Die Kritiker

«Neuland»

von

Eine Frau verschwindet - und niemand scheint, sie so recht zu suchen. Die sechsteilige ZDF-Serie blickt in die Abgründe hinter Neubauwänden.

Stab

Darsteller: Franziska Hartmann, Peri Baumeister, Mina Tander, Anneke Kim Sarnau, Christian Erdmann, Godehard Giese
Drehbuch: Orkun Ertener
Regie: Jens Wischnewski
Kamera: Jakob Wiessner
Ton: Joern Martens und Patrick Dadaczynski
Szenenbild: Andreas Rudolph
Kostüme: Astrid Möldner
Plötzlich und aus dem nichts verschwindet eine Frau – eine alleinerziehende Mutter. Ihren minderjährigen Töchtern fällt das auf, als sie eines Morgens einfach nicht da ist. Die Freundinnen der Verschwundenen kontaktieren zügig die Polizei, aber die kann nicht viel mehr tun, als sie in eine Vermisstenkartei aufzunehmen. Anzeichen für ein Verbrechen gibt es keine.

Anstatt dass dieser Vorfall nun den Auftakt zu einer Verbrechensaufklärung darstellt, verfolgt «Neuland» einen anderen Weg und sieht sich stattdessen das Lebensumfeld der Frau an, die aus heiterem Himmel abhanden gekommen ist. Bald fliegt ihre Schwester (Franziska Hartmann) ein, eine wortkarge, ernste Frau, die bei ihrem Auslandseinsatz für die Bundeswehr in Mali ein schlimmes Trauma erlebt hat. Sie soll sich nun um ihre Nichten kümmern. Dass das zumindest in der ersten Zeit nicht gutgehen kann, dürfte klar sein.

Doch auch anderswo hinterlässt die Verschwundene große Lücken in der Gemeinschaft: Ihre Freundinnen und deren Familien haben scheinbar das perfekte Leben geführt. Alle hatten Geld, gute Jobs und sahen gut aus. Aber schon in der ersten Folge offenbart der Blick hinter die Fassaden, dass vieles im Argen liegt: Väter, die rumschreien, wenn ihre Söhne das Diktat verhauen, und Mütter, die nichts dagegen tun, sondern stattdessen abends ihren Frust von der Seele rennen.

Dass einmal nicht die Suche nach den Gründen für das unerhörte Ereignis im Vordergrund steht und dieser Stoff nicht Kommissare ins Zentrum rückt, die die letzten Tage im Leben der Verschwundenen rekonstruieren wollen, wirkt durchaus erfrischend und erweist sich auch erzählerisch als sehr ergiebig: Den Autoren sind sehr runde Figuren gelungen, mit denen sie den Finger in die Wunde von Deutschlands reichen Städtchen legen, wo viel Mühe aufgebracht werden muss, um den Status quo aus Reichtum und Ansehen zu halten, während hinter den Neubauwänden das Leben aus den Fugen gerät.

Doch auch dieser Ansatz ist ja nicht neu und wurde in der Vergangenheit auch von deutschen Serien sehr erfolgreich beleuchtet – sowohl als Drama als auch in Form von Comedy-Serien. So sieht man «Neuland» manchmal zu sehr die Bemühungen an, möglichst sozialkritisch zu erzählen, was an manchen Stellen etwas gezwungen wirkt. Trotzdem bleibt diese Geschichte sehenswert, weil sie viel Wichtiges darüber erzählt, wie fragil das Zusammenleben in den edlen Vororten und Vierteln manchmal sein kann. Ebenso gefällt das Spiel der vier Hauptdarstellerinnen Franziska Hartmann, Mina Tander, Anneke Kim Sarnau und Peri Baumeister, die ihre Figuren mit viel Leben erfüllen.

Die sechsteilige Serie «Neuland» wird am Dienstag, den 27. Dezember, und am darauffolgenden Mittwoch im ZDF ausgestrahlt, jeweils ab 22.15 Uhr.

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