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De Mols Reality-Wahnsinn: Wenn Kandidaten zu Affen werden

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Im Mutterland von «Big Brother» sorgt derzeit eine neue Reality-Show für Aufsehen. Im „Goldenen Käfig“ bespucken und treten sich Kandidaten gegenseitig. Im Hintergrund sitzt John de Mol, der mit all dem schon bald nichts mehr zu tun hat.



Als «Big Brother» nach Deutschland kam, war der Aufschrei hierzulande groß. Reality-Shows dieser Art hat es bis dato noch nicht gegeben. Klar, dass zahlreiche Kopien folgten – wer erinnert sich heute noch an «Girlscamp» oder das peinliche «House of Love» von RTL? Während das Interesse schließlich deutlich nachließ und heute nur noch das Original mehr oder weniger erfolgreich ausgestrahlt wird, sieht es bei den Nachbarn in Holland anders aus.



Für Aufsehen sorgt dort derzeit ein „goldener Käfig“ – «De gouden Kooi». Viele Kandidaten leben in einem großen Haus, eingerichtet mit allem, was das Herz begehrt. Am Ende erhält derjenige das Haus, der am längsten darin ausharrt. Produziert wird die Show, die zuletzt am Vorabend etwa zehn Prozent Marktanteil holte, natürlich von John de Mol. Seine Firma ist seit «Big Brother» Spezialist auf dem Gebiet der Real-Life-Formate. Je nach Durchhalte-Vermögen kann «Gouden Kooi» zu einem schier endlosen Unterfangen werden, das aber auch einige Probleme mit sich bringt, wie Endemol Deutschland-Chef Borris Brandt im Interview mit Quotenmeter.de verdeutlicht. Nach Deutschland wird es das Format keineswegs schaffen, glaubt er.



„Wir sind das einzige Land der Welt, das bereits Erfahrung gemacht hat mit einer ‚Never Ending Reality-Show’. Wir haben zwei Jahre lang «Big Brother» durchgehend gesendet und haben dort gesehen, was funktioniert und was nicht funktioniert. Das erste Jahr war wirklich sensationell und lief super – im zweiten Jahr sah es dann schon nicht mehr so gut aus“, so Brandt vor einigen Monaten. Gerade bei «De Gouden Kooi» könnte es problematisch werden: „Es werden ja immer weniger Menschen in diesem Haus. Das kann ja auch mal auf vier Bewohner runtergehen. Wir haben die Erfahrung gemacht: Bis zu sechs Bewohnern ist alles ok, zwischen sechs und vier Leuten wird es kritisch und ab vier Leuten sieht kein Mensch mehr zu. Wenn jetzt diese vier Menschen eisernen Willen besitzen und nicht gehen wollen, dann kann das unter Umständen Jahre dauern, bis diese vier Leute aufgeben. Da hätten wir hinterher ein riesiges Problem – wir müssten das unter Umständen abbrechen und vier Häuser verschenken…“






In den Niederlanden haben die Verantwortlichen nun allerdings mit ganz anderen Problem-Situationen zu kämpfen – inzwischen bespucken und treten sich einige Kandidaten gegenseitig. Liebe und Alkohol sind auch im Spiel – kein guter Stoff für ein Vorabendprogramm, meinen nun auch immer mehr Politiker, die inzwischen sogar zu einem Werbeboykott aufgerufen haben. Psychologen schlagen mittlerweile Alarm, heißt es im „tazblog“. Kandidat Jaap habe „nicht mehr alle Tassen im Schrank“, wird ein Experte zitiert. „Wenn ich sehe, wie er sich in seinem eigenen Dreck und seiner eigenen Kotze wälzt. Er verhält sich wie ein Affe. Was passiert mit den Menschen, wenn sie aus dem Käfig kommen? Welche Firma gibt so einem Jungen noch einen Job?” Ein anderer Experte rechnet laut „epd“ damit, dass „jeden Moment ein Bewohner zum Küchenmesser greift.“



John de Mol, der zum Auftakt der Show Gewalt als „absolut verboten“ bezeichnete, dürfte das kaum stören: Noch läuft «De Gouden Kooi» zwar beim Sender Tien, der dem umstrittenen Produzenten gehört. Doch de Mol gibt seinen Kanal schon bald auf und so wandert die Show dann zur RTL-Gruppe. Dort müssen die Kandidaten aber wahrscheinlich mindestens einen Gang zurückschalten. RTL-Chef Fons van Westerloo kündigte gegenüber der Zeitung „De Telegraaf“ Änderungen an. „Ich bin kein Moralritter, aber auch nicht dafür, dass alles nur wegen der Einschaltquoten gezeigt werden muss.“



Endemol Deutschland-Chef Brandt ist unterdessen der Meinung, dass in Deutschland durchaus auch Reality-Formate außerhalb von «Big Brother» eine Chance auf dem Markt haben, wenngleich «De Gouden Kooi» mit Sicherheit nicht zu uns kommen wird. Andere Länder haben hingegen bereits Interesse angemeldet: Der niederländische Sender Tien hat die Rechte am „Goldenen Käfig“ ausgerechnet in die oft prüden USA verkauft. Man darf gespannt sein, ob Szenen wie im niederländischen Original auch in Übersee gut ankommen werden.

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