Vermischtes

rbb-Beraterverträge: Verwaltungsrat-Chef bringt Intendantin in Bedrängnis und lässt Amt ruhen

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Da rbb-Intendantin Patricia Schlesinger und der rbb-Verwaltungsrat-Vorsitzende Wolf-Dieter Wolf ihre Geschäftsbeziehungen wohl nicht sauber von ihrem Privatleben getrennt haben, steht die ARD-Vorsitzende unter Druck. Nun wurden neue Details bekannt.

Aktuell ist Patricia Schlesinger nicht nur die Intendantin des Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb), sondern auch Vorsitzen der ARD. Dieses Amt übernahm sie Anfang des Jahres von WDR-Intendant Tom Buhrow. Aktuell steht sie aber unter Druck, denn wie der ‚Business-Insider‘ berichtete, soll es unter anderem bei der Vergabe für den Bau und die Verträge des neuen Digitalen Medienhauses Ungereimtheiten gegeben haben. Der Vorwurf laut des Berichts: Mit Unterstützung von Schlesinger sollen mehrere Immobilien-Experten, mit denen der rbb-Verwaltungsrat-Vorsitzende Wolf-Dieter Wolf eine Geschäftsbeziehung pflegt, Beraterverträge für das Bauprojekt des öffentlich-rechtlichen Senders erhalten haben. Dabei habe die rbb-Spitze offenbar Vergabeverfahren unterbrochen, sodass ein Vertrauter Wolfs, der mit dem Rundfunkaufseher, der in einer weiteren Funktion als Aufsichtsratschef der Messe Berlin fungiert, bereits bekannt war, den vorgesehenen Beraterjob erhielt.

Der rbb hatte daraufhin in der vergangenen Woche eine „unabhängige Untersuchung“ eingeleitet, um „größtmögliche Transparenz“ zu schaffen, wenngleich Schlesinger die Vorwürfe zurückwies: „Sie [die Vorwürfe] kleiden sich in eine Mischung aus Mutmaßungen, Unterstellungen und falschen Schlussfolgerungen“, so Schlesinger vor einer Woche. Die Untersuchung solle neben dem Bauprojekt auch die Abrechnung von dienstlichen Abendessen-Einladungen durch die Intendantin und Auftragsverhältnisse zur Messe Berlin, soweit diese den rbb betreffen, beinhalten. Weiterhin hieß es, dass sich die Berater und Herr Wolf „auch erst über unser Projekt kennengelernt“ hätten. Nun berichtete der ‚Business Insider‘ erneut über die Angelegenheit und schrieb, dass Wolf die Bekanntschaft zu dem Berater in einer nichtöffentlichen Verwaltungsratssitzung am Dienstag anders dargestellt habe. Demnach kannte Wolf den Berater bereits, bevor er ihn an den rbb vermittelte. Demnach sei der erste Kontakt nach einem Treffen mit dem ehemaligen Wirtschaftssenator von Berlin, Wolfgang Branoner (CDU), bereits im März 2019 zustande gekommen. Kurz darauf schlug Wolf den Namen des Beraters der rbb-Führung vor. Nach einem Gespräch zwischen dem Berater, Wolf und rbb-Intendantin Schlesinger im Juni sei der Berater zum 1. Juli 2019 beauftragt worden – ohne Ausschreibung.

Wie die ‚Frankfurter Allgemeine Zeitung‘ nun berichtet, teilte der rbb am Donnerstag mit: „Unsere Feststellung, dass Herr Wolf [den Berater] Herrn L. erst im Zuge seiner Tätigkeit für den rbb persönlich kennengelernt hat, entsprach unserem Wissensstand bis vorgestern.“ Wolf habe „offensichtlich im Nachgang nach Sichtung seines Kalenders festgestellt, dass es tatsächlich ein Treffen vorher im Büro von Herrn Branoner gegeben hat“. Das wiederum wisse man erst seit genannter Verwaltungsratssitzung am Dienstag. Der neue Kenntnisstand sei jetzt, dass Wolf den Berater „getroffen hat, bevor er ihn uns empfahl“. Entscheidend sei, „dass es keine Geschäftsbeziehungen“ zwischen Herrn L. und Herrn Wolf „zum Zeitpunkt der Erstbeauftragung durch den rbb“ gegeben habe und L. „eben auch kein Berater ‚aus dem Umfeld von Herrn Wolf’ war“.

