Interview

Jannis Niewöhner: ‚Vielleicht bewege ich mich in einer Bubble‘

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Mit «Je Suis Karl» ist Niewöhner auf der Freiluft-Berlinale zu sehen. Außerdem drehte er vor Kurzem mit Jeremy Irons an einem neuen Drama.

Als Teenie-Star («Saphirblau») brachte Jannis Niewöhner (29) Mädchenherzen zum Schmelzen. Doch nun will er sich als ernsthafter Schauspieler beweisen und präsentiert sich gleich in zwei Extremrollen: In dem Sozialdrama «Kids Run» (exklusiv beim Streaming-Anbieter alleskino) erlebt man ihn als Andi, einen jungen Boxer und alleinerziehenden Vater von drei Kindern, in dem Berlinale-Beitrag «Je Suis Karl» als rechtsextremistischen Verführer Karl. Und Niewöhner will noch mehr, stand gerade mit Jeremy Irons für «Munich’38» vor der Kamera.

Streben Sie jetzt eine internationale Karriere an?
Der Film wird «Munich ‘38» heißen und es geht um den Friedensvertrag, der 1938 in Europa geschlossen wurde, um einen Krieg zu verhindern, der dann aber doch kam. Neben deutschen Rollen auch immer wieder im Ausland arbeiten zu können und dort weiter zu lernen, wäre toll.

Klingt, als würden Sie sich damit einen Traum erfüllen?
Das war schon auch der Traum. Mit 14 fing die Lust an das Filmemachen in all seinen Möglichkeiten und unterschiedlichen Ansätzen zu entdecken. Da durfte ich in den letzten Jahren viele Erfahrungen mitnehmen. Und ich freue mich, dass es damit weitergeht.

Was war der Auslöser, zum Film zu gehen?
Das kam durch meine Eltern, die mir einfach sehr früh, etwa seitdem ich fünf bin gute Filme gezeigt haben. Von «Michel von Lönneberga» über «Good Will Hunting» bis zu «Ein Freund von mir» von Sebastian Schipper. Seitdem spürte ich immer eine Anziehung zu diesem Medium und fing früh mit der Schauspielerei an.

In «Kids Run» spielen Sie einen Boxer. Wie hart mussten Sie dafür trainieren?
Ich wollte Andi nicht mit einem perfekten Körper darstellen, sondern hatte das Bild von vielen Jungs, mit denen ich aufgewachsen bin, im Kopf. Die haben als Jugendliche ganz viel gepumpt, ließen es dann aber wieder schleifen mit ganz viel Cola, Fast Food und Zigaretten. Man merkt, dass da mal eine Sportlichkeit war, die verloren gegangen ist.

Wie sind Sie also vorgegangen?
Ich habe einfach wahnsinnig viel gegessen und mit schweren Gewichten hantiert. Um ein Gespür fürs Boxen zu kriegen, hatte ich einen großartigen Trainer, der hier in Berlin eine kleine Boxerhalle besitzt. Mit dem bin ich drei Monate in den Ring gegangen, um das einzustudieren.

Wie sehr achten Sie auf Ihren Körper?
In den letzten Jahren ist es bei mir grundsätzlich zu einem anderen Umgang mit dem Körper gekommen. Man denkt natürlich mehr über gesunde Ernährung nach, ich finde aber, man darf es auch nicht übertreiben. Ich will mir nicht alles verbieten, aber ernähre mich mittlerweile doch vegan. Ich koche dadurch viel mehr. Das ist das, was ich mir gönne.

Was schmeckt in Ihrer Küche besonders lecker?
Am schönsten finde ich, einfache Gerichte zu etwas Besonderem zu machen. Zum Beispiel eine Pasta mit Tomatensoße. Da hat man so seine Gewürze und seine Tricks, dass die Gäste schon merken, es schmeckt anders.

Wie eitel sind Sie?
Im Privaten fühle ich mich eher in weiten Klamotten wohl, womit ich manchmal auch nicht besonders fein aussehe (lacht). Gleichzeitig genieße ich Gelegenheiten, bei denen man einen Anzug tragen kann. Das ist ja dann auch so eine Form von Verkleiden.

Auf der Berlinale haben Sie wieder die Möglichkeit, wenn Ihr Film «Je Suis Karl» vorgestellt wird…
Darauf freue ich mich schon sehr. Einen Film sich endlich wieder gemeinsam mit anderen anzusehen, hat uns ja allen gefehlt. Durch ein Festival hofft man auf eine größere Reichweite für einen Film, und bei «Je Suis Karl» herrscht nochmals eine zusätzliche Dringlichkeit, dass er gesehen wird.

Weil der Film einen Einblick ins rechtsradikale Milieu gibt?
Ja, ich spiele Karl, einen Verführer aus der rechten Szene, der rhetorisch sehr begabt ist, Leute für sich gewinnen kann und eine friedfertige Ausstrahlung hat. Und das ist das Gefährliche. Man lässt sich von der äußeren Erscheinung dieses Menschen verführen. Darum geht’s im Film.

Was genau?
Na wie sehr die neue Rechte weitergedacht hat und wie klug sie in ihren Strategien geworden sind, nicht auf Anhieb als Rechtsextreme wahrgenommen zu werden, was sie aber dennoch sind. Dieses Bild von Nazis mit Glatzen und Springerstiefeln hat sich gewandelt, aber wie diese Bewegung bereits metapolitisch agiert, sehen viele noch nicht. Es ist schwer geworden, hinter dieser friedvollen Hülle die eigentlichen Absichten einer menschenfeindlichen Politik zu erkennen.

Haben Sie diesen neu aufkeimenden Rechtsextremismus schon mal selbst wahrgenommen?
In Berlin merkt man das so direkt nicht, ich jedenfalls nicht. Vielleicht bewege ich mich in Berlin aber auch nur in eine Art Bubble. Nur als ich noch in Lichtenberg wohnte, bekam ich teilweise mit, dass es eine rechte Szene gibt.

Als gebürtiger Krefelder fühlen Sie sich in Berlin aber immer noch wohl?
Wenn ich im Rheinland bin, merke ich immer, dass ich von dort herkomme und noch eine große Nähe dazu habe. Natürlich bin ich jetzt auch in Berlin angekommen. Inzwischen wohne ich zwar weiter im früheren Ostteil der Stadt, aber nicht mehr ganz in der Mitte. Da fühle ich mich zuhause. Berlin ist schon eine sehr belebende Stadt, wenn da nicht gerade eine Pandemie ist (lacht).

Danke.

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