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VMAs 2008: Kinderfernsehen und Nuttenfummel

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In Los Angeles wurden in der Nacht von Sonntag auf Montag zum 25. Mal die «MTV Video Music Awards» verliehen. Christian Richter hat sich die Preisverleihung angesehen.

Um die wichtigste Frage gleich vorweg zu klären. Ja, Britney Spears war wirklich da und nein, sie hat sich nicht blamiert. Dazu hatte sie auch keine Gelegenheit. Schien doch die diesjährige Verleihung der «MTV Video Music Awards» eine einzige Lobhudelei für die gescheiterte Popqueen gewesen zu sein. Bereits in der Preshow sorgten sich die Moderatoren und Stars um kein anderes Thema auf der Welt. Nach dem verpatzten Auftritt bei den vergangenen VMAs, bei dem sie orientierungslos und gut genährt über die Bühne stolperte, sollte ihr Auftritt das große Comeback werden. Der Hype wurde mit einem Countdown auf die Spitze getrieben, bei dem Britney von der Garderobe von einer unglaublich wichtig wirkenden Aufnahmeleiterin auf die Bühnegeleitet wurde.

Logo: MTVUnd dann kam der Moment, auf den die gesamte Weltöffentlichkeit gewartet hatte: Britney Spears betrat die Bühne und eröffnete die Show mit einem einzigen Satz. Das war’s. Mehr nicht. Ein Satz. Das war das große Comeback der großen Britney Spears. Kein Gesang, kein Tanzen, keine Küsse mit Madonna. Und dafür dieser ganze Rummel? Zugegeben, sie hatte offensichtlich abgenommen und auch die Perücke saß gut, aber dass ihr MTV deswegen einen solchen Zirkus veranstaltete, war nur peinlich. Wenigstens konnte sie drei Awards mit nach Hause nehmen, sodass sie die Diät nicht wegen des einen Satzes machen musste.

Einen der Preise wurde ihr von Paris Hilton übergeben, sodass die beiden Ex-Busen-Freundinnen und bekennenden Unterwäscherverweigerinnen wieder vereint waren. Britney bedankte sich brav bei allen Fans und skurrilerweise vor allem bei ihrer Familie und ihren Söhnen. Merkwürdig, die Söhne darf sie nur noch unter Aufsicht sehen und ihre Mutter hat sie seit ihrer Kindheit gnadenlos auf jede Bühne gezerrt und veröffentlichte jetzt ein Enthüllungsbuch über das Intimleben ihrer Tochter. Vielleicht meinte sie mit der Familie aber auch nur ihre minderjährige Schwester Jamie-Lynn, die vor ein paar Wochen Mutter wurde. Wer weiß?




Überhaupt, wieso war eigentlich Mini-Spears nicht bei der Show anwesend? Denn insgesamt wirkte die Verleihung wie ein Programm aus dem Kinderfernsehen. Hinter der Bühne muss der Kindersekt in Strömen geflossen sein, da kaum ein Mitwirkender volljährig war. Die Nominierten und Presenter kamen beinahe ausschließlich aus den Produktionen des Disney-Channels oder Nickelodeon. Darunter die Crew vom «High School Musical», »Drake & Josh» und die Jonas Brothers. Als kleines Highlight des MTV Kindergeburtstag spielte «Hannah Montana» mit Tokio Hotel auf der Playstation.

Letztere konnten überraschenderweise den Preis als „Best New Artist“ nach Magdeburg holen, nachdem sie mit dem eigenen Tokio-Hotel-Monster-Truck über den roten Teppich fuhren. Eine blonde Amerikanerin kreischte zuvor, dass die drei Jungs total süß wären. Vielleicht sollte ihr jemand sagen, dass der Sänger Bill trotz des Mascaras kein Mädchen ist.

Im Kontrast zu den Kinderstars zwängten sich Pink, Rihanna und Christina Aguliera für ihre Auftritte in den engsten Nuttenfummel, den sie aus Latex finden konnten. Dabei schienen sie um einen Platz in Hugo Egons Balders Doppelgänger-Show zu kämpfen, denn Christina Aguilera erschien als Kopie von Sarah Connor während Pink und Rihanna sich gegenseitig imitierten. Bis auf die Haarfarbe ähnelten sich die beiden Sängerinnen von Frisur bis Klamotten wie eine Spears-Schwester der anderen.

Doch auch die männlichen Hip-Hoper waren nur schwer voneinander zu unterscheiden. Allenfalls anhand der unterschiedlichen Unterhosenfarbe, die über den tief hängenden Jeans zu sehen waren. Verziert waren diese mit Tüchern in den Gesäßtaschen, die al hängengebliebenes Klopapier erinnerten.

Der britische Moderator der Show Russel Brand muss vor der Show den gesamten Kaffeebestand des Caterings getrunken haben, anders ist das nervöse Rumgerenne auf der Bühne nicht zu erklären. Seine hektischen Moderationen ohne Atempause waren dafür jedoch sehr abwechslungsreich. Entweder rief er zur Wahl von Obama auf, kritisierte die Republikaner oder beschimpfte George W. Bush. Auch optisch schien Brand etwas durch den Wind gewesen zu sein. Seine Frisur wirkte, als hätte er mit dem Rücken zu einem starken Ventilator gestanden. Bei Hugos Doppelgängershow ginge er locker als Urban Priol durch.

Highlight der Show war der Auftritt von T.I. und dem Latex-Luder Rihanna, bei dem beide versuchten, so lässig und böse zu gucken wie möglich. Dieser Eindruck wurde jedoch ungewollte ins Lächerliche gezogen, als beide Künstler als Duett ihren Song „Live Your Life“ sangen. Dieser war nämlich eine Coverversion von „Dragostea Din Tei“ des rumänischen Rumpel-Trios O-Zone. Man sollte eben doch manchmal überprüfen, was einem die Plattenfirma zum Singen vorsetzt. Rihanna war am Ende auch nicht cooler als Tokio Hotel an der Playstation. Aber wenigstens kannte Bill den Song sicher schon. Mal sehen wann Jay-Z einen Song von Modern Talking covert oder SlipKnot den „Anton aus Tirol“ neu aufnehmen?

Und so ging nach über drei Stunden ein belangloser Abend zu Ende. Eine würdige Show für den 25. Geburtstag der legendären «Video Music Awards» war es sicher nicht. Aber was will man von einer Veranstaltung erwarten, die eine psychisch kranke und alkoholsüchtige Rabenmutter ohne Haare mit Standing Ovations feiert?

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