Hintergrund

«Dahmer»-Produzent Murphy: Lohnte sich das Engagement?

von

Mit der Serie über den Mörder Jeffrey Dahmer dominiert Erfolgsproduzent Ryan Murphy die Netflix-Charts. Doch abseits dieser Serie fällt die Liste der Netflix-Erfolge überschaubar aus.

Mit der neuen True-Crime-Miniserie über den amerikanischen Serienmörder Jeffrey Dahmer, der 1994 verstarb, schlägt Netflix hohe Wellen. Dem Streamingunternehmen aus Los Gatos wurde vorgeworfen, es bietet Verbrechern eine Plattform und lässt den Kannibalen zeitweise emphatisch erscheinen. Die mit Evan Peters, Richard Jenkins und Molly Ringwald besetzte Produktion, die seit 21. September gestreamt werden kann, ist ein riesiger Erfolg. Allein zwischen dem 26. September und 2. Oktober wurden 300 Millionen Stunden von der Serie geschaut, eine Woche später wurden 122 Millionen Stunden gestreamt. Damit gehört die Serie zu den größten Erfolgen, ein ähnliches Interesse rief nur «Stranger Things» und «Squid Game» hervor.

Jedoch hat diese Erfolgsgeschichte auch ihre Schattenseiten. Erfolgsproduzent Ryan Murphy bekam 2018 für sein Engagement 300 Millionen US-Dollar und lieferte doch nur kurzlebige Hits ab. Bislang haben er und sein Team die Miniserien «Hollywood», «Haltson» und «The Watcher» hervorgebracht. Vom Feuilleton wurden die langen Filme zwar durchaus anerkannt, aber liegen deutlich hinter anderen Werken.

Seine Fernsehserien für Netflix sind ebenfalls keine laufenden Hits: «The Politican» ist zwar nicht abgesetzt, aber seit der Veröffentlichung der zweiten Staffel im Juni 2020 gibt es keine Neuigkeiten über eine Fortführung. Von «Ratched» wurden zwar zwei Seasons bestellt, doch nach der ersten Staffel herrscht seit Jahren Stille. Hauptdarstellerin Sarah Paulson sagte dem amerikanischen Branchenblatt „Variety“, dass sie nicht mal wisse, ob oder wie es mit dem Projekt weitergehe.

Netflix hat allerdings nicht nur Murphy unter Vertrag, sondern auch Shonda Rhimes. Die feuert zwar auch wenig Serien ab, aber «Bridgerton» und «Inventing Anna» waren mehr als nur Hits. In zahlreichen Ländern versuchten sich Fernsehsender mit kläglich gescheiterten Dating-Shows in viktorianischen Outfits und die Schritte von Anna Sorokin werden in der Presse bei neuen Erkenntnissen dokumentiert.

Wirkliche Zuschauerzahlen rückt Netflix aber weder bei Rhimes noch bei Murphy heraus. Miniserien wie «Hollywood» können weniger gut abschneiden, wenn man eine zehnteilige Serie wie «Dahmer» auf dem Markt wirft. Dennoch dürfte es der Chefetage nicht entgangen sein, dass Murphy mit seinen alten Verträgen noch unzähligen Content an Disney abliefert – und damit an einen direkten Mitbewerber.

Die FX-Serien, produziert von 20th Television, «American Horror Story», «American Crime Story» und «Feud» laufen immer noch. Erst im letzten Jahr wurde das Spin-off «American Horror Stories» gelauncht, das nun in die zweite Runde ging. Von der «American Crime Story» sind zahlreiche weitere Spin-offs in Arbeit und werden auch erscheinen. Zudem gehen die Serien «9-1-1» und «9-1-1: Lone Star» nahtlos weiter. Man kann ruhig sagen, dass Disney+ weltweit dreifachen Murphy-Output im Gegensatz zu Netflix erhält.

Klar, «Dahmer» ist ein großer Hit. Aber wäre dies auch ohne Ryan Murphy möglich gewesen? Die Netflix-Charts werden regelmäßig mit True-Crime- oder Horror-Serien überflutet. Die Menschen haben Spaß an diesen zwei Genres, die sich relativ ähnlich sind. Dennoch fehlt es Netflix an Dauerbrennern, die sich super bingen lassen.

Der größte Konkurrent von Netflix, Disney+?, hat mit ABC Signature, FX Productions und 20th Television ein riesiges Archiv und kann Serien wie «Grey’s Anatomy», «Die Simpsons» oder die in Deutschland gefloppten Familienserien «Brothers & Sisters» und «This Is Us» vorweisen. Und Netflix? Die meisten Serien werden nach drei Staffeln eingestellt, kaum eine Serie kommt überhaupt einmal über das frühere US-Mindestmaß von 13 Geschichten.

Man kann schon sagen: Netflix versucht die Quadratur des Kreises. Der Streamingdienst möchte ein weltweites Publikum beglücken und viele eigene Serien besitzen. Da gibt es wenig besseres als derzeit zahlreiche Miniserien zu produzieren. Doch diese nutzen sich schnell ab, weshalb Murphy endlich eine Horror-Anthologie-Serie wie «American Horror Story» für den Streamingdienst entwickeln muss. Sollte Murphy weiterhin nur diese Strohfeuer produzieren, war es ein gutes Geschäft für ihn. Aber eine schlechte Entscheidung von Netflix.

Kurz-URL: qmde.de/137642
Finde ich...
super
schade
Teile ich auf...
Kontakt
vorheriger Artikel«Willkommen bei den Reimanns» weiter in der Quoten-Achterbahnnächster Artikel«House of The Dragon»: So wurde die Serien-Sprache zum Leben erweckt
Schreibe den ersten Kommentar zum Artikel

Optionen

Drucken Merken Leserbrief




E-Mail:

Quotenletter   Mo-Fr, 10 Uhr

Abendausgabe   Mo-Fr, 16 Uhr

Datenschutz-Info

Letzte Meldungen

Werbung

Mehr aus diesem Ressort


Jobs » Vollzeit, Teilzeit, Praktika


Surftipp


Surftipps


Werbung