Interview

Zeichen auf Trennung: Oliver Schwesinger vor Abschied von Sport1

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Noch bis zum Jahresende moderiert er eine Bundesliga-Vorschau, ab 2020 geht es wohl auf zu neuen Ufern. Warum er YouTube spannend findet, wie er die immer weiter steigenden Rechtekosten im Sportsektor sieht und was ihm trotz des Abschieds an Sport1 gefällt… Ein Interview.

Zur Person: Oliver Schwesinger

Ehe Schwesinger 2003 zu Sport1 kam, arbeitete er Ende der 90er schon für Sat.1-«ran». Später war er für die Bundesliga-Datenbank in München tätig. Entsprechend war Schwesinger zu Beginn seiner Sport1-Zeit auch immer der Mann für die Statistiken. Sein Fußballherz gehört derweil den Hamburger Vereinen.
Herr Schwesinger, Sie waren eines der prägenden Gesichter bei Sport1. Sie moderierten «Bundesliga Aktuell», den «Fantalk», die Europa League und als Co-Presenter den «Doppelpass». Wieso ist diese Zeit jetzt vorbei?
Zunächst danke für das Kompliment. Und ich habe mal nachgeschaut. In Deutschland hält eine durchschnittliche Ehe 15 Jahre. Ich bin jetzt etwas mehr als 16 Jahre bei Sport1 – das ist schon eine ungewöhnlich lange Zeit. Ich habe seit 2003 «Bundesliga Aktuell» gemacht, 16 Jahre lang. Die Sendung ist jetzt eingestellt worden Ich habe die Europa League moderiert, da hat Sport1 die Rechte verloren. Ich war neben Thomas Helmer Moderator der «Spieltagsanalyse» am Montag, auch dieses Format gibt es aus Rechtegründen nicht mehr. Es blieb also noch der «Fantalk» und da haben der Sender und ich gesagt, dass das alleine doch etwas wenig ist. Aktuell moderiere ich bis zum Jahresende mit Olaf Thon freitags noch eine Bundesliga-Vorschau.

Der «Fantalk», eine Sendung aus einer Sportsbar und ohne jegliches Livebild, ist ein echter Erfolg. Teils über eine halbe Million Menschen schauten zu. Haben Sie die Reichweiten manchmal verwundert?
Am Anfang war das sicher so. Die Sendung gibt es nun seit rund zehn Jahren. Ich glaube, dass Menschen es einfach auch spannend finden, anderen Menschen beim Fernsehen zuzuschauen. Ich habe das auch selbst erlebt. Ich habe die Sendung auch teilweise geschaut, obwohl ich ein Pay-TV-Abo habe. Die Quote ist aber natürlich schon erstaunlich und zeigt auch immer wieder, dass man Erfolg eben nicht bis ins Letzte erklären kann. Wäre das so, könnte man jeden Erfolg ja bis ins Letzte planen. Das geht aber nicht und deshalb gibt es immer wieder auch Flops.

In den USA ist Fußball höchstens die fünfte Kraft. Die Vielfalt ist für Sportsender natürlich ein Paradies.
Oliver Schwesinger
Wie bewerten Sie denn die allgemeine Entwicklung Ihres nun ehemaligen Senders Sport1?
Zunächst einmal finde ich es gut, dass Sport1 auch deutlich aus der Fußball-Monokultur ausbricht. Es wird viel Volleyball, Eishockey oder Basketball gezeigt. Grundsätzlich ist es in Deutschland eine große Herausforderung, weil wir eben nicht – wie etwa in den USA – vier große Sportarten haben, die jede Saison etliche Spiele anbieten. In den USA ist Fußball höchstens die fünfte Kraft. Die Vielfalt ist für Sportsender natürlich ein Paradies.

Betrachten Sie die Sportbranche manchmal mit Sorge? Die Rechtekosten explodieren, speziell im Fußball, immer weiter. Und gekürzt werden muss dann beim Redaktionellen…
Die Gleichung kann man so aufstellen. Die Sender haben natürlich den Zwang, viel Geld zu bieten, um an die begehrten Rechte zu kommen. Ganz offensichtlich ist es auch schwer, diese Einnahmen selbst wieder zu generieren. Und dann muss irgendwo gespart werden. Das kann bei der Produktion sein, aber hier gibt es gewisse vertragliche Rahmen. Dann sind wir schnell bei der Frage, wie viel Geld noch für umfangreiche Hintergrundberichterstattung oder investigative Stücke bereit steht. Ich verstehe den Druck der Sender ohne Frage. Aber ich weiß auch, dass die Fans eigentlich auch über das eigentliche Live-Event hinaus mit guten Informationen bedient werden wollen.

Glauben Sie da an eine Umkehr?
Das ist wirklich schwer abzusehen. In England hat sich die Steigerung trotz zehn Millionen Abos nicht fortgesetzt, Italien hatte es schwer, den von der Liga gewünschten Preis umzusetzen. Wenn hier in Deutschland sogar ein so großer Konzern wie Discovery einen Rückzieher macht, dann ist das schon ein Zeichen. Denn auch in Deutschland muss es ja das Ziel der Unternehmen sein, durch die Bundesliga zumindest mit Plus/Minus-Null rauszugehen. Es ist aber auch der Auftrag der DFL, für die Rechte so viel Geld wie möglich zu erlösen. Prime-Angebot attraktiver machen. Andererseits hat Amazon ja auch nur deshalb so viel Geld, weil sie bisher sehr geschickt vernünftig investieren und daraus auch mehr machen wollen.

Wie soll Ihre eigene Zukunft aussehen? Sind Sie entspannt oder doch eher angespannt?
Ich bin entspannt und voller Tatendrang. Denn der vergangene Sommer mit dem Rückzug von Eurosport hat nochmals deutlich gezeigt, dass man in unserer Branche über drei Monate im Voraus nur sehr grobe Pläne machen muss. Ich mache bis Ende des Jahres noch meine Sport1-Sendung, bin auch für 2020 schon Off-Air als Moderator von Events gebucht und finde auch das Feld YouTube sehr spannend. Ich arbeite hier mit guten Partnern an zwei, drei Formaten. Grundsätzlich verfolge ich alle Entwicklungen, habe zusammen mit meinem Management erste gute Gespräche und bin sicher, im nächsten Jahr gut am Start zu sein.

Alles Gute für Sie!

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