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Hart getroffen: Wie Antenne-Bayern-Geschäftsführer Felix Kovac die MA-Ergebnisse erklärt

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Seit Sommer 2019 im Amt muss der Familienvater gleich zwei Krisen bewältigen: Corona und die schwächsten Radioquoten seit über einem Jahrzehnt. Gegenüber Quotenmeter.de erklärt der Radiomacher, was beim Programmrelaunch schief lief, was Hoffnung macht und wie seine weitere Strategie mit Antenne Bayern aussieht.

Zur Person: Felix Kovac

Von 1999 bis 2000 war der gebürtige Augsburger Programmdirektor bei Klassik Radio in Hamburg. 2001 kam er als Geschäftsführer und Programmdirektor zu Hitradio RT1 nach Augsburg zurück. Von 2004 bis 2019 war er Geschäftsführer der rt1.media group und Unternehmensbereichsleiter „Elektronische Medien" der Mediengruppe Pressedruck (u.a. „Augsburger Allgemeine"). In dieser Funktion verantwortete er die gesamten Radio-, Fernseh- und TV-Produktionsaktivitäten der Unternehmensgruppe mit ihren knapp 200 Mitarbeitern sowie den über 50 Medienbeteiligungen in der gesamten Bundesrepublik. Die Geschäftsführung von Antenne Bayern übernahm er im Sommer 2019. Er ist seitdem auch kommissarischer Programmdirektor.
Die Coronakrise trifft die deutschen Radiosender in diesen Tagen ganz deutlich – viel mehr von lokaler und regionaler Werbung abhängig, gingen die Werbeeinnahmen bei gleichzeitig steigenden Reichweiten in der Nutzung deutlich zurück. Vergangene Woche gab es zudem Zeugnisse; zwei Mal im Jahr werden die durch Telefonumfragen ermittelten Radio-Quoten bekanntgegeben – besonders spannende wurde es hier im Freistaat Bayern, denn Antenne Bayern, gleichzeitig der meistgehörte Privatsender Deutschlands, hatte sich im zurückliegenden Sommer einem umfassenden Relaunch unterzogen. Angestoßen wurde dieser von Felix Kovac, der den Posten von Geschäftsführer Karl-Heinz Hörhammer übernahm und den Vertrag mit der bisherigen Programmchefin Ina Tenz auflöste, um seine Vorstellungen der neuen Antenne umzusetzen.

Das Ergebnis war eine deutliche Programmreform, umgesetzt im Rekordtempo von ziemlich genau zwei Monaten. Etabliert wurde eine neue Verpackung, eine neue Nachrichtenstruktur, neue Sendungen (etwa vormittags, mittags und am Wochenende), ein neuer Musik-Mix und vieles mehr. Doch zumindest kurzfristig stellte sich kein Erfolg ein. Die so genannte Herbstwelle, also die direkt nach dem Relaunch erhobenen Daten, weisen massive Hörereinbußen für die Antenne aus. Mit nun weniger als 900.000 Hörern in der durchschnittlichen Stunde fällt der Sender auf das schlechteste Ergebnis seit über einem Jahrzehnt zurück. Felix Kovac, Geschäftsführer von Antenne Bayern, nahm gegenüber Quotenmeter.de Stellung zur verpatzten MA:

„Mitten in der Corona-Krise, in der Radio und Antenne Bayern das Vertrauensmedium für viele Menschen im Freistaat ist, treffen mein Team und mich persönlich die Zahlen der ma Audio 2020 I hart. Da gibt es nichts zu beschönigen, in diesem Maße habe ich die Rückgänge nicht erwartet. Wenngleich wir bereits unter schlechten Voraussetzungen, nämlich mit einer schlechten Einzelwelle aus dem Frühjahr 2019, in die Herbstwelle gestartet sind“, erklärte der Familienvater.

Wir haben im September letzten Jahres einen sehr mutigen Programm-Relaunch durchgeführt und dabei zunächst weniger auf einzelne Sendeschienen geschaut, sondern auf das Produkt als solches. Es hatte über die Jahre spürbar Spinnweben angesetzt und musste dringend überarbeitet werden.
ABY-Geschäftsführer Felix Kovac über die Notwendigkeit des Programmrelaunchs im Sommer 2019
Kovac erinnert: „Wir haben im September letzten Jahres einen sehr mutigen Programm-Relaunch durchgeführt und dabei zunächst weniger auf einzelne Sendeschienen geschaut, sondern auf das Produkt als solches. Es hatte über die Jahre spürbar Spinnweben angesetzt und musste dringend überarbeitet werden. Dafür hatten wir genau acht Wochen Zeit. Dass nach so kurzer Zeit nicht alles rund läuft, war mir klar. Auch, dass wir einige Hörer mit dem neuen Produkt womöglich kurzfristig verschrecken. Daher haben wir noch während der Herbstwelle einige Änderungen “am offenen Herzen” durchgeführt. Das war ungewöhnlich und risikoreich, aber auch konsequent.“ Mit dem überarbeiteten Programm verfolge man eine langfristige Strategie, mit der Antenne Bayern als moderner Familiensender für die ganze Familie positioniert werden solle. „Zwar ist in der MA auch die Reichweite der 14 bis 49-jährigen Hörer gesunken, aber deutlich weniger ausgeprägt als in unserer Gesamtreichweite. Und auch wenn es im Moment ein schwacher Trost ist, der Anteil der werberelevanten Zielgruppe an der Gesamtreichweite ist gestiegen“, sagt Kovac im Quotenmeter.de-Interview.

