Die Kino-Kritiker

«Glam Girls – Hinreißend verdorben»: Trickreiche Ladys, flotter Filmspaß

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In «Glam Girls – Hinreißend verdorben» hauen Anne Hathaway und Rebel Wilson leichtgläubige Männer übers Ohr. Mit Witz und Stil.

Filmfacts «Glam Girls»

  • Regie: Chris Addison
  • Produktion: Roger Birnbaum, Rebel Wilson
  • Drehbuch: Stanley Shapiro, Paul Henning, Dale Launer, Jac Schaeffer
  • Story: Stanley Shapiro, Paul Henning, Dale Launer
  • Darsteller: Anne Hathaway, Rebel Wilson, Alex Sharp, Dean Norris
  • Musik: Anne Dudley
  • Kamera: Michael Coulter
  • Schnitt: Anthony Boys
  • Laufzeit: 94 Minuten
  • FSK: ab 6 Jahren
Anne Hathaway stiehlt sich erneut in unsere Herzen: Die Oscar-Gewinnerin war bereits das Beste an «Ocean's 8», hatte dort aber leider bloß einen relativ geringen Anteil an der Laufzeit. Alle, die die Lady-Heist-Komödie mit dem Gedanken verlassen haben, mehr von der Oscar-Gewinnerin sehen zu wollen, sollten sich daher dringend ein Kinoticket für «Glam Girls – Hinreißend verdorben» kaufen. Denn dieses Geschlechterrollen verdrehende Remake von Frank Oz' «Zwei hinreißend verdorbene Schurken» und Ralph Levys «Zwei erfolgreiche Verführer» lässt «Ocean's 8» wie eine Aufwärmübung aussehen: Hathaway spielt hier mit derselben ansteckenden Freude auf wie in «Ocean's 8» und gibt eine wunderbare, selbstironisch selbstgefällige Ladyganovin, die alles besser weiß und auch besser kann.

Ihr steht die ebenfalls ausgebuffte, wenngleich plumpere Trickbetrügerin Penny (Rebel Wilson) gegenüber, die Dating-Apps nutzt, um oberflächliche, dumme Männer ausfindig zu machen und anschließend gehörig abzuzocken. Als Penny eines Tages beschließt, im malerischen Beaumont-sur-Mer an der französischen Riviera auf Streifzug zu gehen, macht sie sich unwissentlich im Revier der galanten Josephine breit. Die nimmt sich selbstredend sofort vor, die grobschlächtige Konkurrenz schnellstmöglich loswerden. Da sie sich jedoch als besonders hartnäckig erweist, geht Josephine kurzerhand eine Nutzpartnerschaft mit Penny ein. Doch es dauert nicht lang, bis sie schon wieder in Konkurrenz treten …

Grelle Figuren sind Rebel Wilsons Metier, wie unter anderem die «Pitch Perfect»-Filme bewiesen haben. Die Australierin wurde in den vergangenen Jahren teilweise sehr aggressiv eingesetzt und musste einige anstrengende, gehässige Dickenwitze durchschreiten, was Wilson bei nicht wenigen Filmfans trotz ihres komödiantischen Timings eher Anti- statt Sympathiepunkte eingebracht hat. Im von ihr mitproduzierten «Glam Girls – Hinreißend verdorben» dagegen kann Wilson auf ihren Stärken aufbauen, ohne sich als die dumme Dicke inszenieren zu lassen. Ja, Penny meidet in einer Trainingsmontage eine Springübung, und ja, Penny ist eingangs das auffällige Gegenstück zu Josephine.

Jedoch skizzieren die Drehbuchautoren Stanley Shapiro, Paul Henning, Dale Launer und Jac Schaeffer Wilsons Rolle nicht als unfähigen Moppel. Sie zeigen sie eher als selbstbewusste Übergewichtige, die einige gute Tricks drauf hat, die Kunst des Betruges allerdings unerfahrener und plumper angeht als die mitunter schon lächerlich aufwändig arbeitende Josephine. Ohne die Galligkeit, der manchen älteren Wilson-Rollen innewohnt, kann die Mimin hier als quirlig-forsche Frau auftreten, deren rasanter Dialogwitz Hathaways gediegenere Verbalspäße ergänzt und die sich zudem mit solidem Timing in Slapstickeinlagen stürzt, während Hathaway in non-verbaler Situationskomik brilliert – etwa, wenn Hathaways Josephine eine galante Fassade zu wahren versucht, ihre Blicke aber die sie gerade störende Penny förmlich niederstechen.

Das Mit- und Gegeneinander Hathaways und Wilsons weiß Regisseur Chris Addison («Veep – Die Vizepräsidentin») gekonnt anzutreiben, und so auch die (sehr nah an «Zwei hinreißend verdorbene Schurken» aufgezogene) Story zu stärken: Der Regisseur lenkt subtil, mit wem der Beiden das Publikum szenenweise mitfiebern soll. Ist in der einen Szene Penny der dreiste Eindringling in Josephines Revier und hat es daher verdient, dass die Meistergaunerin sie mit boshaftem Blick und göttlich-gemeinem Grinsen quält, hält Addison in einer anderen Sequenz länger auf Wilsons Hundeblick drauf und weckt so Empathie, während Hathaway wie eine aufgedonnerte Schurkin inszeniert wird. Gleichwohl bleiben Penny und Josephine dank der Spielfreude Hathaways und Wilsons durchweg sympathisch genug, dass sich nicht etwa irgendwann ein Gefühl der Gleichgültigkeit einstellt.


Selbst wenn der Plot für Kenner der Vorgängerfilme nichts Neues zu bieten hat, halten die Filmschaffenden die Gageinlagen frisch, ohne den Stoff verkrampft zu modernisieren. Zwar gibt es vereinzelte Anpassungen ans Heute (so wird keine reiche Erbin, sondern ein Tech-Millionär zum Hauptziel der Hauptfiguren), vor allem aber wird der Humor auf die Hauptdarstellerinnen angepasst. Egal, ob Rebel Wilson bei einem elaborierten Trickbetrug als irrer Prinzessinnenfreak voll aufdreht oder mehrmals vulgär angefangene Einlagen mit einem beschämten Blick drosselt und so verfeinert, oder ob Anne Hathaway mit ihrem (ungerechtfertigt ergatterten) Leinwandimage als arrogante und stocksteife Egozentrikerin spielt:

«Glam Girls – Hinreißend verdorben» hat ein zügiges Tempo sowie eine hohe Trefferquote zu bieten, womit er vor sonniger Kulisse für großes Sehvergnügen sorgt. Und Hathaways Garderobe in diesem Film hätte eine Oscar-Nominierung verdient, die sicher eh nicht kommen wird. Das zu begradigen wäre doch glatt eine Idee für den Plot eines Sequels ..?

Fazit: «Glam Girls – Hinreißend verdorben» punktet mit einer hervorragend aufgelegten Anne Hathaway, einer auf ihre Stärken reduzierten Rebel Wilson und mit flottem Tempo – da ist es egal, dass der Plot extrem dicht bei den Vorgängerfilmen bleibt.

«Glam Girls – Hinreißend verdorben» ist ab sofort in vielen deutschen Kinos zu sehen.

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