Hintergrund

Das Jüngste Quoten-Gericht: Talk, Talk, Talk

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Immer montags blickt Quotenmeter auf die Quoten-Highlights und Marktanteil-Flops der zurückliegenden Woche. Das Publikum fremdelt offensichtlich noch immer mit Louis Klamroth als «Hart aber fair»-Moderator, was aber nicht die einzige Talk-Baustelle der ARD ist.

Louis Klamroth, Moderator von Sendungen wie «Klamroths Konter» oder «Die ProSieben-Bundestagswahl-Show», ist trotz seines relativ jungen Alters in deutschen Haushalten vielen ein Begriff, was einerseits an der Prominenz seins Vaters Peter Lohmeyer liegt, andererseits aber auch an seiner Rolle in dem Sönke-Wortmann-Film «Das Wunder von Bern» aus dem Jahr 2003. Bei der Veröffentlichung war Klamroth zarte 14 Jahre alt. Inzwischen schnürt er nicht mehr die Fußballschuhe, sondern hat Frank Plasberg am Moderationspult von «Hart aber fair» ersetzt. In der vergangenen Woche moderierte er die Talkshow zum achten Mal. Das Publikum scheint mit dem neuen Gesicht aber noch zu fremdeln.

Gerade einmal 1,85 Millionen Zuschauer ab drei Jahren schalteten ein, dies entsprach dem schwächsten Wert seit über einem Jahr. Am Valentinstag 2022 ging Plasberg aber auch erst um 23:00 Uhr auf Sendung, dennoch schalteten damals 1,75 Millionen ein. Der mit 33 Jahren verhältnismäßig sehr junge Klamroth spricht seine eigene Zuschauergruppe ebenfalls nicht an, denn gerade einmal 300.000 14- bis 49-Jährige Menschen interessierten sich für das Thema „Über eine Million Menschen suchen Zuflucht: Deutschland an der Belastungsgrenze?“. Die Marktanteile bewegten sich bei sehr schwachen 7,0 Prozent bei allen und 5,0 Prozent bei den Jüngeren. Eine Weiterentwicklung der Quoten findet seit der Übernahme Anfang des Jahres nicht statt.

Klamroths Premiere holte am 9. Januar zwar immerhin 2,45 Millionen Neugierige, die was einem Marktanteil von 9,0 Prozent entsprach. Bei den Jüngeren standen aber bereits in den ersten beiden Wochen nur 5,8 und 5,3 Prozent zu Buche. Zuletzt ging es zwar etwas bergauf und man schaffte es bislang nur ein einziges Mal über den Senderschnitt hinaus. Jene Sendung lief am 23. Januar im Anschluss an die Handball-WM aber zu späterer Stunde, sodass 9,8 Prozent zustande kamen. Auf diesem Niveau bewegt sich für gewöhnlich auch die meistgesehene Talkshow im deutschen Fernsehen, die es schon bald nicht mehr geben wird: «Anne Will».

Die Talkerin geht immer sonntags um 21:45 Uhr on air, meist im Anschluss an den stets beliebten «Tatort». Da drückt allerdings auch etwas der Schuh. So grandios Reichweiten von 3,68 oder 3,28 Millionen Zuschauer während der vergangenen beiden Ausgaben auch sein mögen, dies entsprach zuletzt jeweils deutlich weniger als einem Drittel der Zuschauer des Krimis im Vorlauf. Der Film aus Münster kam vor acht Tagen auf 13,46 Millionen, während der 90-Minüter aus München 9,56 Millionen Zuschauer zählte. Die Marktanteile für «Anne Will» beliefen sich auf 15,6 und 14,0 Prozent, beim «Tatort» standen aber über 40 respektive 30 Prozent zu Buche. Auch beim jüngeren Publikum fielen die Werte jeweils um mehr als die Hälfte. Vor allem vor einer Woche war der Absturz von 33,5 auf 8,1 Prozent dramatisch. Insofern ist es womöglich kein schlechter Zeitpunkt für die ARD, um auf diesem Sendeplatz für frischen Wind zu sorgen. Fest steht trotz aller Kritik: «Anne Will» ist nach wie vor sehr erfolgreich, bietet aber dem Publikum offenbar keinen „Dranbleib-Impuls“.

Anders als verhält sich das beim ZDF, wo immer donnerstags «Markus Lanz» auf «maybritt illner» folgt. Die Sendung, die Gesellschafts- mit Polittalk verbindet, schafft es in schöner Regelmäßigkeit die Marktanteile teilweise deutlich zu verbessern. Ende Februar schraubte Lanz das Ergebnis auf dem Gesamtmarkt von 11,4 auf 17,5 Prozent in die Höhe. Zuletzt fielen die Verbesserungen mit 2,5 und 0,4 Punkten nicht ganz so hoch aus, aber dennoch kann sich der Mainzer Sender über eine erfolgreiche Talkschiene freuen. Maybrit Illner knackte in diesem Jahr ausnahmslos die Zwei-Millionen-Marke, hatte aber seit den Karnevalstagen mit deutliche schwächeren Marktanteilen bei den 14- bis 49-Jährigen zu kämpfen. In dieser Zeit startete im Gegenprogramm bei ProSieben «Germany’s Next Topmodel», was sicherlich den ein oder anderen jüngeren Zuschauer kostete. Auf dem Gesamtmarkt blieb man aber trotz sportlicher Fußball-Konkurrenz von RTL sehr stabil.

Zuletzt pausierte im «Markus Lanz»-Gegenprogramm Sandra Maischberger mit ihrer ARD-Talkshow, die bekanntlich seit zehn Monaten zweimal wöchentlich gesendet wird, dabei «maybrit illner» aber aus dem Weg geht. Vor ihrer Pause rutschte «maischberger» tatsächlich am Mittwochabend unter die Millionenmarke, was in einem schwachen Marktanteil von 8,3 Prozent resultierte. In der klassischen Zielgruppe reichte es sogar nur für 5,5 Prozent. Dass auf dem Sendeplatz am Mittwoch um kurz vor 23:00 Uhr auch bessere Werte möglich sind, bewies die ARD-Story «Die China-Falle», die in beiden Zuschauergruppen jeweils 10,1 Prozent markierte. Die Reichweite belief sich am Weltfrauentag auf 1,40 Millionen.

Zweistellige Marktanteile bei den 14- bis 49-Jährigen sind für Maischberger seit der Verdopplung der Dosierung zur Seltenheit geworden. In den vergangenen zehn Monaten schaffte man nur einmal den Sprung über diese Marke. Zu Beginn dieses Jahres lief es besonders schlecht: In der dritten Kalenderwoche waren gerade einmal 2,5 und 3,3 Prozent Marktanteil bei den Jüngeren drin. Am 22. Februar sicherte sich «maischberger» ihren bislang höchsten Wert des Jahres, der auf 8,6 Prozent beziffert wurde. An jenem Abend ging «Markus Lanz» aber deutlich später auf Sendung, sodass sich die beiden Talkshows kaum überschnitten.

Das Erste hat durchaus Arbeit vor sich, denn nicht nur muss die Nachfolge von «Anne Will» geklärt werden, auch «Hart aber fair» am Montagabend krankt derzeit vor sich hin. Zudem hat sich die «maischberger»-Verdopplung bislang nicht ausgezahlt, sondern hat der Quote eher geschadet.

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