Die Kino-Kritiker

«TKKG» - Die Profis in spe

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Es ist bereits der dritte Versuch, die «TKKG»-Geschichten ansprechend und zeitgemäß auf die Leinwand zu bringen – und der erste, der gelingt.

Filmfacts: «TKKG»

  • Start: 6. Juni 2019
  • Genre: Familienfilm/Krimi
  • Laufzeit: 95 Min.
  • FSK: 6
  • Kamera: Henner Besuch
  • Buch: Robert Thalheim, Peer Klehmet
  • Regie: Robert Thalheim
  • Darsteller: Antoine Monot Jr., Emma-Louise Schimpf, Ilyes Moutaoukkil, Laura Tonke, Lorenzo Germano, Mai Duong Kieu, Manuel Santos Gelke, Milan Peschel, Tom Schilling
  • OT: TKKG (DE 2019)
Es gibt Momente im Leben, da muss man sich zwischen zwei Dingen entscheiden. Zum Beispiel dafür, welches die bessere Hörspielreihe ist: «Die drei Fragezeichen» oder «TKKG»? Für die Verfasserin dieser Zeilen ist die Antwort auf diese Frage ganz klar. Natürlich gibt es nur die drei Detektive aus Rocky Beach: Justus Jonas, Peter Shaw und Bob Andrews. Dennoch haben die beiden Reihen so Einiges gemeinsam. Während ihre Zielgruppe über die Jahre mit ihnen erwachsen geworden und der durchschnittliche «Drei Fragezeichen»-Hörer der Statistik nach Mitte dreißig und männlich ist, hat es beide Franchises bei ihrer filmischen Umsetzung nicht gut getroffen. Zumindest auf dieser Ebene machen die seit den späten Siebzigern als Buch- und den frühen Achtzigern als Hörspielreihe bekannten «TKKG»-Geschichten nun ein paar Meter gut, denn Regisseur Robert Thalheim («Kundschafter des Friedens») hat den Charme der Vorlage, vor allem aber deren immerwährende Kritikpunkte konsequent verinnerlicht. Man kann im Jahr 2019 schlicht und ergreifend keinen Kinderkrimi mehr an Vorurteilen und Klischees aufziehen – und daran, dass Frauen bevormundet werden, während Männer zuschlagen dürfen, wenn sie sich verbal nicht mehr zu helfen wissen.

Thalheim und sein Co-Autor Peer Klehmet («Besser als nix») nehmen sich diese fragwürdigen Alleinstellungsmerkmale der «TKKG»-Reihe dennoch zur Brust – vor allem, um sie einmal komplett auf links zu drehen. Das Ergebnis ist sympathisch, wenn auch als Krimi nur mäßig spannend.

Die Entstehungsgeschichte von TKKG


Tim (Ilyes Moutaoukkil) und Willi (Lorenzo Germeno), genannt Klößchen, lernen sich am ersten Schultag auf dem Internat kennen. Unterschiedlicher könnten die beiden kaum sein und besonders Willi, Sohn aus gutem Hause, ist nicht gerade erfreut, sich ein Zimmer mit Tim, einem Stipendiaten aus der Vorstadt, zu teilen. Doch als Klößchens Vater entführt wird und mit ihm eine wertvolle Statue aus seiner Kunstsammlung verschwindet, ist Tim der Einzige, der Willi glaubt, dass die Polizei auf der falschen Fährte ist. Gemeinsam mit dem hochintelligenten Außenseiter Karl (Manuel Santos Gelke) und der smarten Polizistentochter Gaby (Emma-Louise Schimpf) beginnt die Gruppe auf eigene Faust zu ermitteln: ein Flugzeugabsturz, maskierte Kung-Fu-Kämpfer, eine versteckte Botschaft von Klößchens Vater. Wie passt das alles zusammen? Und was haben der blinde Hellseher Raimondo (Milan Peschel) und seine Assistentin Amanda (Mai Duong Kieu) damit zu tun? Gegen alle Widerstände decken die vier eine Verschwörung auf.



Trotz der schon im letzten Satz angesprochenen Kritikpunkte dürfte «TKKG» von 2019 einer der besten deutschen Kinderfilme dieses Jahres sein. Das hat zum einen den Grund, dass der Vorwurf „nur mäßig spannend“ zu sein, die Kernzielgruppe der Grundschulkinder nicht im Geringsten interessieren dürfte. Schließlich orientieren sich die Macher in Sachen erzählerischer Komplexität und Atmosphäre vorwiegend an den Standards der Hörspiele und Romane. Gewiss: Mit erwachsenen Augen weiß man ab dem Moment, in dem Milan Peschel («Klassentreffen 1.0») als blinder Yoga-Trainer Raimundo aufs Parkett tritt, dass dieser eines auf gar keinen Fall ist: blind. Und das bedeutet im Umkehrschluss, dass dieser mindestens Dreck am Stecken hat. Dass Robert Thalheim bei einem ersten Kameraschwenk auf Klößchens riesiges Anwesen aber auch einmal richtig schön unheimliche Musik einspielt, einfach nur weil gerade der Gärtner zu sehen ist (Wir erinnern uns: in Krimis war’s immer der Gärtner!), kokettiert dann schon wieder auf so charmante Weise mit den Genretropen des Kriminalfilms, dass sich die erwachsenen Begleitpersonen (oder erwachsenen Fans) auf der Humorebene mindestens genauso abgeholt fühlen dürften, wie die jungen Zuschauer.

