Die Kritiker

«Neben der Spur – Die andere Frau»

von

Nach einem Treppensturz liegt Joe Jessens Vater im Koma. Glaubt der Psychiater zunächst an einen Unfall, ist er bald davon überzeugt, dass jemand seinen Vater ermorden wollte, denn der hoch angesehene Hamburger Chirurg hat offenbar 20 Jahre lang ein Doppelleben geführt, inklusive einer Frau an seiner Seite.

Stab

DARSTELLER Ulrich Noethen, Juergen Maurer, Aglaia Szyszkowitz, Maximilian Mundt, Lilly Liefers, Nele üller-Stöfen, Rolf Becker, Barbara Focke, Dietrich Hollinderbäumer, Kailas Mahadevan, Petra van de Voort
REGIE und DREHBUCH: Josef Rusnak
KAMERA: Peter Joachim Krause
SCHNITT: Dirk Grau
MUSIK: Christoph Zirngibl
Mit diesem achten Spielfilm aus der Reihe «Neben der Spur» endet die Kriminalfilmserie sieben Jahre nach ihrem Start mit einer durchwachsenen, nur selten packenden Geschichte. «Die andere Frau», das ist Olivia Schwartz. Joe lernt sie am Bett seines im Koma liegenden Vaters kennen. Olivia behauptet, seit nicht weniger als 20 Jahren mit seinem Vater zusammengelebt zu haben. Joe hält Olivia für eine Hochstaplerin, möglicherweise sogar für gefährlich. Doch eine Überprüfung ihrer Identität bestätigt nicht nur ihren Namen: Das Haus, in dem sie lebt, gehört darüber hinaus Joes Vater. Spätestens in dem Moment, in dem er seine Mutter auf Olivia anspricht und diese ihn ohrfeigt, statt ihm eine Antwort zu geben, muss sich Joe eingestehen, seinen Vater schlicht nicht gekannt zu haben. Sein Vater hat ihn (wie aus früheren Filmen bekannt) nie verziehen, dass er, der Psychiater, kein „richtiger“ Arzt geworden ist. Ihr Verhältnis war schwierig, wahrscheinlich kaum mehr als oberflächlich. Drei Jahre haben sie nicht telefoniert, Joe hat ihn nicht einmal zur Beerdigung seiner Ehefrau eingeladen. Nun liegt Joes Vater im Krankenhaus, angeschlossen an Geräten, die ihn am Leben erhalten und vielleicht wird Joe nie erfahren, was es wirklich mit Olivia, einer Frau in seinem Alter, auf sich hat. Als sich dann auch noch ein Freund seiner Tochter als Sohn eben dieser Olivia Schwartz entpuppt, steht für Joe fest, dass Olivia seine Familie unterwandert und seinen Vater umbringen wollte. 1995 ist ihr erster Ehemann bei einem schweren Autounfall ums Leben gekommen, bei dem sie am Steuer gesessen hat. Nach seinem Tod hat sie eine sehr hohe Lebensversicherung ausgezahlt bekommen, allerdings gab es auch eine Mordanzeige im Zusammenhang mit diesem Unfall. Diese Anzeige wurde zwar fallengelassen, aber für Joe sind diese Erkenntnisse Indizien genug, um dem Fall weiter nachzugehen.

In diesem letzten Film der Kriminalfilmreihe, die auf Vorlagen des australischen Thrillerautors Michael Robotham basiert, agiert der von Ulrich Noethen dargestellte Psychiater Joe Jessen als ein Getriebener seiner eigenen verletzten Seele. Seine Frau ist gestorben und er fühlt sich allein. Er verdeckt die Narben auf seiner Seele dadurch, dass er seiner Tochter ein möglichst normales Leben bietet, in dem auch seine Krankheit, Joe ist an Parkinson erkrankt, keine Rolle spielt. Der Unfall seines Vaters aber und die Erkenntnis, dass dieser ein Doppelleben geführt hat, reißen die Trugbilder, hinter denen Joe seine Trauer verbirgt, ein. Statt sich selbst zu hinterfragen beginnt er seine gesamte Wut auf die (vermeintliche?) Schwarze Witwe Olivia Schwartz zu fokussieren. In dieser Geschichte steckt ein emotional höchst aufgeladenes Drama, das aber in der zahmen Inszenierung nie aus ihrem Käfig entlassen wird. Joe agiert vielleicht hier und da etwas ungestüm und ist etwa für Indizien, die gegen seine Schwarze Witwe-Theorie sprechen, nicht unbedingt erreichbar. Es entsteht aber nie das Gefühl, dass er eine echte, ungesunde, gefährliche Obsession entwickeln täte, die ihn für Argumente gänzlich unerreichbar machen würden. Ja, er hat einen Groll auf die ihm fremde Frau, aber das ist durchaus verständlich. Die Spannung aber steigert das nicht. So wirken sämtliche Momente, die darauf hindeuten, dass Joes Vater möglicherweise das Opfer eines Verbrechens geworden sein könnte, konstruiert und erfüllen eher Konventionen als aus sich heraus die Geschichte voranzubringen. An sich ist es ja eine schöne Idee, endlich einmal einen ZDF-Kriminalfilm dieser Art präsentiert zu bekommen, bei dem am Anfang kein Mord geschieht, den es aufzuklären gilt, sondern bei dem tatsächlich die Frage im Raum steht, ob es sich überhaupt um ein Verbrechen handelt, welches es aufzuklären gilt (oder eben auch nicht).

Doch all das zieht sich dahin. Es wird geredet, es wird im Leben der Olivia Schwartz herumgestochert, irgendwann taucht auch noch ein düsterer Geselle auf, der mit Papa Jessen offenbar noch ein Hühnchen zu rupfen hat und der eventuell auch mit dem Treppensturz zu tun haben könnte – wenn dieser eben kein Unfall gewesen sein sollte. Mit fortlaufender Spielzeit entwickelt sich dann zaghaft auch etwas Spannung. Doch diese Spannung muss teilweise mit dem dramaturgischen Brecheisen erzeugt werden – wie etwa durch das überraschende Auftauchen eines möglicherweise weiteren Verdächtigen, der in dem Moment aus dem Hut gezaubert wird, in dem die Story spannungstechnisch kurz vor der Nullkurve steht.

Auch schauspielerisch bietet der Spielfilm eher schmale Kost. Ulrich Noethen hat einige Momente, in denen er seine Klasse ausspielen und die gesamte emotionale Zerbrechlichkeit seiner Figur ausleben darf. Sie bleiben jedoch kurze Blinklichter in einer ansonsten wenig begeisternden Inszenierung einer schwachen Geschichte.

Am Montag, 31. Januar, 20.15 Uhr im ZDF

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