Bezüglich des Vergabeverfahrens bleibt der rbb aber bei der Version eines korrekten Ablaufs. Der öffentlich-rechtliche Sender sei „nach eingehender formaler und inhaltlicher Prüfung“ zu dem Ergebnis gekommen, dass die angebotenen Leistungen von drei vorliegenden Angeboten „unabhängig von den jeweiligen Kosten nicht dazu geeignet waren, die Bedingungen“ für die „ausgeschriebene Leistung zu erfüllen“. Weiter heißt es in dem ‚FAZ‘-Bericht, dass vor diesem Hintergrund sich die Vergabestelle entschlossen habe, das Vergabeverfahren aufzuheben. Unterdessen will der rbb den „gesamte(n) Komplex jetzt noch einmal durch eine unabhängige Kanzlei“ prüfen lassen. Dann werde man „sicher auch Klarheit über alle Fragen rund um Ausschreibungen und andere Vergaben an die Berater haben“.

Das letzte Wort ist in dieser Causa sicher noch nicht gesprochen, da Wolfs Äußerungen vom Dienstag in Widerspruch zu den bisherigen Aussagen des rbb stehen und somit die Glaubwürdigkeit der Intendantin Schlesinger untergräbt. Laut ‚Business Insider‘ habe der rbb bislang den Eindruck erweckt, dass Wolf keine tragende Rolle bei der Beauftragung der Berater gespielt habe. So verneinte der durch seine Intendantin Schlesinger vertretene rbb in einem Schreiben des Medienanwalts Christian Schertz vom 1. Juli 2022 an ‚Business Insider‘, dass Wolf den Berater L. vermittelt habe. Auf die Frage, ob Wolf L. an den rbb herangetragen habe, erklärte der rbb in derselben Antwort, dass der öffentlich-rechtliche Sender den Kontakt aufgenommen habe. Schertz schrieb eine Woche später zudem: „Der von Ihnen [‚Business Insider‘] gemeinte Herr Wolf hat den relevanten Berater überhaupt erst kennengelernt, nachdem dieser für den rbb tätig wurde.“

Am Freitag gab der rbb eine neuerliche Stellungnahme heraus. Darin wird die rbb-Rundfunkratsvorsitzende Friedrike von Kirchbach am Freitag nach einer nicht-öffentlichen Sondersitzung des Gremiums wie folgt zitiert: „Alle Verdächtigungen und Anschuldigungen müssen samt und sonders aus der Welt geschafft werden. Es ist richtig, dass dazu jetzt eine externe Anwalts-Kanzlei eingeschaltet worden ist. Der Rundfunkrat wird besonders genau darauf achten, dass diese Kanzlei ihre Untersuchungen unabhängig und umfassend vornehmen kann. Es darf dabei auch keinen Druck auf Mitarbeitende geben, die zur Aufklärung beitragen wollen. Die Geschäftsleitung des rbb hat uns genau dies heute zugesagt, das begrüßen wir und unterstützen sie im Prozess der Aufarbeitung.“

Der rbb und Wolf-Dieter Wolf haben die gegen sie erhobenen Vorwürfe erneut zurückgewiesen. Dennoch erklärte Wolf während der Sitzung in einer schriftlichen Stellungnahme, sein Amt im Kontrollgremium des Senders bis zum Abschluss der Aufklärung ruhen zu lassen, um jeden Anschein einer Einflussnahme auf die vollständige Aufklärung der Vorwürfe zu vermeiden.

Der Vorsitzende des Programausschusses und stellvertretende Rundfunkratsvorsitzende Dieter Pienkny wies auf die Bedeutung einer schnellen Aufklärung für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Senders hin, die durch die aktuelle Berichterstattung mit unter Verdacht zu geraten drohten. „Das Programm, und die, die es herstellen, dürfen keinen Schaden nehmen, deshalb muss jetzt schnell Klarheit hergestellt werden.“ Der rbb hat inzwischen die Compliance-Beauftragte und die Revision des Senders eingeschaltet.


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