Man wolle sich nun nicht aus der Ruhe bringen lassen, zumal man heute auch schon viel weiter sei. Zu beachten ist: Die vergangene Woche veröffentlichte MA enthält Befragungsergebnisse bis Dezember 2019 – der Zeitraum ab kurz vor Weihnachten ist schon nicht mehr enthalten. Genau dieser Zeitraum macht aber offenbar Hoffnung: „In der MA IP Audio 2020 I (die die Webradio-Nutzung angibt, Anm. d. Red.) erzielte Antenne Bayern mit über 9,1 Millionen Sessions eine Rekordreichweite. In der kommenden Ausweisung dürften wir erneut stark zulegen.“

Doch wie bewertet Kovac den eiligen Programmrefresh im Rückspiegel? Schon im Herbst hatte sein Team einige Maßnahmen, speziell den Sound von Musikbetten und Show-Openern betreffend, wieder zurückgenommen. Hatte sich Antenne zunächst ein Paket mit mehr Wumms zugelegt, klang es alsbald wieder softer. „Ja, vielleicht haben wir es am Anfang wirklich ein wenig übertrieben. Der Gesamteindruck unseres Programms war ein wenig zu 'hot'. Aber wir haben das korrigiert und mittlerweile klingen die Jingles sehr homogen zum Rest unseres Programms“, bekräftigt der Radiomacher. Hinzu käme, dass Antenne Bayern offensichtlich auf falsche Major Promos gesetzt hat. Als Major Promo bezeichnen Radiomacher die großen Gewinnspiele im Herbst und Frühjahr, die Aufmerksamkeit erzeugen sollen. Kovac: „Antenne Bayern zahlt deine Rechnung“ war bei weitem nicht so erfolgreich wie in den Vorjahren. Daher haben wir auch frühzeitig den Wechsel zur neuen Promotion “Antenne Bayern verdoppelt Dein Gehalt!” vollzogen, die sehr gut funktioniert hat. Die Anmeldezahlen lagen, auch im Vergleich zu den erfolgreichsten Promotions aus anderen Märkten, auf einem sehr hohen Niveau.“

Wer sich die nun erhobenen Werte der Antenne-Bayern-Einzelstunden genauer anschaut, stellt – bei aller Vorsicht dieser sehr spitzen Daten – fest: Verloren hat Antenne Bayern fast im kompletten Programm, ausgenommen ist zum Beispiel der Sonntagmorgen oder Samstagabend. Somit erlitten auch Flagschiffe wie die Morning-Show oder das Drive-Time-Format mit Stefan Meixner Verluste. Kovac erklärt gegenüber Quotenmeter.de: „Interne Studien belegen, dass 'Guten Morgen Bayern' ein echtes Pfund für Antenne Bayern ist. Wir verfügen über die beiden bekanntesten und beliebtesten Radiopersonalities im Freistaat, um die uns andere Sender beneiden Die 'Stefan Meixner Show' ist ein weiteres Aushängeschild. Beide Sendungen werden kontinuierlich weiterentwickelt“, sagt Kovac. „Gerade jetzt, wo Menschen während der Corona-Krise womöglich gelangweilt Zuhause sitzen, schaffen wir spontan neue Angebote wie den Spielnachmittag und verzichten um 17 Uhr sogar auf unsere Nachrichten, um die neu interpretierte Bayernhymne zur Stärkung des Gemeinschaftsgefühls zu spielen. Ich glaube, das alleine belegt, dass wir sehr individuell, flexibel und hörerorientiert agieren.“

Er ist auch nicht der Meinung, dass Antenne Bayern gut daran täte, noch mehr starke Frauenstimmen am Mikrofon zu haben. „Mit Indra Willer-Gerdes, Lisa Augenthaler, Kathie Kleff, Marion Schieder und Evi Ott haben wir gleich vier Moderatorinnen in unserem Hauptprogramm. Unsere Co-Moderatorinnen auf das Verlesen von Wetter zu reduzieren, hielte ich doch für ziemlich verkürzt. Alle fünf sind überragende Radio-Persönlichkeiten.“

Ehrlich gesagt halte ich die MA für ungeeignet, um Rückschlüsse auf die Programmentwicklung zu ziehen.
Antenne Bayern Chef Felix Kovac
Unter dem Strich bleibt aber der Makel der extrem schwachen Media-Analyse, der verpatzten Herbstwelle, deren Ergebnisse auch noch Teil der im Juli kommenden zweiten MA in diesem Jahr sein werden. Was also macht Mut? Kovac sagt: „Es ist bekannt, dass die Methodik der MA ihre Tücken hat und die Schwankungen bei den Ergebnissen, vor allem bei einzelnen Wellen, extrem hoch sein können. Aber wir haben uns in guten Zeiten nicht beklagt, also tun wir es jetzt auch nicht. Ehrlich gesagt halte ich die MA für ungeeignet, um Rückschlüsse auf die Programmentwicklung zu ziehen.“ Kovac wolle sich stattdessen eher auf interne Programmstudien konzentrieren, die dabei helfen sollen, die Programm-Strategie konsequent weiter zu entwickeln. „Ergebnisse einer solchen Studie haben wir ganz aktuell bekommen. Also lassen Sie sich überraschen...“, erklärt Kovac.

Jetzt ist ohnehin die Zeit gekommen, ohne direkten Druck an Ideen zu arbeiten. Die so genannte Frühjahrswelle, deren Ergebnisse dann in die MA im Juli einfließen, ist vor wenigen Tagen beendet worden. Telefonanrufe zur Ermittlung der Radionutzung finden nun bis September nicht mehr statt. Erst dann muss bei den deutschen Radiosendern und somit auch bei Antenne Bayern, wieder alles auf den Punkt sitzen.

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