Interview

Jana König: 'Für «SchleFaZ» muss es Scheiße mit Liebe sein'

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«SchleFaZ»-Regisseurin Jana König verrät Quotenmeter.de, wie sie vom Audionerd zur Inszenatorin des kultigen Tele-5-Mistfilmclubs mit Oliver Kalkofe und Peter Rütten wurde.

Die «SchleFaZ»-Sommerstaffel 2020

  • «SchleFaZ: Rock Aliens» am 14. August, ca. 22 Uhr (der 111. «SchleFaZ»!)
  • «SchleFaZ: Die Mumie des Pharao» am 21. August, ca. 22.15 Uhr
  • «SchleFaZ: Lass jucken, Kumpel» am 28. August, ca. 22.15 Uhr
  • «SchleFaZ: Angriff der Riesenspinne» am 4. September, ca. 22.15 Uhr
  • «SchleFaZ: Dollman - Der Space Cop» am 11. September, ca. 22.15 Uhr
  • «SchleFaZ: Masters of the Universe» am 18. September, ca. 22.15 Uhr
Wer an «Die schlechtesten Filme aller Zeiten» denkt, denkt natürlich an Oliver Kalkofe und Peter Rütten, die seit 2013 bei Tele 5 mit großer Freude und augenzwinkernd-zornigem Humor Mistfilme und faszinierend-halbgare Machwerke durch den Kakao ziehen. Bei «SchleFaZ» kommen Eingeweihten auch unweigerlich Cocktails, Haie, Hai-Wirbelstürme, der wiederkehrende Ausspruch "Fickende Hölle!" und ein kleines, bewusst mit Tinnef überfrachtetes Set in den Sinn. Dass aber seit nun fast sieben Jahren eine Frau die markanten Komiker und Filmgurkengenießer Kalkofe und Rütten im Griff hat und den schrillen Clash aus Ironie, Verwunderung, Wut, Schadenfreude und ehrlichem Spaß am Schrägen mit genauem Blick für's gewitzte Detail orchestriert – das geht zumeist unter.

Die Rede ist von Jana König – in Personalunion Cutterin, Regisseurin und terminlogistische Frau für alles beim Tele-5-Kult. Sobald Kalkofe, Rütten und Tele 5 die Filme für eine neue «SchleFaZ»-Staffel festgelegt haben, tritt sie auf den Plan: Zusammen mit Rütten und Kalkofe überlegt sie sich, wie man die präsentierten Filme auf die Schippe nehmen kann, sie stellt anhand der vielen Kostüm- und Requisitenwechsel den Drehplan auf, dann inszeniert sie das Duo bei seinem frivol-fröhlichen Filmverriss und schmeißt anschließend fast im Alleingang die gesamte Postproduktion – inklusive (seit ein paar Staffeln) Schnitt der «SchleFaZ»-Programmtrailer.

Das sind viele Aufgaben, die sie schultern muss – aber sie macht das mit großer Freude: "Der Luxus, wenn man Regie und Schnitt in Personalunion ist: Ich kann die Scheiße, die ich als Regisseurin verzapft habe, klammheimlich selber im Schneideraum ausbaden und niemand bekommt mit, wie mies ich war", scherzt sie im Gespräch mit Quotenmeter.de. Aber auf dieser zurückhaltenden Einschätzung ihrer Aufgabe wollten wir es nicht beruhen lassen:

Keine falsche Bescheidenheit: Für «SchleFaZ» sind Sie unerlässlich geworden – Kai Blasberg erwähnte Sie vergangenes Jahr nicht ohne Grund namentlich und feierlich im Vorwort zur 100. Folge. Dabei war der Weg dorthin ein ungewöhnlicher …
Ich bin wirklich nicht die klassische Regisseurin – ursprünglich war ich nicht einmal ein richtiger Filmnerd. Ich wollte anfangs zum Radio, bevorzugt in die Tonabteilung. Ich war ein riesiger Audionerd. Soundcollagen erstellen, mit Stimmen und Musik arbeiten – das hat mich begeistert. Ich habe schon als Kind mit meinen Kinderhörspielen eigene neue Geschichten am Kassettenrekorder zusammengeschnitten. Ich dachte, ich gehe in die Welt des Hörspiels. Aber nach meinem Radio-Praktikum und einem angefangenem Studium der Musikwissenschaft habe ich eine Ausbildung zur Film- und Videoeditorin gemacht, wo ich meine Schwäche für das Bewegtbild entwickelt habe. Ich bin gelernte Cutterin und erst später in die Regie hineingestolpert.

