Hintergrund

Muss sich WhatsApp öffnen?

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Die Bundesjustizministerin schlug eine Öffnung der Internetmessenger vor. Allerdings ist ihr Vorschlag noch nicht wirklich weit gekommen.

Vor knapp eineinviertel Jahren überraschte die deutsche Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) mit der Ankündigung, dass WhatsApp-Nutzer auch mit Kunden anderer Messenger-Dienste kommunizieren sollen. Das soll nicht unbedingt ein Vorteil für die Facebook-Tochter sein, sondern für die unabhängigen Dienste, wie Signal, Threema und Telegram. Aber auch der Facebook-Messenger und das Apple-Angebot iMessage sollen geöffnet werden, sodass die Bürger künftig nicht mehr zu einem Messenger „gezwungen“ werden.

Es gebe zwar keinen Zwang, einen Messenger zu nutzen, allerdings sei der gesellschaftliche Druck hoch. „Wer in einer WhatsApp-Gruppe sein möchte, zum Beispiel im Sportverein oder an der Schule, hat keine andere Wahl, als diesen Messenger-Dienst zu installieren – egal was der Konzern mit den eigenen Daten macht“, sagte Barley im Juni 2018 der „Welt“. WhatsApp, das einst Facebook für mehrere Milliarden US-Dollar erwarb, ist mit rund 1,5 Milliarden Nutzern (Stand Januar 2018) immer noch das beliebteste Angebot. Telegram sagt von sich selbst, dass es monatlich auf bis zu 200 Millionen Nutzer kommt.

Bundesjustizministerin Barley glaubt allerdings nur an eine europäische Lösung: „Das müsste man gesetzlich auf europäischer Ebene regeln und die Betreiber verpflichten, entsprechende Schnittstellen zu öffnen.“ Ziel sei es „dass zum Beispiel WhatsApp-Nutzer auch mit den Nutzern anderer Messenger-Dienste wie zum Beispiel Threema oder Signal kommunizieren können.“ Obwohl WhatsApp inzwischen eine Verschlüsselung der Daten vornimmt, ist der Dienst umstritten. Mehrere Sicherheitslücken und die geplante Einführung von Werbung sorgen nicht gerade für Attraktivität.

Erst vor wenigen Tagen veröffentlichten die Ökonomen Erik Brynjolfsson, Avinash Collis und Felix Eggers eine Studie, in der sie den Wert der Internetdienste Anhand von Probanden berechnen. Das Ergebnis, das in der Zeitschrift der Akademie der Wissenschaft in den USA veröffentlicht wurde, zeigt, dass die Menschen im Schnitt für 536 Euro auf einen Monat WhatsApp verzichten würden. Facebook wäre ihnen 97 Euro wärt, Instagram 6,79 Euro und Twitter gar nichts.

Vor rund zwei Jahren stieg der WhatsApp-Mitgründer Brian Action bei Facebook aus. „Sie (Facebook, Anmerkung der Redaktion) sind gute Geschäftsleute. Sie stehen nur für eine Reihe von Geschäftspraktiken, Prinzipien und Ethik, mit denen ich nicht unbedingt einverstanden bin“, sagte Acton gegenüber „Forbes“. Er führt weiter aus: „Letztendlich ist es so, dass ich mein Unternehmen verkauft habe. Ich habe die Privatsphäre meiner Nutzer für einen größeren Gewinn verkauft“. Facebook habe an mehreren Möglichkeiten gearbeitet, mit WhatsApp Geld zu verdienen. So habe man die Nutzerdaten miteinander verknüpft, sodass neue Telefonkontakte bei Facebook vorgeschlagen wurden.

Der Vorschlag von Barley ist derzeit in der Europäischen Union nicht wirklich im Gespräch. Tatsächlich wäre es allerdings ein großer Gewinn für die Nutzer, wenn sie ihren Messenger und deren Sicherheitseinstellungen frei wählen könnten. Ein Telegram-Nutzer könnte seinen Bekannten bei WhatsApp schreiben, ohne ihm die sämtlichen Daten seiner Kontakte offenzulegen. „Beim Telefonieren auf dem Handy kann zum Beispiel der eine bei Vodafone sein und der andere bei der Telekom – das spielt keine Rolle, das merkt man nicht einmal“, sagte die Bundesjustizministerin der „Welt“. Aber ganz so einfach ist dieser Vorschlag auch nicht, wie es Katarina Barley erläutert. „Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz prüft weiterhin, wie die Interoperabilität zwischen Messengerdiensten verwirklicht werden kann. Wir loten aus, welche Voraussetzungen gegeben sein müssen, um die verbraucherfreundliche Idee der Interoperabilität zu realisieren“, teilte das Justizministerium Quotenmeter mit.

„Der europäische TK-Kodex lässt nur einen sehr begrenzten Spielraum, eine Interoperabilität zwischen Messengerdiensten verbindlich vorzuschreiben. Die Interoperabilität muss außerdem im Einklang mit Datenschutz und hohen Sicherheitsstandards stehen“, so die Behörde weiter. „Wir klären ab, wie sich diese Anforderungen miteinander vereinbaren lassen und welche Maßnahmen auf nationaler oder europäischer Ebene ergriffen werden sollten.“ Das könnte noch dauern, aber Schnellschüsse würden dem komplexen Thema eher schaden.

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