Sat.1

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Die Programmpräsentationen der großen Privatsender RTL, ProSieben und Sat.1 für das kommende Fernsehjahr liegen hinter uns. Welche TV-Station hat die besten Neustarts im Portfolio, wo wird Mut zum Risiko gezeigt und welche Sender haben enttäuscht? Quotenmeter.de mit der Analyse.

In der vergangenen TV-Saison, welche die werbewirtschaftlich wichtigsten Monate von September 2009 bis Mai 2010 berücksichtigt, war Branchenprimus RTL mal wieder der große Gewinner beim Fernsehpublikum: Die durchschnittlichen Marktanteile bei den 14- bis 49-Jährigen konnten von 16,6 auf 18,1 Prozent gesteigert werden – kein anderer Sender hatte ähnlich hohe Zuwächse, schon gar nicht in relativer Größenordnung. Der Erfolg rührt hauptsächlich vom unglaublich erfolgreichen Nachmittagsprogramm sowie den Klassikern wie «DSDS» und «Das Supertalent» her, welche mit der jeweils letzten Staffel noch einmal an Marktanteilen zulegen konnten. Auch ProSieben kletterte leicht von 12,0 auf 12,1 Prozent; Sat.1 steigerte sich von 10,8 auf 11,0 Prozent. Die erfolgreichen vergangenen Monate haben bei den Programmpräsentationen für die neue Saison ihre Spuren hinterlassen, denn innovative Formate wurden kaum angekündigt. Die Devise lautet hauptsächlich: Weiter wie bisher.

US-Serie
Probleme könnte es in den kommenden Monaten bei RTL mit den US-Serien, vorrangig am Dienstag, geben: «House» ist von ehemaligen Rekordwerten weit entfernt und musste mehrere Prozentpunkte einbüßen. Und von «Monk» hat RTL nur noch wenige neue Folgen auf Lager, bevor die Serie komplett abgeschlossen ist. Das Problem ist leicht ausgemacht: ProSieben hat mit seinem neuen Comedy-Dienstag («Simpsons», «Two and a Half Men») unglaublich einschlagen können und RTL einige Zuschauer abgefischt. Neben Monk wird auch «Law & Order» enden. Umso verwunderlicher ist es, dass die Kölner keinen Handlungsbedarf sehen und nicht eine einzige neue US-Serie für die kommende Saison angekündigt haben. Man wolle auf den neuen Output-Deal mit Warner Bros. warten, der frische Serien zuspielen soll. Aber dies ist ein risikoreiches Unterfangen: Floppen die neuen Serien in den USA selbst bzw. gibt es keine inhaltlich gute Ware, steht RTL 2011 mit einem sehr mageren Angebot an US-Serien da.

Ähnlich vorsichtig sondiert der selbsternannte Seriensender Nr.1 ProSieben den Markt: Auch hier wurde kein einziges neues US-Format angekündigt und auch hier soll der neue Output-Deal mit FOX die Serien bringen. Im Vergleich zu RTL endet aber voraussichtlich auch keines der bekannten US-Formate, die man im Programm hat: Die «Desperate Housewives», «Grey`s Anatomy», «Private Practice», «Fringe» oder auch «Vampire Diaries» haben allesamt neue Staffeln bekommen. Neu ist lediglich das FOX-Format «Human Target», das ab September im Anschluss an «Fringe» ausgestrahlt wird. Da die US-Zuschauer aber reihenweise im Laufe der ersten Staffel abgeschaltet haben, ist dieses neue Programm alles andere als eine sichere Quotenbank. Ebenfalls ohne US-Ankündigung ist Sat.1 geblieben – hier will man weiterhin also nur am Wochenende mit amerikanischer Ware Quote machen.

Zur Verteidigung der scheinbar mutlosen Sender sei gesagt, dass die vergangene TV-Saison in den USA alles andere als fruchtbar war: Die meisten Neustarts sind gefloppt und haben sich als untauglich für den deutschen Markt erwiesen. Umso interessanter ist es, welche Serien zwischen den Zeilen eben nicht angekündigt wurden: Der erfolgreichste US-Neustart der vergangenen Monate – die Musik-Comedy «Glee» – wurde von keinem deutschen Sender als Neuzugang präsentiert. Das Erstzugriffsrecht hatte die RTL-Gruppe. Sie wird es auch genutzt haben, denn sonst hätte ProSieben das neue Format «Glee» mit Sicherheit angekündigt. Entweder verkauft RTL die Serie nun noch an ProSiebenSat.1 weiter oder man strahlt sie in der eigenen Sendergruppe aus – Super RTL hatte sich vor einigen Monaten hier ins Gespräch gebracht. Aber bringt man es wirklich fertig, eines der erfolgreichsten US-Programme dieser Zeit bei seinem kleinsten Sender zu „verheizen“?

Nach dem Erfolg von «Vampire Diaries» haben sicherlich auch einige TV-Beobachter auf eine Free-TV-Ausstrahlung des HBO-Hits «True Blood» spekuliert, der eine etwas erwachsenere Version des kontemporären Vampir-Hypes darstellt. Und dass ungewöhnliche Ware des Pay-TV-Kanals HBO gute Quote machen kann, zeigt kabel eins aktuell mit «The Pacific». Doch auch hier blieb eine Ankündigung seitens ProSieben aus. In jedem Fall waren die Planungen der Sender im Bereich US-Serien zusammenfassend eines: eine maßlose Enttäuschung.

Deutsche Serie
Möglicherweise hängt diese Entwicklung auch mit der wiedererstarkten deutschen Serie zusammen. Einer der prägnantesten Quotenerfolge der vergangenen Monate ist sicherlich der Sat.1-Montag mit den beiden Serien «Der letzte Bulle» und «Danni Lowinski», die in einer zweiten Staffel wiederkehren werden. Auch RTL bestellte von «Alarm für Cobra 11», «Lasko – Die Faust Gottes», «Countdown» und «Doctor’s Diary» jeweils neue Folgen und pilotiert eine neue Serie namens «Die Trickser», die als moderne Version von «Robin Hood» angekündigt wurde: Ein Team von vier Gaunern hilft Betrugsopfern. Löblich, dass RTL im Bereich Deutsche Serie also weiter ausbaut, wenn auch ohne Mut zum Risiko. Denn das neue Format wird zunächst mit nur einer Folge getestet und geht erst bei Erfolg in Serienproduktion.

Überraschend kündigte Sat.1 keine neue eigenproduzierte Serie an, obwohl man gerade damit großen Erfolg hat. Vielleicht haben die starken Quoten den Sender selbst so überrumpelt, sodass neue Konzepte nicht allzu schnell entwickelt werden konnten. Und ProSieben testet ebenfalls nur einmalig «Kreutzer kommt», in der Christoph Maria Herbst einen unkonventionellen Kommissar spielt – diese neue Sendung wird mit ziemlicher Sicherheit einer der größten Geheimtipps der nächsten TV-Monate. Eine Überraschung ist auch die Ankündigung einer fünften «Stromberg»-Staffel, obwohl im Vorfeld der vierten Runde kolportiert wurde, dass es keine weiteren neuen Folgen, sondern höchstens noch einen Kinofilm geben werde. Doch diesmal hat «Stromberg» wohl genau das gerettet, was ihm in der ersten Staffel noch fast zum Verhängnis geworden war: die Einschaltquote.

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