Nach meiner Ausbildung habe ich mich selbstständig gemacht und über «SchleFaZ»-Produzent Jörg Strombach Oliver Kalkofe kennengelernt. Er brachte uns zusammen und wir haben einige kleinere Sachen gemacht. Das Erste waren kleine DVD-Extras mit ihm und Wolfgang Bahro für die DVD-Gesamtedition von «Mit Schirm, Charme und Melone». Die Chemie zwischen Olli und mir hat gleich gestimmt. Ich mochte seine Begeisterung zu der Serie und dass er diese so gern und mit vollem Herzen mit anderen teilt. Ich sollte daher schon von Anfang an bei «SchleFaZ» dabei sein – ich wurde für den Schnitt der ersten Staffel angefragt, war da aber leider im Urlaub. In Staffel zwei kam es dann anders: Der Regisseur der ersten Staffel hatte zu den Drehterminen keine Zeit, und so habe ich mich angeboten, ihn zu beerben. Mein Gedanke war: Wenn ich die Sendung eh schneide, dann kann ich die doch auch vorher drehen. Bisschen dreist, ging aber wohl ganz gut! (lacht)

Wenn ich im Schnitt bin, dann sind das manchmal sehr einsame und von der Außenwelt isolierte Tage. Bei der Regie dagegen kann ich quasi meine sozialen Batterien wieder aufladen.
Jana König über ihre Aufgaben als «SchleFaZ»-Cutterin und -Regisseurin
Also erfolgreich einen zweiten Job zusätzlich zum Schneiden erpokert. (lacht)
Ja, wobei ich anfangs doch nervös war. Da sind über 20 Leute im Team, und alle wollen von dir wissen: Was wird gemacht, wann wird es gemacht, wie wird es gemacht? Und ich hatte, trotz meiner ersten Erfahrungen mit Olli, anfangs auch riesigen Respekt vor ihm und auch vor Peter – die sind ja lange im Geschäft und absolute Vollprofis und plötzlich sollte ich die herum kommandieren? Aber dieses erste Nervenflattern ist schnell verflogen – unser Team ist so großartig, Olli und Peter sind so wunderbare Kollegen, die Chemie stimmt einfach. Ich habe mich daher schnell in die Regierolle eingefühlt. Was ich so am Regieführen lieben gelernt habe, ist: Wenn ich im Schnitt bin, dann sind das manchmal sehr einsame und von der Außenwelt isolierte Tage. Bei der Regie dagegen kann ich quasi meine sozialen Batterien wieder aufladen. (lacht)

Diese Liebe zum Team bemerken findige Fernsehende ja sogar im Abspann von «SchleFaZ», der nämlich länger ist als bei TV-Shows üblich ...
Ja, es ist einfach schade, dass im Fernsehen die Leute hinter der Kamera so wenig Beachtung erhalten. Im Abspann wird normalerweise kaum jemand erwähnt. Daher habe ich vor ein paar Staffeln angefangen, bei «SchleFaZ» einen ungewöhnlich langen Abspann einzubauen, damit die Leute sehen: Die Sendung wird nicht von Olli und Peter allein gemacht. Natürlich sind Olli und Peter die Seele des Formats. Sie schreiben die Drehbücher, sie machen «SchleFaZ» aus. Aber trotzdem möchte ich, dass möglichst alle, die beim Dreh und in der Postproduktion dabei sind, verewigt werden. Und dass mir das möglich ist, ist allein Tele 5 zu verdanken – kaum ein anderer Sender würde so einen ausführlichen Abspann gestatten.

