Schlüter sieht's

«Schlüter sieht's»: RTL melkt Kühe

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RTL wird in «Die Farm» demnächst Kandidaten auf den Bauernhof bringen. Ein Format, das zum Scheitern verurteilt ist?

In dieser Woche wurde durch den Branchendienst kress bekannt, dass RTL aktuell in Schweden das Reality-Format «Die Farm» produziert, in dem zehn Kandidaten fernab der Zivilisation und ohne Strom oder Modernität auf einem klassischen Bauernhof ihr Leben und ihren Alltag bestreiten müssen. Nach Informationen von stern.de wird Inka Bause diese Sendung moderieren, die ab Herbst ausgestrahlt werden soll. Wer auch sonst? Schließlich ist ihre ähnliche Show «Bauer sucht Frau» weiterhin eines der erfolgreichsten Formate im deutschen Privatfernsehen. Aber heißt das auch, dass «Die Farm» gute Quoten erzielen wird?

Zunächst einmal ist die Sendung nicht, wie anzunehmen wäre, ein zweites «Ich bin ein Star». Denn die Dreharbeiten laufen schon; die Sendung wird später nur wöchentlich und natürlich auch nicht live ausgestrahlt. Damit bekommt der Zuschauer jede Woche einen Zusammenschnitt einer normalen Reality-Doku mit normalen Leuten zu sehen, auch wenn am Ende der Sendung jeweils einer der Kandidaten die Farm verlassen muss. Ein Ersatz für das Dschungelcamp, das im nächsten Jahr nicht stattfinden wird, ist diese Show also keinesfalls. Und damit wird sie auch sicherlich nicht ein solches Event wie in anderen Ländern, sondern eher ein Nischenprogramm – vielleicht für den Sonntagvorabend. Dass diesmal wohl keine Prominenten, sondern normale Kandidaten teilnehmen, ist bei einem solchen Format eher Nachteil als Vorteil.

Hätte RTL sich also hier mehr trauen müssen und eine Art zweites Dschungelcamp mit täglichen Live-Shows und Prominenten aufziehen sollen? Die Antwort ist nicht einfach: Einerseits hat ProSieben mit der ähnlichen Show «Die Alm» bewiesen, dass man damit sehr hohe Quoten erzielen kann, aber andererseits würde RTL ein hohes Risiko eingehen, da die Produktionskosten für solche Events einfach sehr hoch sind – und wenn man schon kein Dschungelcamp sendet, dann wird man es sicherlich nicht mit einem neuen Format wie «Die Farm» probieren.

Letztendlich befindet sich der Sender aber damit auf einem schmalen Grat: Ohne den Live-Faktor dürfte der Zuschauer herzlich wenig Interesse für normale Menschen entwickeln, die Kühe melken, Hemden waschen oder Kartoffeln pflanzen. Gerade die Möglichkeit, ungeliebte Teilnehmer am Ende per Telefonvoting aus der Show wählen zu können, macht einen großen Teil des Reizes solcher Formate aus. Denn hier wird das Gefühl erweckt, dass der Zuschauer selbst den Sendeablauf beeinflussen kann und damit in der Hand hat, wie die nächsten Folgen wohl aussehen werden. Dieses Live-Element fällt in «Die Farm» komplett weg. Was das Publikum daher dann wahrscheinlich zu sehen bekommen wird, sind gescriptete, scheinbar unvorhergesehene Ereignisse und inszenierte Situationen, um die Stimmung anzuheizen. Und ob dies dann am Ende zu hohen Quoten bei RTL führen wird, ist zumindest sehr zweifelhaft. Übrigens: In den meisten Ländern, in die das schwedische Format verkauft wurde, ist die Show nach einer oder zwei Staffeln eingestellt worden. Keine guten Aussichten also für Bäuerin Bause und ihre Schäfchen.

Jan Schlüters Branchenkommentar beleuchtet das TV-Business von einer etwas anderen Seite und gibt ein paar neue Denkanstöße, um die Fernsehwelt ein wenig klarer zu sehen. Eine neue Ausgabe gibt es jeden Freitag nur auf Quotenmeter.de.

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