Die haben im Laufe der flott erzählten 90 Minuten so Einiges zum Knobeln und Mitraten – und eines muss man dem Skript lassen: Immerhin auf einen der Täter wären wir beim besten Willen nicht gekommen, auch weil die ihn verkörpernde Person alles unternimmt, um lange Zeit der Sympathling des Films zu sein.

Wann spielt das hier eigentlich?


Mit der Sympathie war das bei den Protagonisten der Reihe – Tim, Karl, Klößchen und Gaby – ja immer so eine Sache. Unter den Figuren stimmt wie auch im Film die Chemie, doch gerade im Umgang mit der Außenwelt erwies sich insbesondere der ruppige Tim mitunter als ganz schön rabiat und regelrecht asozial. Wenn der «TKKG»-Film von 2019 nun damit beginnt, dass wir den in den Hörspielen und Büchern auch Tarzan genannten Rowdy, dessen Spitzname hier unter den Tisch fällt, in der Eröffnungssequenz als Sprayer sehen, der zu früher Zweitausender-Hip-Hop-Musik Wände vollsprüht und kurz darauf vor der Polizei flüchtet, erschleicht einen kurz die Befürchtung, die Macher hätten zumindest sein fragwürdiges Image endgültig ins Hier und Jetzt übertragen. Wenn dieser kurz darauf von seiner Mutter unterbreitet bekommt, dass es mit einem Stipendium an eine Elite-Schule geht, bekommt die Origin-Story der Gang (nichts Anderes soll dieser «TKKG»-Film sein) plötzlich einen ganz neuen Dreh.

Weniger gelungen, da immer noch nicht wirklich auf der Höhe der Zeit, ist dagegen die nach wie vor sehr stereotype Charakterzeichnung von Karl und Klößchen: Der eine der bebrillte Streber, der andere das stets mit einer Schokolade bewaffnete Schleckermaul – das trifft zwar den Kern der Vorlage, so richtig lustig ist das heute aber nicht mehr und war es eigentlich auch noch nie.

Apropos den Kern der Vorlage treffen: Was Robert Thalheim besonders gut gelingt, ist das Kreieren eines Nostalgiegefühls. Dabei ist das im Anbetracht des hier präsentierten Zeitgeists noch nicht mal selbstverständlich, denn die Macher scharwenzeln sich so geschickt um das Benennen einer bestimmten Dekade herum, dass man bis zum Schluss nicht benennen könnte, wann genau «TKKG» eigentlich spielen soll. Anhand der Verwendung von Smartphones und Drohnen ist zwar schon davon auszugehen, dass wir uns in der Gegenwart befinden. Die Kameraarbeit von Henner Besuch (filmte bereits Robert Thalheims «Kundschafter des Friedens») trifft mit ihren grobkörnigen Bildern und entsättigten Farben jedoch vielmehr das Gefühl der Achtziger- und Neunzigerjahre. Genau das trifft auch auf die Kleidung der Protagonisten zu und ohne das Bemühen eines aufgesetzt wirkenden Jugendslangs – großes Lob an dieser Stelle! – wirkt alles an «TKKG» auf eine liebenswerte Art und Weise aus der Zeit gefallen.

Das kommt auch den allesamt noch recht unerfahrenen Jungschauspielern zugute, die sich nicht anstrengen müssen, um so zu sprechen, wie es echte Kiddies in ihrem Alter nun mal tun. Dadurch wirkt ihre Interaktion wie selbstverständlich; etwas, was sich gerade in deutschen Kinder- und Familienfilmen nicht immer behaupten lässt. Unter den Nebendarstellern überzeugen große Namen wie der bereits erwähnte Milan Peschel, Tom Schilling («Werk ohne Autor»), Antoine Monot Jr. («Who Am I?») und Laura Tonke («Zwei im falschen Film») ebenfalls. Es lässt sich also mit Fug und Recht behaupten: Dieser «TKKG»-Film ist die beste Adaption einer Kinder- und Jugendhörspielreihe, die es je gegeben hat.

Fazit


Regisseur Robert Thalheim und Autor Peer Klehmet haben die Quintessenz der «TKKG»-Reihe verinnerlicht und dem Zeitgeist angepasst. Das Ergebnis ist trotzdem zeitlos, dürfte allerdings gerade bei den jungen Zuschauern großen Anklang finden, während sich erwachsene Fans am Augenzwinkern und den Anspielungen erfreuen werden.

«TKKG» ist ab dem 6. Juni bundesweit in den deutschen Kinos zu sehen.

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