Dem Abspann zum Trotz: Ich kann mir die Aufgabe, «SchleFaZ» zu inszenieren, wirklich schwer vorstellen – der Entfaltungsraum ist ja im Normalfall sehr eng. Dieselben kleinen Sets, fast alle Ausgaben haben einen sehr ähnlichen Aufbau … Das macht natürlich auch den Charme aus, aber wie fühlt sich dieser kleine Entfaltungsraum für Sie als Regisseurin an?
Vielleicht passen das Format und ich daher gut zusammen: Wenn ich zu viel Auswahl habe, bin ich mit diesem Freiraum überfordert. Vielleicht ist es eine Entscheidungsschwäche. (schmunzelt) Wenn man mir dagegen einen begrenzten Spielraum gibt, wie wir ihn bei «SchleFaZ» nun einmal haben, werde ich dagegen richtig kreativ und finde immer etwas Neues, was ich in dem Rahmen machen kann.

Wenn man mir einen begrenzten Spielraum gibt, werde ich richtig kreativ und finde immer etwas Neues, was ich in dem Rahmen machen kann.
Jana König
Das ist ja gewissermaßen das «SchleFaZ»-Motto: Aus Scheiße Gold machen. Das ist Ollis und Peters Aufgabe mit den Filmen, um die es geht – und es ist sozusagen meine Aufgabe, aus den zwei gewollt begrenzten Sets und der Formel, nach der die meisten Folgen ablaufen, trotzdem was rauszuholen, dass jede Folge neu und anders wirkt. Und es macht einfach riesigen Spaß, sich auf dieser Wellenlänge der Sendung auszutoben. «SchleFaZ» ist ein sehr spezielles Format: Es darf immer alles super aussehen und toll sein – aber wenn es mal misslingt, kann man sagen: "Naja, es ist «SchleFaZ»". Und manchmal muss es sogar schäbig aussehen. Das ist ein wunderbares Alleinstellungsmerkmal!

Zusätzlich zum engen Gestaltungsrahmen ist auch der Zeitrahmen sehr eng ...
Wir haben früher vier Folgen an drei Tagen gedreht, dieses Jahr sind wir auf sechs Folgen an fünf Tagen umgestiegen – das ist echtes "Heavy Program", und daher muss ich immer lachen, wenn wer aus dem Team zu mir nach der letzten Klappe sagt: "So! Geschafft!" Denn für mich ist der Dreh der kürzeste Abschnitt an der Staffelproduktion. Sowohl die Vorproduktion, die ganzen logistischen Aufgaben als auch vor allem der Schnitt brauchen sehr viel mehr Zeit und Energie, denn zwischen Dreh und Ausstrahlung bleibt oft nicht wahnsinnig viel Zeit.

Daher muss ich vorm Dreh auch schon immer ganz genau wissen, was ich will. Wir haben kaum Zeit zum Ausprobieren. Das funktioniert nur deshalb so gut, weil wir erstens eben dieses eingespielte Team sind und zweitens Olli und Peter dermaßen gut harmonieren und exakt wissen, wie sie ihr Material spielen müssen, damit es bestmöglich rüber kommt. Es kommt deshalb selten zu Diskussionen am Set, ob man was ausprobieren muss. Der Kostümwechsel, die Durchlaufprobe und der Setumbau brauchen länger als der eigentliche Dreh! Allein der ganze Kram, der im Set dauernd platziert, umgebaut und weggeräumt werden muss …(lacht) Aber wir würden es nicht anders haben wollen. Das ist die Liebe zum Detail und zu diesem gewollt-abgeranzten, haptischen Gefühl. Unsere Requisite zelebriert es geradezu, verrückte Dinge in das Set zu hauen. Selbst ich entdecke im Schnitt fast immer neue geniale Details, die mir beim Dreh nicht aufgefallen sind.

Ein für mich sehr spaßiges Element an «SchleFaZ» sind ja auch die übertrieben verspielten Übergänge vom Moderationspart zurück zum Film. In der Frühlingsstaffel sind mir zum Beispiel sehr viele "Match Cuts" aufgefallen, in denen etwa Peter Rütten genauso wie die weibliche Hauptfigur in Szene gesetzt wird, wie sie im ersten Bild der ersten Filmszene nach der Unterbrechung positioniert ist …
Das war echt riesiger Zufall, dass in der Folge «Das rote Phantom schlägt zu» so viele solcher Übergänge zwischen Moderation und Film möglich waren. Es läuft halt so ab, dass ich immer das Drehbuch unserer Moderationen lese und mir anschaue, was im Film direkt danach passiert. Da denke ich mir mit großer Freude jedes Mal einen neuen bescheuerten Übergang aus. Dabei treffen Zufälle, was sich denn anbietet, und gelegentliche Geistesblitze zusammen. In der Frühlingsstaffel kam es halt vor, dass Peter das Kostüm der Frau trägt und ich die Möglichkeit hatte, ihn aus genau der Perspektive zu drehen, mit der der Film beginnt. Wenn mir diese Gelegenheit auffällt, nutze ich sie natürlich. Und dann hatten wir in der Frühlingsstaffel halt auch noch einige Requisiten am Set, die sehr nah an die erste Filmeinstellung nach der Unterbrechung herankommen – also habe ich es ausgenutzt.

Damit es nicht mega-billig aussieht, muss es ästhetisch zu dem Film passen, den wir thematisieren. Wir machen Trash, der nicht trashig erscheinen soll.
Jana König
Meistens aber spiele ich mit bescheuerten, schäbigen Grafikpaketen. Für die «Sharknado»-Reihe habe ich mir zum Beispiel richtig dämliche Welleneffekte gekauft, die ich für eine Wischblende nutzen konnte. Und in dieser Staffel wird es einen völlig bescheuerten, rotierenden Totenkopf geben, der sich durch das Bild ackert. Ich tobe mich da mit großer Freude aus, kann da die ganzen Todsünden begehen, die man im Schnitt sonst vermeiden soll. Aber: Es muss immer zum Film passen. Wie halt Wellen bei einem Hai-Film oder altmodische, übertriebene Wischblenden, wenn der Film das auch dauernd macht. Damit es nicht mega-billig aussieht, muss es ästhetisch zu dem Film passen, den wir thematisieren. Wir machen Trash, der nicht trashig erscheinen soll.

Kurzum: Es darf nicht einfach hingeschludert und Scheiße sein. Für «SchleFaZ» muss es Scheiße mit Liebe sein. (lacht) Das, was wir machen, darf nie gleichgültig sein – es muss immer die Liebe zum Film, zu den knalligen Moderationen und vor allem zu Olli und Peter rüber kommen. Das ist unerlässlich. Denn ich glaube, dass «SchleFaZ» funktioniert, liegt daran, mit welchem Herzblut Olli und Peter da heran gehen: Ich habe sonst nie erlebt, dass Moderatoren mit so viel Inbrunst dabei sind und ihrem Format so viel von ihrer Seele mitgeben.

Bei all der Passion, die das «SchleFaZ»-Team in den Kommentar zu miesen oder einfach nur seltsamen Filmen steckt – kam es da je zur Debatte, einfach mal selber einen Film zu drehen?
Die Überlegung, selber einen «SchleFaZ» zu drehen, kommt immer wieder auf. Die Lust dazu haben wir auf jeden Fall! Ich möchte es daher definitiv nicht ausschließen, dass es mal dazu kommen wird. Aber leider entsteht durch die Lust allein noch kein Film. Wir brauchen noch die zündende Idee und Möglichkeiten, es finanzieren zu können. Aber wir haben die Idee im Blick!

Die große Herausforderung daran wäre halt, etwas zu machen, das unseren Fans gerecht wird. Man kann nämlich kaum Trash mit Ansage drehen, ohne unausstehlich zu werden. Und mit Absicht aus Versehen Trash drehen, ist ja per Definition unmöglich. Es muss genau dieses Zusammenspiel an Elementen her, das unsere Sendung ausmacht. Denn «SchleFaZ» sieht auf dem ersten Blick vielleicht einfach und billig aus, aber es stecken da so viele Ebenen hinter. Daher haben wir auch so tolle Fans, glaube ich: Um «SchleFaZ» genießen zu können, muss man einen besonderen Humor haben, emphatisch sein, mit kritischer Distanz auf die Schimpf-Superlativen von Olli und Peter blicken, die oft dahinter versteckten Metaebenen erkennen und ein Herz für Ungewöhnliches haben. Das erfordert Charakter und Intellekt – andere Zuschauerinnen und Zuschauer würden sich in unserem Fankreis gar nicht mal so wohlfühlen. (schmunzelt)

Vielen Dank für das Gespräch!

Die neue Staffel «Die schlechtesten Filme aller Zeiten» ist ab dem 14. August 2020 immer freitagabends bei Tele 5 zu sehen.

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